29 Junggesellen dürfen weiter wirken
Nachwuchshandwerker werden unter Corona-Bedingungen freigesprochen
- Sie haben es zum Schluss nicht einfach gehabt, die 29 Auszubildenden im Handwerk, die jetzt von Kreishandwerksmeister Jan Coenen freigesprochen worden sind. Die Corona-Pandemie hat auch ihre Ausbildung auf der Zielgeraden erschwert.
„Eine Freisprechung in diesem Rahmen, das wäre zum heutigen Zeitpunkt in München schon nicht mehr möglich“, verdeutlichte Jan Coenen die aktuell wieder angespannte Situation bei seiner Begrüßung in der Inselhalle. Dorthin war die ansonsten traditionell im Sparkassensaal stattfindende Feier verlegt worden, damit wenigstens ein paar Gäste den feierlichen Rahmen unterstreichen konnten, wenngleich sie ziemlich isoliert auf Abstand ihre Plätze zugewiesen bekommen hatten.
Auch auf der Bühne wurde alles auf Abstand gehalten, das begann mit den Musikanten auf der Bühne – eine kleine Big Band der Musikschule Lindau unter der Leitung von Stefan Heitz – und endete mit den Junggesellinnen und Junggesellen beim Erhalt ihrer Gesellenbriefe, ebenso beim abschließenden Gruppenfoto auf der Freitreppe vor der Inselhalle in nächtlichem Licht.
Das bewährte Konzept der Freisprechungen der vergangenen Jahre behielt die neue Führung der Kreishandwerkerschaft mit Jan Coenen als Kreishandwerksmeister und Diana Scharf von der Geschäftsstelle bei, nur dass die beiden auch die Moderation übernahmen.
Also drei Gesprächsrunden mit verschiedenen Gästen auf der Bühne, aufgelockert mit musikalischen Beiträgen der Musikschule, die bestens ankamen. Es war naheliegend, dass Corona auch das beherrschende Thema bei den Gesprächsrunden war. So äußerten sich der Präsident des schwäbischen Handwerks, Hans-Peter Rauch, Landrat Elmar Stegmann und Claudia Alfons zu der Frage, welche wirtschaftliche Stütze das Handwerk in Zeiten von Corona darstellt.
Rauch stellte fest, dass auch hier wieder einmal das Handwerk das Rückgrat der Gesellschaft sei, fast alle Gewerke – bis auf die Friseure, die erst einmal schließen mussten – hätten versucht, das Rad am Laufen zu halten. Das bestätige die Zufriedenheitsquote mit dem Handwerk, die vor Corona bei 96 Prozent lag, während der akuten Schließungsphase auf 76 Prozent sank, wobei Lindau mit 83 Prozent den höchsten Wert in Schwaben darstellte.
Elmar Stegmann beurteilte die Situation für den Landkreis unterschiedlich. Während das Handwerk im Großen und Ganzen gut durch die Krise gekommen sei, habe es die Industrie hier hart getroffen. Es gäbe viel Kurzarbeit, allerdings teilweise schon vor der Coronakrise, was Einfluss auf die Geldströme aus Steuereinnahmen für die Kommunen zur Folge habe. „Jeder spürt die Auswirkungen, in der Arbeit, aber auch privat“, meinte Stegmann und verwies auf die steigenden Infektionen, auch im Landkreis.
Claudia Alfons zu der Frage, wie sie ihren Start ins neue Amt unter diesen Umständen erlebt hat: „Ich kenne das nicht anders, also war das für mich normal“. Es sei schon eine schwere Umstellung gewesen, ohne Austausch mit den Bürgern, keine Bürgerversammlungen in den Stadtteilen, die sie gerne gleich zu Beginn gemacht hätte, fügte sie an. Aber die Verwaltung sei sehr freundlich und hilfsbereit gewesen, obwohl auch sie große Umstellungen zu bewältigen gehabt hätte. Auf Nachfrage Coenens versicherte sie, dass die Pipeline derzeit noch gut gefüllt sei, was Aufträge für das heimische Handwerk beträfe, weil noch viele Projekte am Laufen seien, „mit neuen Vorhaben müssen wir uns aber zurückhalten“, meinte sie, fügte aber hinzu, dass die Arbeit fürs Handwerk nicht ausgehe.
Ganz unterschiedlich haben zwei Gewerke Corona erlebt, wie die zweite Runde aufzeigte. Die Obermeisterin der Friseure, Petra Zander, und ihre Stellvertreterin Karin Lanz beschrieben aus ihrer Perspektive die Schließung und das Bemühen, Konzepte zu entwickeln, die den Hygienevorschriften entsprechen konnten und damit eine Wiedereröffnung der Frisiersalons ermöglichten. Der Informationsfluss mit dem Zentralverband habe aber sehr gut funktioniert und sehr geholfen.
