Zahlen der Arbeitslosen und Kurzarbeiter gehen leicht zurück
Heimische Firmen stellen erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie mehr Menschen ein als entlassen werden
- Die Wirtschaft im Kreis Lindau erholt sich langsam. Erstmals seit März sind die Zahlen der Arbeitslosen und der Kurzarbeiter leicht gesunken. Doch der Aufschwung ist sehr gefährdet.
Eine große Sorge treibt Björn Patzer um, deshalb schließt sich der Vize-Chef der Lindauer Arbeitsagentur den Appellen von Politikern in Land und Bund an. Eindringlich fordert er im Gespräch mit der LZ die Menschen auf, Abstand, Hygiene und Maskenpflicht einzuhalten. Denn ein Aufflammen von Corona müsse man dringend verhindern. Neuerliche Schließungen oder andere Zwangsmaßnahmen zum Gesundheitsschutz würden für einige heimische Betriebe sicher das Aus bedeuten.
Dabei zeigt die Wirtschaft im Landkreis Lindau derzeit ihre Stärke: Erstmals seit Beginn der Pandemie im März ist die Zahl der Arbeitslosen im September leicht gesunken. 1510
Frauen und Männer waren arbeitslos gemeldet, das sind 77 weniger als im August – aber immer noch 509 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote ist damit auf 3,3 Prozent gesunken.
Mit anderen Zahlen belegt Patzer, dass dieser Trend alles andere als eindeutig ist: Denn 415 Frauen und Männer haben sich im vergangenen Monat neu arbeitslos gemeldet, haben also ihre bisherige Stelle verloren. Das sind 21 mehr als vor einem Jahr, aber 38 weniger als im August. Und es sind weniger als die 491 Frauen und Männer, die arbeitslos gemeldet waren, jetzt aber doch wieder eine Stelle gefunden haben. Das sind 73 mehr als vor einem Jahr und 106 mehr als im August.
Darunter sind auch Jugendliche, die arbeitslos gemeldet waren und die sich jetzt doch zum Besuch einer weiterführenden Schule entschieden haben. Denn derzeit seien in Lindau außergewöhnlich viele junge Menschen ohne Arbeit, berichtet Patzer, das bereite ihm durchaus „Kopfzerbrechen“: 192 junge Frauen und Männer zwischen 15 und 25 Jahren waren im September arbeitslos gemeldet, das sind zwar 27 weniger als im August, aber 67 mehr als vor einem Jahr.
Niedrig ist immer noch die Zahl der gemeldeten freien Stellen. 794 freie Stellen seien gemeldet, darunter seien 203 im September neu hinzugekommene. Das sind aber 576 weniger als vor einem Jahr. Daran sehe man, wie zurückhaltend Betriebe noch bei den Einstellungen sind. Patzer erklärt das mit der Sorge der Firmenchefs vor dem weiteren Verlauf der Pandemie. Deshalb wiederholt er die Bitte, alles zu tun, um einen zweiten Lockdown oder ähnliche Maßnahmen unbedingt zu verhindern.
Andererseits verweist Patzer auf Entspannung bei der Kurzarbeit. Für September haben demnach im Landkreis Lindau nur noch sieben Firmen Kurzarbeit angezeigt, wovon 17 Frauen und Männer betroffen sind. Weil die Firmen aber einige Monate Zeit haben, bis sie endgültige Zahlen vorlegen müssen, kann Patzer nicht sagen, wie viele Menschen und Firmen derzeit von Kurzarbeit betroffen sind. Verbindliche Zahlen hat er nur für April, als 748 Betriebe im Landkreis genau 7273 Menschen in Kurzarbeit hatten. Das war ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. „Und jetzt sehen wir, dass die Kurzarbeit deutlich zurückgeht.“
Erfreut ist Stefan Fingerle, der bei der Lindauer Arbeitsagentur für Qualifizierung zuständig ist, über die verstärkten Bemühungen der heimischen Firmen hinsichtlich Umschulungen. Dabei greifen sie auf ein Förderprogramm der Bundesregierung zurück. Das ermöglicht ungelernten Mitarbeitern eine Ausbildung zum früheren Gehalt, das aber nicht die Firma bezahlt, sondern der Staat. 20 Frauen und Männer haben nach den Ferien eine entsprechende Umschulung begonnen. Hinzu kommen 14, die vor allem in der Pflege eine entsprechende schulische Ausbildung begonnen haben.
Dieses Gesetz sei bei vielen Chefs kleiner und mittelständischer Unternehmen noch unbekannt, besonders für sie sei es aber gedacht. Während größere Firmen zumindest einen Teil der Kosten tragen müssen, gelte das für Kleinbetriebe nicht, sagt Fingerle: „Wir übernehmen die Kosten der Umschulung komplett.“
Lindau bewegt sich bei der Arbeitslosigkeit weiterhin im Mittelfeld der Agenturen des Arbeitsagenturbezirks Kempten-Memmingen. Die Zahlen im Einzelnen:
Mindelheim Sonthofen Marktoberdorf Memmingen Lindau Füssen Kempten Kaufbeuren Allgäu gesamt
August Sept. 2,9 % 2,8 % 3,2 % 2,8 % 3,3 % 3,0 % 3,4 % 3,3 % 3,5 % 3,3 % 3,6 % 3,4 % 3,7 % 3,4 % 3,8 % 3,6 % 3,5 % 3,2 %