Schweinepest: Seuche, die für tierische Verluste sorgt
Ferkelzüchterin Birgit Locher sagt: Obwohl es in der Region noch keinen Fall gibt, sind die Auswirkungen spürbar
- Viel früher schon hat die Oberteuringer Ferkelzüchterin Birgit Locher mit dem gerechnet, was jetzt eingetreten ist: Die Afrikanische Schweinepest, kurz ASP, hat am 9. September Deutschland erreicht. Und wenngleich die bestätigten Fälle – bisher sind laut Friedrich-Loeffler-Institut 32 Wildschweine betroffen – alle in Brandenburg aufgetaucht sind, hat die Seuche schon jetzt Auswirkungen auf die Schweinezüchter im Bodenseekreis, wie Locher erklärt.
Dabei geht es weniger um neu zu treffende Schutzmaßnahmen für die eigenen Tiere, wie die Ferkelzüchterin anmerkt. „Die Betriebe hier haben eh schon gewisse Sicherheitsmaßnahmen, die auch gegen die Schweinepest helfen“, sagt Birgit Locher. So sei es bereits Standard, dass es eine Hygieneschleuse gibt, bevor man in den Stall kommt, und dass vor allem Menschen, die von Betrieb zu Betrieb gehen, wie etwa von Behörden, spezielle Schutzkleidung erhalten. „Zudem sind Betriebsgebäude oft umzäunt und in jedem Fall so verschlossen, dass keine Wildschweine hineinkommen können“, fügt die Landwirtin an. All diese Maßnahmen seien schon lange in der Schweinehaltung etabliert. „Ich denke, dass wir es damit auch schaffen werden, die Pest aus den Hausschweineställen herauszuhalten“, fasst sie zusammen.
Ein ganz anderer Punkt ist ihr zufolge jedoch viel besorgniserregender: „Die Marktsituation ist erheblich problematischer und fast so schlimm, wie die Seuche selbst“, meint Birgit Locher. So hat Deutschland durch den Ausbruch der Seuche in Brandenburg den Status „seuchenfrei“verloren und wurde von China für die Einfuhr von Schweinefleisch gesperrt. „Das hat zur Folge, dass die Schlachtunternehmen nicht mehr so viel abnehmen. Und wenn wiederum der Mäster die Schweine nicht los wird, drückt es den Preis nach unten. Die Allgemeinheit der Ferkel- und Schweinezüchter produziert zum Notierungspreis, der in Baden-Württemberg jeden Montag neu definiert wird. Vergangene Woche ist der Preis für ein Ferkel um ganze zwölf Euro auf nur noch 27 Euro gesunken. Damit haben wir einen Tiefpunkt erreicht“, sagt Birgit Locher. Zum Vergleich erläutert sie, wie die Situation mit den Preisen noch Anfang des Jahres aussah: „Da erhielten wir 75 Euro pro Ferkel, also fast das Dreifache. Das ist ein extremer Preisverfall, der für viele sehr, sehr bedrohlich werden kann, wenn das jetzt noch länger anhält.“Birgit Locher selbst befindet sich in einer Ausnahmesituation, da sie mit ihrem Betrieb Teil des „Hofglück“Programms ist, das von Edeka gegründet wurde und besondere Standards für das Tierwohl verfolgt.
Somit befindet sich die Landwirtin in einem festen Abnehmerraster und kann sich auf den regionalen Absatz verlassen. Doch um ihre Kollegen und wie diese mit den Auswirkungen zurechtkommen werden, macht sie sich Sorgen: „Die meisten sind auf den Exportmarkt, der jetzt nicht mehr läuft, angewiesen und damit auch auf den Notierungspreis“,
Ferkelzüchterin Birgit Locher stellt sie klar. China nimmt außerdem, so erklärt die Landwirtin, vor allem die Teile des Ferkels ab, die die Deutschen nicht so gerne auf dem Tisch haben: „Füßchen, Schwänze und Öhrchen werden normalerweise nach Asien exportiert. Dieses Geschäft liegt durch den Abnahmestopp nun brach.“
Birgit Locher schließt sich daher ihren Kollegen an, wenn es um Forderungen an die Politik geht, die Regionen, in denen es keinen ASP-Fall gibt, wieder für den Export freizugeben. „Das würde schon sehr viel helfen“, fasst sie zusammen. Doch nicht nur der Verlust bei den Preisen macht der Ferkelzüchterin Bauchschmerzen, denn es gibt noch ein zweites Problem: „Es ist noch nicht klar, was passiert, wenn jetzt doch irgendwann der Tag kommt, an dem ein infiziertes Wildschwein auf einer landwirtschaftlichen Fläche hier im Bodenseekreis gefunden wird“, sagt sie.
Der Bereich werde dann mit Sicherheit, so wie auch bei den Fällen in Brandenburg, Sperrbezirk, damit die Pest nicht weitergetragen werden kann, meint die Züchterin. „Wenn dann ein Bewirtschaftungsverbot für eine Fläche gilt, die zu meinem Land gehört, betrifft das ja alles, was ich anbaue: mein Getreide, mein Stroh, das ich für die Ferkel brauche, und auch Weinberge, Obstplantagen und Hopfengärten. Da gibt es eine große Unsicherheit, wie das dann abgehandelt wird. Das wäre verheerend, wenn man dann das Pech hat, dass das Wildschwein gerade auf dem eigenen Land liegt“, betont sie. Viel Respekt hat sie für die Jäger, die sich bemühen, den Wildschweinbestand in Schach zu halten.
„Es sind sehr schwer zu jagende Tiere, da muss man oft und lange sitzen, bis man überhaupt Erfolg hat. Deshalb habe ich vollstes Verständnis, dass die Jäger alles tun, was sie können, aber so eine Seuche allein natürlich auch nicht in den Griff bekommen“, sagt Locher.
Dass die ASP überhaupt so weit kommen konnte, sei ein vom Menschen verursachtes Problem. „Es wurde schon herausgefunden, dass die Seuche teils so große Strecken übersprungen hat, dass es nur so sein kann, dass Menschen – zum Beispiel durch einen weggeworfenen, belasteten Wurstbrotrest, den dann Wildschweine gefressen und sich infiziert haben – die Pest weitergetragen haben“, schildert die Landwirtin und wünscht sich deshalb besonders, dass jeder und jede achtsam mit solchen Resten umgeht und diese nicht einfach in den Wald und an den Wegesrand wirft.
„Die Marktsituation ist fast so schlimm, wie die Seuche selbst.“
Die Afrikanische Schweinepest ist, so die Definition des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, eine schwere Virusinfektion, die ausschließlich Haus- und Wildschweine befällt. Seit 2014 verbreitet sich die Tierseuche besonders in den osteuropäischen Ländern. Die Erkrankung führt in nahezu allen Fällen zum Tod des Schweines innerhalb weniger Tage. Weder auf Menschen noch auf andere Tiere ist die Infektion übertragbar.