Sankt Florian lässt grüßen
Es ist beim Atommüll wie bei allen Dingen, die keiner haben will. Es gilt das Sankt-FlorianPrinzip: „Verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an.“Da nun die Wissenschaftler die halbe Republik als mögliches Endlager identifiziert haben, ist bundesweit Feuer unterm Dach. Während sich die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) über viele denkbare Standorte freut, versuchen Politiker allerorten, das Ungemach von ihrer Heimat fernzuhalten – vor allem in Bayern.
Das ist angesichts der Ängste der Bürger verständlich, strahlen doch die Überbleibsel dieses energiepolitischen Irrwegs auch noch in Millionen Jahren. In Ordnung ist die Ablehnung trotzdem nicht, schon gar nicht, wenn sich Markus Söder zum Nebenberufsgeologen aufschwingt. Skurril wird es, wenn die Freien Wähler, Juniorpartner in Bayerns Regierung, bei der Ablehnung daran erinnern, im Koalitionsvertrag mit der CSU vereinbart zu haben, dass es im Freistaat kein Atommüllendlager geben darf. Denn alle Länder haben beim Start der Suche dem Prinzip „weiße Landkarte“, der Gleichbehandlung aller Gebiete, zugestimmt.
Dass Deutschland seinen Atommüll nach all den Jahren der Nutzung selbst einlagern muss, steht außer Frage. Nach der Erfahrung mit allzu leichtfertig erwählten Zwischenlagern muss das Endlager nun so sicher sein wie möglich. Seit 2017 haben 70 Wissenschaftler mehr als eine Million Daten ausgewertet. In 90 Gebieten wären die Gesteinsschichten geeignet, die 1900 Fässer aufzunehmen – laut BGE eben auch in Bayern.
Schon jetzt ist die Aufregung groß. Dabei geht es bislang nur um Geologie. Über den Standort wird der Bundestag erst 2031 befinden. Bevor die Politik entscheidet, werden die Wissenschaftler aussieben. Kriterien sind Einwohnerdichte, Erdbebenanfälligkeit und Grundwasserbeschaffenheit, Bayerns Koalitionsvertrag zählt nicht dazu. Auch ist die Halbwertszeit von Söders Regierung gewiss geringer als jene von Plutonium oder Uran. Doch auch wenn alles korrekt abläuft, wird in elf Jahren irgendwo in Deutschland das große Wehklagen anheben.