Die Band Freiwild darf nicht mehr kommen
Kulturamt macht jetzt das Programm für die Oberschwabenhalle und will vieles anders angehen
- Nachdem die Lira (Live in Ravensburg GmbH) derzeit liquidiert wird, stehen die Büros in der Oberschwabenhalle leer. Noch. Voraussichtlich im Dezember ziehen dann die Abteilung Kulturmanagement des städtischen Kulturamts sowie vier Mitarbeiter des Amtes für Architektur und Gebäudemanagement (AGM) dort ein. Letztere sind für den technischen Betrieb zuständig. Diese gemischte Truppe übernimmt von der Lira nicht nur den Betrieb der Halle, sondern managt seit 1. Juli ebenfalls, was in Konzerthaus und Schwörsaal passiert. Was sich alles ändern soll.
Weil sie allzu defizitär gearbeitet hat, löste die Stadt als Quasi-Eigentümerin die Lira zum 30. Juni 2020 auf. Seitdem ist das Kulturamt wieder für den Betrieb von Konzerthaus und Schwörsaal zuständig – was es bis 2014 schon einmal war. Nun allerdings kommt noch der Betrieb der Oberschwabenhalle dazu. Und das in der Corona-Krise, in der viele Künstler ihre Auftritte verschieben, weil es sich für sie nicht lohnt, nur vor einem Bruchteil von Zuschauern aufzutreten. Denn aufgrund der Abstandsregeln müssen viele Plätze frei bleiben. Komiker Bülent Ceylan, Rapper Capital Bra, Stand-up-Comedian Chris Tall oder Bauchredner Sascha Grammel haben ihre Auftritte daher zunächst vom Frühjahr auf den Herbst 2020 und nun ins nächste Frühjahr verlegt. Ob sie dann tatsächlich nach
Ravensburg kommen, kann Kulturamtsleiterin Verena Müller nur hoffen.
Grundsätzlich sieht sie sich und ihr Team für den neuen Job, der ihnen durch das Aus der Lira quasi vor die Füße gefallen sei, gut gewappnet: Sie hat Kulturmanagement studiert und leitet abgesehen vom Amt selbst auch ebendiese Abteilung. Diese kümmert sich bisher schon um städtische Eigenveranstaltungen wie die Ravensburger Spielzeit, Kinder- und Jugendkultur, „Ravensburg spielt“oder die Kulturförderung. Nun kommt all das obendrauf, was in der Oberschwabenhalle stattfindet – inklusive der Akquise neuer Veranstaltungen. Die Messen allerdings richtet die vom ehemaligen Lira-Prokuristen Stephan Drescher jüngst gegründete Ravensburger Veranstaltungsgesellschaft künftig aus. Noch steckt man freilich mitten im Austüfteln einer Neukonzeption. Wobei Verena Müller bereits jetzt klarstellt: Zum einen möchte man nicht mehr alles machen, was die Lira tat – das Catering wird ausgelagert, und im Bereich Rock und Pop wird es – abgesehen von Ravensburger und Junger Spielzeit – keine Eigenveranstaltungen mehr geben. Übrig bleiben Vermietung und Vermarktung. Wobei für umstrittene Bands wie etwa Freiwild, die in der Vergangenheit wegen ihrer Rechtslastigkeit für Kritik am Veranstaltungsprogramm der Oberschwabenhalle gesorgt haben, in Zukunft kein Platz mehr ist: „Wir werden das nicht forcieren, zumindest wenn es nach mir geht“, stellt Müller klar. Schließlich habe man als städtisches Haus Grundsätze und stehe für Demokratie.
Bange, dass mit der Lira Veranstaltungen flöten gehen, ist ihr nicht: „Wir haben schon viele Anfragen von Agenturen – die haben sämtliche Locations, auch unsere, auf dem Schirm.“Viel eher treibt sie die Sorge um, dass womöglich Agenturen wie Künstler die Corona-Krise finanziell nicht überleben. Abgesehen davon steht für Müller fest: „Wir wollen auch mit den Top-Acts am Ball bleiben und beobachten den Markt aufmerksam.“Wie will die Kulturamtschefin es schaffen, die drei Häuser so zu bewirtschaften, dass am Ende nicht wie bei der Lira rote Zahlen rauskommen? „Wir profitieren von Querleistungen“, erläutert sie. Und meint damit: Ob IT-Ausstattung, Fahrzeugpool, Postdienstleistungen oder Büromaterial – das Kulturamt arbeite nicht als Insel wie die Lira, sondern profitiere „vom großen Ganzen“der Stadtverwaltung. Die Stadtkämmerei unterstützt in der Buchhaltung, das Hauptamt beim Personalwesen. „Da kann vieles verrechnet werden, weil wir andere Netzwerke zur Verfügung haben“, macht Müller deutlich. Klar ist: Auch unter der Ägide des Kulturamtes „müssen wir auf die Zahlen schauen, sonst wäre nichts gewonnen“, so Müller.
Bislang hat das Team nur Verstärkung durch fünf neue Kollegen bekommen, um die Mehrarbeit zu stemmen – wobei fürs Kulturamt 1,7 Stellen, fürs AGM 2,6 Stellen mehr heraus springen. Unter anderem haben ehemalige Lira-Angestellte – ein Hausmeister etwa, zwei Veranstaltungstechniker und eine Veranstaltungsmanagerein – das Bewerbungsrennen gemacht. Momentan halte sich die „Veranstaltungsdichte“wegen Corona noch in engen Grenzen, so Müller – es könne aber irgendwann durchaus sein, dass das Team Zuwachs bekommt.
Weil dort mehr Platz als im Neuen Rathaus ist, ziehen insgesamt 15 Leute aus Kulturamt und AGM, dessen Mitarbeiter dort für Brandschutz, Anlagenwartung und den technischen Betrieb zuständig sind, in die frei gewordenen Lira-Büros in der
Oberschwabenhalle. Auch, weil man weiterhin Azubis ausbilden möchte, für die man ebenfalls Platz braucht, erklärt Müller. Ihr ist wichtig, zu betonen, dass auch nach der Auflösung der Lira in Konzerthaus, Schwörsaal und Oberschwabenhalle was läuft: „Es liegt nicht alles brach oder ist tot.“
Infos zu aktuellen Veranstaltungen unter www.ravensburg.de/ veranstaltungen
TRAUERANZEIGEN