Einen Zeltverleiher trifft es besonders hart
Wegen der Absage der Feiern zu den Alpabtrieben hat ein Unterallgäuer Unternehmen große Umsatzeinbußen
- Zu Viehscheid-Zeiten ist die Bude traditionell voll im Allgäu. Hotels und Pensionen sind im September ausgebucht, Bierzelte platzen aus allen Nähten. Mancherorts findet zum Viehscheid auch ein Krämermarkt statt. Doch heuer ist nichts wie sonst: Corona hat allen, die mit dem Viehscheid Umsatz machen, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Aber es trifft nicht alle Beteiligten gleich.
Wer stark unter der Absage der Großveranstaltungen leidet, ist der Zeltverleih Zitzmann aus Böhen bei Ottobeuren (Unterallgäu). Das Unternehmen verpachtet Zelte mit zum Teil mehr als 1000 Quadratmetern Nutzfläche an die meisten Viehscheid-Ausrichter im Allgäu. Wegen der CoronaPandemie herrscht bei Zitzmann aber bereits seit März Flaute. Heuer fielen alle Musikfeste und sonstigen großen Feiern mit Bierzeltbetrieb aus. Allein in der dreiwöchigen Viehscheid-Periode fehlen Zitzmann zwischen 200 000 und 300 000 Euro an Umsatz. Weil auch bis zum Winter nicht mehr viel geht, rechnet Geschäftsführer Johann Zitzmann mit einem Jahresfehlbetrag von fast einer Million Euro.
Ähnlich geht es Firmen, die sich auf die Vermietung und den Betrieb von Ton- und Beleuchtungsanlagen spezialisiert haben, Musikern oder Sicherheitsleuten. All diese Dienstleister, die gerade auch während der Viehscheide gefragt sind, verdienen derzeit keinen Euro. Finanzielle Ausfälle haben ferner Metzgereien, Bäcker und Taxifahrer.
Und wie sieht es bei Brauereien aus? Felix Widenmayer, Chef der Rettenberger Engelbräu, schätzt den Verlust für sein Unternehmen durch den Ausfall der Viehscheid-Feste „auf einen sechsstelligen Betrag“. Die EngelBrauerei stellt jedes Jahr extra ein Viehscheid-Bier her – auch heuer. Widenmayer ist guter Dinge, dass er darauf nicht sitzen bleibt: „Wir haben festgestellt, dass seit dem CoronaLockdown die Leute zwar weniger in der Gastronomie konsumieren, dafür aber mehr zu Hause.“
Auch beim Hirsch-Bräu in Sonthofen wird laut Geschäftsführer Kilian Stückler wegen der Viehscheid-Absagen „definitiv etwas vom Umsatz fehlen“. Was aber dadurch etwas abgemildert wird, dass die Kosten für das zusätzliche Personal und die Security wegfallen. „Von gewissen Einbrüchen“spricht auch Geschäftsführer Sebastian Graßl von der Missener Schäffler-Brauerei. Aber den Ausfall von einzelnen Großveranstaltungen könne das Unternehmen weitgehend mit dem sonstigen guten Bierverkauf in diesem Jahr kompensieren.
Die Tourismus-Branche spürt kaum etwas von den gestrichenen Viehscheiden. „Die Leute sind trotzdem da“, sagt Bernhard Joachim, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Allgäu/Bayerisch-Schwaben. Das liege vor allem am guten Wetter. Der Herbst mit seinen optimalen Wandermöglichkeiten sorge für volle Betten. Das bestätigt Max Hillmeier, Tourismus-Chef in Bad Hindelang. „Es gab vereinzelte Absagen, weil unser Viehscheid nicht stattgefunden hat. Aber wir verzeichnen keine Delle.“
Ähnlich die Situation in Pfronten, wo Tourismus-Direktor Jan Schubert ebenfalls von nahezu ausgebuchten Hotels und Pensionen berichtet. Dort fielen heuer der Viehscheid und die „Viehscheid-Däg“aus. Dafür organisierte die Gemeinde ein „Kulturprogramm zum Pfrontner Alpsommer 2020“. Eine Viehscheid-Hochburg ist auch Gunzesried (Kreis Oberallgäu). Für die Gastronomie bedeutet dieser Tag jeweils ein dickes Zusatzgeschäft. „Aber wir sind nicht unbedingt abhängig von Großereignissen“, sagt Bernhard Schneider vom „Goldenen Kreuz“. Das Tal, die Pensionen und die Gaststätten seien trotz der ViehscheidAbsage gut mit Urlaubern gefüllt.