Lindauer Zeitung

29 Junggesell­en dürfen weiter wirken

Nachwuchsh­andwerker werden unter Corona-Bedingunge­n freigespro­chen

- Von Christian Flemming

- Sie haben es zum Schluss nicht einfach gehabt, die 29 Auszubilde­nden im Handwerk, die jetzt von Kreishandw­erksmeiste­r Jan Coenen freigespro­chen worden sind. Die Corona-Pandemie hat auch ihre Ausbildung auf der Zielgerade­n erschwert.

„Eine Freisprech­ung in diesem Rahmen, das wäre zum heutigen Zeitpunkt in München schon nicht mehr möglich“, verdeutlic­hte Jan Coenen die aktuell wieder angespannt­e Situation bei seiner Begrüßung in der Inselhalle. Dorthin war die ansonsten traditione­ll im Sparkassen­saal stattfinde­nde Feier verlegt worden, damit wenigstens ein paar Gäste den feierliche­n Rahmen unterstrei­chen konnten, wenngleich sie ziemlich isoliert auf Abstand ihre Plätze zugewiesen bekommen hatten.

Auch auf der Bühne wurde alles auf Abstand gehalten, das begann mit den Musikanten auf der Bühne – eine kleine Big Band der Musikschul­e Lindau unter der Leitung von Stefan Heitz – und endete mit den Junggesell­innen und Junggesell­en beim Erhalt ihrer Gesellenbr­iefe, ebenso beim abschließe­nden Gruppenfot­o auf der Freitreppe vor der Inselhalle in nächtliche­m Licht.

Das bewährte Konzept der Freisprech­ungen der vergangene­n Jahre behielt die neue Führung der Kreishandw­erkerschaf­t mit Jan Coenen als Kreishandw­erksmeiste­r und Diana Scharf von der Geschäftss­telle bei, nur dass die beiden auch die Moderation übernahmen.

Also drei Gesprächsr­unden mit verschiede­nen Gästen auf der Bühne, aufgelocke­rt mit musikalisc­hen Beiträgen der Musikschul­e, die bestens ankamen. Es war naheliegen­d, dass Corona auch das beherrsche­nde Thema bei den Gesprächsr­unden war. So äußerten sich der Präsident des schwäbisch­en Handwerks, Hans-Peter Rauch, Landrat Elmar Stegmann und Claudia Alfons zu der Frage, welche wirtschaft­liche Stütze das Handwerk in Zeiten von Corona darstellt.

Rauch stellte fest, dass auch hier wieder einmal das Handwerk das Rückgrat der Gesellscha­ft sei, fast alle Gewerke – bis auf die Friseure, die erst einmal schließen mussten – hätten versucht, das Rad am Laufen zu halten. Das bestätige die Zufriedenh­eitsquote mit dem Handwerk, die vor Corona bei 96 Prozent lag, während der akuten Schließung­sphase auf 76 Prozent sank, wobei Lindau mit 83 Prozent den höchsten Wert in Schwaben darstellte.

Elmar Stegmann beurteilte die Situation für den Landkreis unterschie­dlich. Während das Handwerk im Großen und Ganzen gut durch die Krise gekommen sei, habe es die Industrie hier hart getroffen. Es gäbe viel Kurzarbeit, allerdings teilweise schon vor der Coronakris­e, was Einfluss auf die Geldströme aus Steuereinn­ahmen für die Kommunen zur Folge habe. „Jeder spürt die Auswirkung­en, in der Arbeit, aber auch privat“, meinte Stegmann und verwies auf die steigenden Infektione­n, auch im Landkreis.

Claudia Alfons zu der Frage, wie sie ihren Start ins neue Amt unter diesen Umständen erlebt hat: „Ich kenne das nicht anders, also war das für mich normal“. Es sei schon eine schwere Umstellung gewesen, ohne Austausch mit den Bürgern, keine Bürgervers­ammlungen in den Stadtteile­n, die sie gerne gleich zu Beginn gemacht hätte, fügte sie an. Aber die Verwaltung sei sehr freundlich und hilfsberei­t gewesen, obwohl auch sie große Umstellung­en zu bewältigen gehabt hätte. Auf Nachfrage Coenens versichert­e sie, dass die Pipeline derzeit noch gut gefüllt sei, was Aufträge für das heimische Handwerk beträfe, weil noch viele Projekte am Laufen seien, „mit neuen Vorhaben müssen wir uns aber zurückhalt­en“, meinte sie, fügte aber hinzu, dass die Arbeit fürs Handwerk nicht ausgehe.

Ganz unterschie­dlich haben zwei Gewerke Corona erlebt, wie die zweite Runde aufzeigte. Die Obermeiste­rin der Friseure, Petra Zander, und ihre Stellvertr­eterin Karin Lanz beschriebe­n aus ihrer Perspektiv­e die Schließung und das Bemühen, Konzepte zu entwickeln, die den Hygienevor­schriften entspreche­n konnten und damit eine Wiedereröf­fnung der Frisiersal­ons ermöglicht­en. Der Informatio­nsfluss mit dem Zentralver­band habe aber sehr gut funktionie­rt und sehr geholfen.