Auch Volker Heinrich traf der so genannte Lockdown zunächst hart, denn ein Großauftrag brach für den Zimmerer dadurch weg. Aber das direkte Abfragen anderer Kunden habe ergeben, dass da viele sehr erfreut waren, dass dadurch ihre Baustelle früher in Betrieb gehen konnte und so sei sein Betrieb mit lediglich zwei Wochen Ausfall gut durchgekommen.
Auch die Lehrlinge habe man nicht im Stich gelassen, kompliziertere Holzböcke und diverse neue Tomatenhäuschen aus Holz mit Gaupendach in Lindau könnten das bezeugen.
Obermeister Wolfgang Behmann bestätigte diese positive Rückmeldung seitens der Zimmerleute. Aufgrund der Zwangsschließung sei gerade im Hotelbereich diese Pause genutzt worden, um viele Umbauten oder Erweiterungen in diese Zeit zu verlegen und da seien die Zimmerleute
sehr gefragt gewesen und die hätten gerade hier im Allgäu eine lange Tradition. Was die überwiegende Mehrheit der freizusprechenden Gesellen aus dem Zimmererhandwerk später belegte.
Aus diesen Gegebenheiten stellte sich folgerichtig die Frage, wie die schulische Ausbildung der Zukunft aussehe. Dazu kamen Jens Christiansen, stellvertretender Schulleiter der Beufsschule Lindau, und der Schulleiter der Berufsschule Immenstadt, Peter Eisenlauer, auf die Bühne, beide derselben Ansicht, dass die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden müsse, sodass auch das digitale Klassenzimmer voll funktionstüchtig
Insgesamt 29 Auszubildende haben ihren Gesellenbrief erhalten und sind freigesprochen worden. In der Bau-Innung sind das Maximilian Bentele (Lau-Bau, Röthenbach) und Nick Rothe (Baubetrieb Anton Bufler, Weiler). Die ElektroInnung hat einen neuen Junggesellen: Fabrizio Cosentino (Elektro Götze, Lindau). Zwei neue Gesellinnen weist die FriseurInnung auf; Jessica Kibele (Salon Haarmonie, Hergensweiler) und Ramona Schön (Haarstudio Hermine, Weiler). Bei den Malern sind außerdem zwei neue Junggesellinnen und ein Junggeselle hinzugekommen: Moustafa Aldiri (Malerbetrieb Kaiser, Lindau), Rebecca Hiemer (Raumausstattermeister Thomas Reutin, Lindau) und Nadine Immler (Farbe im Trend Thomas Steckeler, Lindenberg). Bei den Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikern sind Ron Kircher (Würschinger, Lindau) und Christoph werden könne. So entstehe unter anderem auch eine digitale Kfz-Werkstatt. Eisenlauer gestand, dass die Kollegen sehr gefordert waren, die Umstellung auf Unterricht via Internet eine große gewesen sei, denn mit Tablets allein sei es nicht getan. „90 Minuten Online-Unterricht ist doch was ganz anderes als 90 Minuten im Klassenzimmer“, beschrieb er die Situation.
In kleinen Gruppen durften anschließend die Auszubildenden auf die Bühne kommen, um ihre Gesellenbriefe abzuholen, auf der Freitreppe vor der Inselhalle wurden sie abschließend von Jan Coenen offiziell freigesprochen.
Natzer (Michael Filser, Weiler) freigesprochen worden. Die Zimmerer-Innung hat diese Junggesellen: Pius Bandte (s’Zimmerer Team, Weißensberg), Franz Bienert (Holzbau Forster, Opfenbach), Gabriel Bodenmüller (Zimmererbetrieb Ulrich Zeh, Maierhöfen), Matthias Epple (Holzbau Forster, Opfenbach), Patrick Falb (Zimmerei Bernd König, Lindenberg), Martin Haas (Jarde Holzbau, Gestratz), Julian Landerer (Zimmerei Ulrich Zeh, Maierhöfen), Simon Mitzler (Zimmerei Nico Höß, Sigmarszell), Johannes Müller (Zimmerei Alfred Milz, Grünenbach) Jan Sonntag (Zimmerei Michael Ohmayer, Sigmarszell), Florian Weber (R.&G. Schmalzl, Hergatz), Daniel Berkmann (Zimmerei Tobias Schlechta, Weiler-Simmerberg), Ulrich Fäßler (Zimmerei Roland Gretter, Scheidegg) und Moritz Fink (Zimmerei Johannes Prinz, Stiefenhofen). (cf)