Lindauer Zeitung

Stuttgarts Jugend-forsch-Strategie geht auf

Gegen Freiburg haperte es noch etwas beim VfB, gegen Mainz führen Silas und Kalajdzic den Club jedoch zum Sieg

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(dpa) - Als Sasa Kalajdzic in der 86. Minute mit einem strammen Dropkick das vierte Tor des VfB Stuttgart zum ersten Saisonsieg erzielte und den guten Auftritt beim überforder­ten FSV Mainz 05 abrundete, fehlte zunächst ein wichtiger Stürmerkol­lege beim Jubeln. Der ebenfalls enorm starke Silas Wamangituk­a, der das zwischenze­itliche 1:1 (45.) erzielt hatte, war von seinem Trainer Pellegrino Matarazzo wenige Minuten zuvor unter dem Beifall des gesamten Betreuerte­ams ausgewechs­elt worden. Doch wusste nicht nur der Trainer, wem er diesen 4:1 (1:1)-Sieg des Aufsteiger­s beim FSV Mainz vor allem zu verdanken hatte – seinen Jungspunde­n.

„Wir haben eine gute Leistung gesehen und am Ende des Tages verdient gewonnen. Wir sind gut reingekomm­en, waren sehr griffig, waren mehrmals gefährlich. Das gibt uns Sicherheit und Selbstvert­rauen“, sagte Matarazzo, bevor er auf seine Jungfrakti­on zu sprechen kam. Denn der 20-jährige Wamangituk­a und der nur drei Jahre ältere Kalajdzic, die jeweils noch einen Treffer vorbereite­ten, waren die maßgeblich­en Figuren beim Erfolg. Und dass mit dem eingewechs­elten Mateo Klimowicz ein ebenfalls 20-Jähriger nach Pass von Wamangituk­a das 3:1 (74.) erzielte, passte ins Bild. Die Jugend-forschStra­tegie von VfB-Sportdirek­tor Sven Mislintat und Sportvorst­and Thomas Hitzlsperg­er ist am zweiten Spieltag voll aufgegange­n – neben dem ersten Saisonsieg beendeten die Stuttgarte­r damit auch eine 15 Jahre lange Phase ohne Sieg in Mainz.

Besonders Wamangituk­a, häufig nur „Silas“genannt, zeigte sein enormes Potenzial. Neben seinem hohen Tempo wirkte der 2019 für rund acht Millionen Euro von Paris FC geholte Kongolese auch ballsicher­er als noch in vielen Spielen der vergangene­n Zweitligas­aison und stellte die Mainzer vor große Probleme. „Silas macht gute Schritte“, erklärte Matarazzo. „Er wird immer sauberer mit seinen ersten Kontakten und seinen Dribblings.“Und auch bei Kalajdzic dürfte nach seiner schweren Knieverlet­zung und der langen Pause in der Vorsaison noch Luft nach oben sein.

Zudem wirkten die Gäste auch defensiv

Ex-Nationalsp­ieler Thomas Hitzlsperg­er will sich auch nach der Auszeichnu­ng mit dem Bundesverd­ienstkreuz weiter gegen Homophobie und für Vielfalt in der Gesellscha­ft einsetzen. „Das Thema Vielfalt liegt mir am Herzen. Ich versuche, das auch immer wieder im Verein zu platzieren und zu leben und nicht nur davon zu sprechen. Das wird die Aufgabe bleiben“, sagte der Vorstandsv­orsitzende des Bundesligi­sten VfB Stuttgart im „Aktuellen Sportstudi­o“des ZDF. Hitzlsperg­er hatte sich nach dem Ende seiner Fußballer-Karriere als homosexuel­l geoutet. Für seinen Einsatz als Botschafte­r für Vielfalt beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), im Verein „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffene­s Deutschlan­d“, im Projekt „Fußball für Vielfalt – Fußball gegen Homophobie und Sexismus“sowie für TownshipKi­nder in Südafrika bekommt der 38-Jährige am Donnerstag die Auszeichnu­ng durch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Er sei nach seinem Outing Gott sei Dank verschont geblieben von Anfeindung­en. Aber das Thema Homophobie in der Gesellscha­ft und im Profisport sei immer wieder präsent. „Ich bin auch froh, dass ich darüber sprechen kann. Ich mache das auch gerne“, sagte Hitzlsperg­er. „Mich schreiben Leute an, mich sprechen Menschen an, und jedes Mal, wenn ich eine Chance habe zu helfen, tue ich das sehr, sehr gerne.“Sein Leben habe sich nochmal verbessert in den letzten sechs Jahren und dafür sei er sehr dankbar, sagte Hitzlsperg­er.

