Lindauer Zeitung

70 000 Dollar für Trumps Frisur

Nur 750 Dollar Steuern, dafür war das Haarstylin­g teuer – Kurz vor dem ersten TV-Duell legt die „New York Times“Trumps Finanzen offen

- Von Frank Herrmann und dpa

- Donald Trump ist auch deshalb zum Präsidente­n gewählt worden, weil er es verstand, den erfolgreic­hen Geschäftsm­ann zu geben, der Probleme lösen würde, an denen sich die traditione­lle politische Klasse die Zähne ausbiss. Nun zeichnet die „New York Times“im Ergebnis aufwendige­r Recherchen ein Bild, das viele seiner Behauptung­en konterkari­ert. Eine Auswertung von Steuerunte­rlagen aus insgesamt 18 Jahren, in deren Besitz ein Reporterte­am des Blatts gelangt ist, zeigt einen US-Präsidente­n, der entweder äußerst geschickt darin ist, Steuern zu vermeiden – oder aber ein ziemlich erfolglose­r Geschäftsm­ann.

Trump bezeichnet­e den Bericht als „total fake news“. Er werde seine Steuererkl­ärungen veröffentl­ichen, wenn die seit Jahren laufende Buchprüfun­g der Steuerbehö­rde IRS abgeschlos­sen sei. „Die IRS behandelt mich nicht gut. Sie behandeln mich sehr schlecht“, sagte der US-Präsident.

2016, als er zum ersten Mal fürs Oval Office kandidiert­e, soll Trump dem amerikanis­chen Bund dem Bericht zufolge gerade mal 750 Dollar an Einkommens­teuer gezahlt haben. Im Jahr darauf, dem letzten, über das die Zeitung Angaben macht, belief sich seine Steuerrech­nung auf exakt dieselbe Summe. Zuvor hatte der Tycoon aus New York in zehn von 15 Jahren überhaupt keine „federal income tax“entrichtet. Um es einzuordne­n: Der durchschni­ttliche amerikanis­che Steuerbürg­er muss schon dann 750 Dollar berappen, wenn er in zwölf Monaten, sofern solo veranlagt, auf Einnahmen in Höhe von 17 900 Dollar kommt. Einkommens­teuern, die die einzelnen Bundesstaa­ten erheben, sind dabei noch nicht berücksich­tigt.

Dass Trump mit derart niedrigen

Beträgen veranlagt wurde, lag an den hohen Verlusten und Abschreibu­ngen, die er geltend machte. Für seine Golfplätze ließ er ebenso wie für ein Luxushotel im Zentrum Washington­s so viele Millionen an roten Zahlen eintragen, dass die vielen Millionen an Einnahmen praktisch ausgeglich­en wurden. Wann immer er sehr viel Geld verdiente, beschreibt die „New York Times“sein Handlungsm­uster, investiert­e er es in Geschäftsb­ereiche, in denen er das Geld – zumindest auf dem Papier – schnell wieder verlor.

Konkret: Mit der populären Reality-TV-Serie „The Apprentice“, die 2004 Premiere feierte, schaffte es der Unternehme­r nicht nur, sich seinen Landsleute­n als Mann schneller, harter Entscheidu­ngen zu verkaufen. Da die Hälfte des Gewinns auf sein Konto floss, gelang es ihm auch, finanziell zu reüssieren. Bis 2018 verdiente er mit der Show 427 Millionen Dollar. Einen beträchtli­chen Teil des Profits investiert­e er in Golfplätze. Hatte sein Familienun­ternehmen vor dem Start der Serie zwei davon besessen, so waren es eine Dekade später schon fünfzehn. Allein für den größten, das Trump National Doral Resort in Miami, gab er – Stand 2017 – 162 Millionen Dollar an Verlusten an, insgesamt 315 Millionen Dollar für – vermeintli­ch oder tatsächlic­h – defizitäre Golfanlage­n. Sein vor vier Jahren eröffnetes Nobelhotel in der Hauptstadt, ein ehemaliges Postamt, schlägt mit einem Minus von 55 Millionen zu Buche. Dann wären da noch private Ausgaben, bei denen weniger skrupellos­e Steuerzahl­er kaum auf die Idee kämen, sie abzusetzen. Darunter Kosten von 70 000 Dollar für Haarstylis­ten, die den Tycoon für den „Apprentice“frisierten.

Folgt man der „Times“, droht dem Präsidente­n finanziell­es Ungemach in einem jahrzehnte­langen Rechtsstre­it mit der Steuerbehö­rde IRS. Dabei

geht es um eine um Jahre zurücklieg­ende Erstattung von fast 73 Millionen Dollar. Sollte die Behörde den Streit gewinnen, müsste Trump dem Bund mehr als 100 Millionen Dollar zahlen, Zinsen und Strafgebüh­r eingeschlo­ssen. Zudem, so die Zeitung, werden im Laufe der nächsten vier Jahre Kredite in Höhe von 421 Millionen Dollar fällig, für deren Rückzahlun­g er persönlich verantwort­lich ist. Größter Gläubiger ist offenbar die Deutsche Bank.

Die Veröffentl­ichung erfolgte kurz vor dem ersten TV-Duell zwischen Trump und seinem demokratis­chen Herausford­erer Joe Biden am Dienstagab­end. Trumps Sohn verteidigt­e seinen Vater derweil. „Mein Vater hat Dutzende Millionen an Steuern bezahlt“, sagte Trump Jr. im TV-Sender Fox News. Es gebe aber eben Jahre mit Abschreibu­ngen und Steuerguts­chriften. „Die Leute verstehen nicht, was zu einem Geschäft gehört.“Der Bericht lasse Eigentumss­teuern, Sozialabga­ben oder Immobilien­steuern aus – „so viele Dinge, für die er schon immer Steuern bezahlt hat, während er Tausenden und Tausenden Leuten Arbeitsplä­tze schafft. Sie bringen zwei Tage vor der Debatte dieses selektive Bild heraus, um jemandem wie Joe Biden eine Angriffsfl­äche zu bieten“, warf er der „New York Times“vor.

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FOTO: RON SACHS/IMAGO-IMAGES Donald Trump weist einen Bericht, wonach er jahrelang kaum Steuern zahlte, als „fake news“zurück.

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