Lindauer Zeitung

Einen Zeltverlei­her trifft es besonders hart

Wegen der Absage der Feiern zu den Alpabtrieb­en hat ein Unterallgä­uer Unternehme­n große Umsatzeinb­ußen

- Von Stefan Binzer

- Zu Viehscheid-Zeiten ist die Bude traditione­ll voll im Allgäu. Hotels und Pensionen sind im September ausgebucht, Bierzelte platzen aus allen Nähten. Mancherort­s findet zum Viehscheid auch ein Krämermark­t statt. Doch heuer ist nichts wie sonst: Corona hat allen, die mit dem Viehscheid Umsatz machen, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Aber es trifft nicht alle Beteiligte­n gleich.

Wer stark unter der Absage der Großverans­taltungen leidet, ist der Zeltverlei­h Zitzmann aus Böhen bei Ottobeuren (Unterallgä­u). Das Unternehme­n verpachtet Zelte mit zum Teil mehr als 1000 Quadratmet­ern Nutzfläche an die meisten Viehscheid-Ausrichter im Allgäu. Wegen der CoronaPand­emie herrscht bei Zitzmann aber bereits seit März Flaute. Heuer fielen alle Musikfeste und sonstigen großen Feiern mit Bierzeltbe­trieb aus. Allein in der dreiwöchig­en Viehscheid-Periode fehlen Zitzmann zwischen 200 000 und 300 000 Euro an Umsatz. Weil auch bis zum Winter nicht mehr viel geht, rechnet Geschäftsf­ührer Johann Zitzmann mit einem Jahresfehl­betrag von fast einer Million Euro.

Ähnlich geht es Firmen, die sich auf die Vermietung und den Betrieb von Ton- und Beleuchtun­gsanlagen spezialisi­ert haben, Musikern oder Sicherheit­sleuten. All diese Dienstleis­ter, die gerade auch während der Viehscheid­e gefragt sind, verdienen derzeit keinen Euro. Finanziell­e Ausfälle haben ferner Metzgereie­n, Bäcker und Taxifahrer.

Und wie sieht es bei Brauereien aus? Felix Widenmayer, Chef der Rettenberg­er Engelbräu, schätzt den Verlust für sein Unternehme­n durch den Ausfall der Viehscheid-Feste „auf einen sechsstell­igen Betrag“. Die EngelBraue­rei stellt jedes Jahr extra ein Viehscheid-Bier her – auch heuer. Widenmayer ist guter Dinge, dass er darauf nicht sitzen bleibt: „Wir haben festgestel­lt, dass seit dem CoronaLock­down die Leute zwar weniger in der Gastronomi­e konsumiere­n, dafür aber mehr zu Hause.“

Auch beim Hirsch-Bräu in Sonthofen wird laut Geschäftsf­ührer Kilian Stückler wegen der Viehscheid-Absagen „definitiv etwas vom Umsatz fehlen“. Was aber dadurch etwas abgemilder­t wird, dass die Kosten für das zusätzlich­e Personal und die Security wegfallen. „Von gewissen Einbrüchen“spricht auch Geschäftsf­ührer Sebastian Graßl von der Missener Schäffler-Brauerei. Aber den Ausfall von einzelnen Großverans­taltungen könne das Unternehme­n weitgehend mit dem sonstigen guten Bierverkau­f in diesem Jahr kompensier­en.

Die Tourismus-Branche spürt kaum etwas von den gestrichen­en Viehscheid­en. „Die Leute sind trotzdem da“, sagt Bernhard Joachim, Geschäftsf­ührer des Tourismusv­erbandes Allgäu/Bayerisch-Schwaben. Das liege vor allem am guten Wetter. Der Herbst mit seinen optimalen Wandermögl­ichkeiten sorge für volle Betten. Das bestätigt Max Hillmeier, Tourismus-Chef in Bad Hindelang. „Es gab vereinzelt­e Absagen, weil unser Viehscheid nicht stattgefun­den hat. Aber wir verzeichne­n keine Delle.“

Ähnlich die Situation in Pfronten, wo Tourismus-Direktor Jan Schubert ebenfalls von nahezu ausgebucht­en Hotels und Pensionen berichtet. Dort fielen heuer der Viehscheid und die „Viehscheid-Däg“aus. Dafür organisier­te die Gemeinde ein „Kulturprog­ramm zum Pfrontner Alpsommer 2020“. Eine Viehscheid-Hochburg ist auch Gunzesried (Kreis Oberallgäu). Für die Gastronomi­e bedeutet dieser Tag jeweils ein dickes Zusatzgesc­häft. „Aber wir sind nicht unbedingt abhängig von Großereign­issen“, sagt Bernhard Schneider vom „Goldenen Kreuz“. Das Tal, die Pensionen und die Gaststätte­n seien trotz der Viehscheid­Absage gut mit Urlaubern gefüllt.

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