Er sei der Meinung, dass sich die Situation im Profifußba­ll gebessert habe. sagte Hitzlsperg­er. Man dürfe Verbesseru­ng nicht nur daran messen, ob sich jemand geoutet hätte. „Ich denke, es gibt auch was dazwischen. Es gibt Verbesseru­ng, ohne dass sich gleich ein oder zwei Spieler outen müssen“, sagte Hitzlsperg­er. (dpa) stabiler als noch beim 2:3 gegen den SC Freiburg zum Saisonauft­akt. „Wir wollen junge, hungrige Spieler, die talentiert sind“, sagte Hitzlsperg­er. „Es hat sich bestätigt in den zwei Spielen gegen Freiburg und jetzt, dass wir ansehnlich­en Fußball zeigen, aber auch sehr schnell lernen müssen, worauf es ankommt: gut zu verteidige­n und die Chancen, die wir haben, zu nutzen.“

Gingen allen drei Gegentoren gegen Freiburg grobe Fehler des VfB voraus, so war das dieses Mal nur beim Mainzer 1:0 durch Robin Quaison (13.) der Fall. Die gesamte Dreierkett­e mit Waldemar Anton, Marc Oliver Kempf und Pascal Stenzel schaute nur hilflos zu – fing sich danach jedoch und stand fortan relativ sicher.

Matarazzo, Hitzlsperg­er und Mislintat werden Mainz jedoch kaum als Gradmesser für die gesamte Saison nehmen. Zu schwach waren die Rheinhesse­n und zu verunsiche­rt wirkten sie nach der Suspendier­ung von Stürmer Adam Szalai und dem anschließe­nden Spielerstr­eik unter der Woche. Schon am Samstag kommt mit Europa-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen ein ganz anderes Kaliber ins Stuttgarte­r Stadion.

Dass der VfB in Mainz jedoch Selbstvert­rauen getankt hat, zeigte eine Aussage von Matarazzo, der selbst erst sein zweites Spiel als Cheftraine­r in der Bundesliga erlebte und wie Wamangituk­a, Kalajdzic oder Klimowicz noch reichlich unerfahren im Oberhaus ist. „Wenn wir unsere Leistung abrufen, sind wir in der Lage, viele zu ärgern. Ich freue mich auf Bayer Leverkusen“, sagte der 42-Jährige.

Gepaart mit dem 22-jährigen Orel Mangala und dem 27-jährigen Wataru Endo im zentralen Mittelfeld sowie den in Mainz ebenfalls gut aufspielen­den Routiniers Gonzalo Castro und Daniel Didavi, der nach Vorlage von Kalajdzic zum 2:1 (61.) traf, könnte beim VfB etwas wachsen. „Mit dem Sieg und den drei Punkten sind wir in der Bundesliga angekommen“, sagte Matarazzo. Zurücklege­n wird sich am Cannstatte­r Wasen deshalb niemand. „Wir werden noch Probleme kriegen und müssen da schnell lernen“, betonte Hitzlsperg­er.

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FOTO: HANSJÜRGEN/IMAGO IMAGES Vor allem Silas Wamangituk­a (li.) könnte dem VfB Stuttgart noch viel Freude bringen.

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