Deutschland muss noch zusammenwachsen
Zwei Drittel der Bürger sehen weiterhin große Unterschiede zwischen Ost und West
(dpa/KNA) - Vor nunmehr 30 Jahren, am 3. Oktober 1990, wurde die Deutsche Einheit vollzogen. Doch auch drei Jahrzehnte danach ist Bundeskanzlerin Angela Merkel davon überzeugt, dass das Zusammenwachsen Deutschlands auch in Zukunft eine große Aufgabe bleiben wird: „Wir werden sehr viel Kraft für einen solchen Zusammenhalt aufbringen müssen“, sagte die CDU-Politikerin nun dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Aufgabe werde sich allerdings nicht mehr auf Ost und West allein konzentrieren, betonte die Kanzlerin: „Ein Land im 21. Jahrhundert zusammenzuhalten, heißt, ein bestimmtes Maß an Gerechtigkeit für alle zu haben.“
Untermauert werden die Aussagen der Kanzlerin von einer aktuellen Umfrage. So halten knapp zwei Drittel der Deutschen das Zusammenwachsen von Ost und West noch nicht für abgeschlossen. In einer repräsentativen Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sagten 64 Prozent, dass dafür der Unterschied der Lebensverhältnisse noch zu groß sei. Nur 24 Prozent meinten dagegen, die Einheit sei vollendet. Zwölf Prozent machten keine Angaben.
In den fünf gar nicht mehr so neuen Bundesländern, die früher zur DDR gehörten, halten sogar 83 Prozent die Wiedervereinigung für unvollendet. Im Westen sind es dagegen nur 59 Prozent. Dennoch halten 60 Prozent die deutsche Einheit für eine Erfolgsgeschichte, fast jeder Dritte (29 Prozent) sieht das nicht so.
Zwischen Ost und West gibt es hier kaum einen Unterschied. Im Westen sprechen 60 Prozent von einem Erfolg, im Osten sind es 61 Prozent. Bei der Frage, wer am meisten von der Wiedervereinigung profitiert hat, gibt es indes deutliche Unterschiede. Von den Westdeutschen denken 40 Prozent, die ehemaligen DDRBürger hätten am meisten profitiert und nur sieben Prozent sehen den Westen als Hauptgewinner der Wende. Umgekehrt sehen von den Ostdeutschen nur 13 Prozent die ehemaligen DDR-Bürger als Hauptprofiteure, dafür aber 30 Prozent die Westdeutschen.
Auch beim Vermögen kann von Gleichheit keine Rede sein. Während Westdeutsche, die stets im Westen geblieben sind, über ein Haushaltsnettovermögen
von rund 250 000 Euro verfügen, liegt dieser Wert für ostdeutsche Haushalte bei 105 000 Euro.
Bei den Renten gibt es ebenfalls Diskrepanzen. Die Höhen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland erheblich. Eine Übersicht der Deutschen Rentenversicherung macht jedoch deutlich, dass die Bezüge im Osten im Schnitt geringer sind. Am höchsten sind die Renten im Schnitt im Saarland mit 1545 Euro brutto im Monat nach 35 Versicherungsjahren. Es folgt NordrheinWestfalen mit 1522 Euro. Am Ende stehen die Rentner in Thüringen mit 1292 und in Sachsen-Anhalt mit 1299 Euro. Bundesweit beträgt die durchschnittliche Bruttorente 1413 Euro.