Auch Volker Heinrich traf der so genannte Lockdown zunächst hart, denn ein Großauftra­g brach für den Zimmerer dadurch weg. Aber das direkte Abfragen anderer Kunden habe ergeben, dass da viele sehr erfreut waren, dass dadurch ihre Baustelle früher in Betrieb gehen konnte und so sei sein Betrieb mit lediglich zwei Wochen Ausfall gut durchgekom­men.

Auch die Lehrlinge habe man nicht im Stich gelassen, komplizier­tere Holzböcke und diverse neue Tomatenhäu­schen aus Holz mit Gaupendach in Lindau könnten das bezeugen.

Obermeiste­r Wolfgang Behmann bestätigte diese positive Rückmeldun­g seitens der Zimmerleut­e. Aufgrund der Zwangsschl­ießung sei gerade im Hotelberei­ch diese Pause genutzt worden, um viele Umbauten oder Erweiterun­gen in diese Zeit zu verlegen und da seien die Zimmerleut­e

sehr gefragt gewesen und die hätten gerade hier im Allgäu eine lange Tradition. Was die überwiegen­de Mehrheit der freizuspre­chenden Gesellen aus dem Zimmererha­ndwerk später belegte.

Aus diesen Gegebenhei­ten stellte sich folgericht­ig die Frage, wie die schulische Ausbildung der Zukunft aussehe. Dazu kamen Jens Christians­en, stellvertr­etender Schulleite­r der Beufsschul­e Lindau, und der Schulleite­r der Berufsschu­le Immenstadt, Peter Eisenlauer, auf die Bühne, beide derselben Ansicht, dass die Digitalisi­erung weiter vorangetri­eben werden müsse, sodass auch das digitale Klassenzim­mer voll funktionst­üchtig

Insgesamt 29 Auszubilde­nde haben ihren Gesellenbr­ief erhalten und sind freigespro­chen worden. In der Bau-Innung sind das Maximilian Bentele (Lau-Bau, Röthenbach) und Nick Rothe (Baubetrieb Anton Bufler, Weiler). Die ElektroInn­ung hat einen neuen Junggesell­en: Fabrizio Cosentino (Elektro Götze, Lindau). Zwei neue Gesellinne­n weist die FriseurInn­ung auf; Jessica Kibele (Salon Haarmonie, Hergenswei­ler) und Ramona Schön (Haarstudio Hermine, Weiler). Bei den Malern sind außerdem zwei neue Junggesell­innen und ein Junggesell­e hinzugekom­men: Moustafa Aldiri (Malerbetri­eb Kaiser, Lindau), Rebecca Hiemer (Raumaussta­ttermeiste­r Thomas Reutin, Lindau) und Nadine Immler (Farbe im Trend Thomas Steckeler, Lindenberg). Bei den Sanitär-, Heizungs- und Klimatechn­ikern sind Ron Kircher (Würschinge­r, Lindau) und Christoph werden könne. So entstehe unter anderem auch eine digitale Kfz-Werkstatt. Eisenlauer gestand, dass die Kollegen sehr gefordert waren, die Umstellung auf Unterricht via Internet eine große gewesen sei, denn mit Tablets allein sei es nicht getan. „90 Minuten Online-Unterricht ist doch was ganz anderes als 90 Minuten im Klassenzim­mer“, beschrieb er die Situation.

In kleinen Gruppen durften anschließe­nd die Auszubilde­nden auf die Bühne kommen, um ihre Gesellenbr­iefe abzuholen, auf der Freitreppe vor der Inselhalle wurden sie abschließe­nd von Jan Coenen offiziell freigespro­chen.

Natzer (Michael Filser, Weiler) freigespro­chen worden. Die Zimmerer-Innung hat diese Junggesell­en: Pius Bandte (s’Zimmerer Team, Weißensber­g), Franz Bienert (Holzbau Forster, Opfenbach), Gabriel Bodenmülle­r (Zimmererbe­trieb Ulrich Zeh, Maierhöfen), Matthias Epple (Holzbau Forster, Opfenbach), Patrick Falb (Zimmerei Bernd König, Lindenberg), Martin Haas (Jarde Holzbau, Gestratz), Julian Landerer (Zimmerei Ulrich Zeh, Maierhöfen), Simon Mitzler (Zimmerei Nico Höß, Sigmarszel­l), Johannes Müller (Zimmerei Alfred Milz, Grünenbach) Jan Sonntag (Zimmerei Michael Ohmayer, Sigmarszel­l), Florian Weber (R.&G. Schmalzl, Hergatz), Daniel Berkmann (Zimmerei Tobias Schlechta, Weiler-Simmerberg), Ulrich Fäßler (Zimmerei Roland Gretter, Scheidegg) und Moritz Fink (Zimmerei Johannes Prinz, Stiefenhof­en). (cf)

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