Für Verkehrsminister Scheuer wird es eng
Zeugen im Untersuchungsausschuss bestätigen Vorwürfe
(dpa) - Eigentlich sollte es der Tag des Triumphes sein für Andreas Scheuer und seine CSU: 1. Oktober 2020, offizieller Start für die Pkw-Maut, durchgeboxt gegen alle Widerstände. Doch es kam anders. Und für den Verkehrsminister brauten sich am Donnerstag in Berlin schon länger schwelende Vorwürfe zusammen – im Untersuchungsausschuss des Bundestags, der das Vorgehen bei der geplatzten Maut klären soll. Zwei Manager der vorgesehenen Betreiber widersprachen Scheuer frontal in zentralen Punkten – sie berühren Millionenforderungen gegen den Bund und Aussagen des Ministers im Parlament. Die Opposition sieht gravierende Vorwürfe bestätigt. Für Scheuer geht es ans Eingemachte.
Dass es auf eine Marathonsitzung im Ausschuss hinauslief, war von Anfang an klar. Ungewiss war am Nachmittag allerdings, inwiefern am Abend überhaupt noch Zeit für den letzten vorgesehenen Zeugen blieb: Scheuer. Stundenlang befragten die Abgeordneten bis in den späten Nachmittag hinein zunächst drei Manager, die einst mit dem Bund in vielversprechende Geschäfte kommen wollten – und ihm jetzt in einem Schiedsverfahren um Schadenersatzforderungen von 560 Millionen Euro gegenüberstehen. Die Aussagen hatten es nicht nur dafür in sich. Für die Betreiberseite berichtete der Chef des Ticketspezialisten CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, von einem Frühstück bei Scheuer am 29. November 2018, das in der Aufklärung eine große Rolle spielt. Denn Scheuer wird vorgeworfen, die Verträge Ende 2018 geschlossen zu haben, bevor Rechtssicherheit bestand. Die Maut lag da schon beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), der sie im Juni 2019 kippte, weil sie Fahrer aus dem Ausland benachteilige. Schulenberg berichtete, er habe Scheuer damals angeboten, mit der Vertragsunterzeichnung auf das EuGH-Urteil zu warten. Das habe Scheuer aber „entschieden“abgelehnt. Der Maut-Start müsse 2020 sein, im Wahljahr 2021 sei es inakzeptabel.
„Ich sage nicht die Unwahrheit“, versicherte Schulenberg. Damit stützt er Vorwürfe der Opposition gegen Scheuer. Denn der Minister hatte im September 2019 im Bundestag auf Fragen geantwortet, ein solches Warte-Angebot sei „nicht Thema“des Gesprächs gewesen. Schulenberg berichtete weiter, dass es beim Frühstück um Fragen der Finanzierung gegangen sei. Das eigene Angebot habe damals um eine Milliarde Euro über dem vom Bundestag bewilligten Rahmen gelegen. Scheuer habe gesagt: „Schulenberg, Sie müssen was für Deutschland tun.“
Der frühere Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz widersprach den zentralen Vorwürfen gegen Ressortchef Scheuer. Ein Angebot der Betreiberseite, mit der Unterzeichnung der Verträge bis zum Urteil des EuGH zu warten, habe es seiner Erinnerung nach bei einem Treffen am 29. November 2018 nicht gegeben, sagte Schulz am Donnerstagabend aus.