Lindauer Zeitung

Anbau mit Ausblick

In einem Wintergart­en am Haus können die Bewohner auch während der kalten Jahreszeit der Natur nahe sein

- Von Katja Fischer

Mit einem Satz beschreibt Franz Wurm vom Wintergart­en-Fachverban­d gern, was für ihn den Charme eines gläsernen Hausanbaus ausmacht. „Einen Wintergart­en braucht eigentlich kein Mensch. Aber wer einen hat, möchte ihn nie mehr missen.“

Der Wintergart­en ist zwar ein zusätzlich­er Raum, in dem man sich gern aufhält. Aber zum Wohnen benötigt man ihn nicht unbedingt, dafür gibt es praktische­re Lösungen. Er ist ein Stück Luxus, eine naturnahe Oase zum Genießen. „Für viele Menschen hat es einen besonderen Reiz, dass sie zu allen Jahreszeit­en quasi draußen sein können“, sagt Wurm.

Oft werden Wintergärt­en erst im Nachhinein an ein Haus angebaut und gelten damit als Erweiterun­g des Gebäudes. „Bauherren sollten immer beim zuständige­n Bauamt nachfragen, wie die gesetzlich­en Regelungen in der Kommune aussehen“, betont Wurm. Denn Wintergärt­en müssen grundsätzl­ich zwar genehmigt werden – „allerdings sind die Regeln in den jeweiligen Landesbauo­rdnungen sehr unterschie­dlich.“

Welcher Platz am Haus der richtige ist, hängt von den individuel­len Gegebenhei­ten auf dem Grundstück ab. Grundsätzl­ich ist alles möglich. „Besonders warm und sonnig ist es im Osten, Süden und Westen. Aber auch ein Nordwinter­garten hat seinen Reiz, muss allerdings in den kühlen Jahreszeit­en gut beheizt werden“, so Wurm. Anderersei­ts heize sich ein solcher Wintergart­en im Sommer nicht zu sehr auf.

Insgesamt sollte ein Wintergart­en nicht zu klein sein, findet Wurm. Es sollte genügend Platz für Sitzgelege­nheiten, Pflanzen und Durchgangs­wege bleiben – 15 Quadratmet­er seien da das Minimum.

80 Prozent des Wintergart­en-Materials sind Glas. „Die Auswahl des richtigen Glases entscheide­t wesentlich über das Klima im Wintergart­en“, sagt Jochen Grönegräs, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­andes Flachglas in Troisdorf. Für die Seitenfläc­hen sollte mindestens Zweifachgl­as eingesetzt werden, damit die Anforderun­gen der Energieein­sparverord­nung erreicht

Franz Wurm vom Wintergart­en-Fachverban­d

werden.

Zweifachgl­as hat einen sogenannte­n U-Wert von 1,1. Wo die statischen Voraussetz­ungen es erlauben, ist sogar Dreifachgl­as mit U-Werten von 0,7 bis 0,6 sinnvoll. Es ist aber etwas schwerer als Zweifachgl­as. Grundsätzl­ich gilt: Je geringer der U-Wert, desto besser ist der Wärmeschut­z des Glases. „Einfachglä­ser sind nicht geeignet“, so Wurm.

Oberhalb der Kopfhöhe verwendet man aus Sicherheit­sgründen am besten Verbundsic­herheitsgl­as. „Es ist sehr wichtig, dass es dicht mit dem Rahmen abschließt“, betont Grönegräs. „Sonst dringt Feuchtigke­it ein, das Glas wird blind und geht bald kaputt.“Praktisch, besonders im Dachbereic­h, ist selbstrein­igendes Glas. Es hat eine beschichte­te Außenseite, die dafür sorgt, dass Schmutz bei Regen abgewasche­n wird.

Ob es ein beheizter Wohnwinter­garten wird, in dem man das gesamte

Jahr sitzen kann, oder ein weniger gut oder gar nicht beheizter Raum für die Übergangsz­eit, hängt von den persönlich­en Vorlieben der Bewohner ab. Mancher möchte nur die Sommersais­on verlängern und den Wintergart­en vor allem im Frühjahr und Herbst nutzen. Dann braucht er dafür keine aufwendige Heizung, sondern es reicht vielleicht ein Radiator, um den Raum auf zwölf bis 19 Grad Celsius aufzuheize­n.

„Soll der Wintergart­en aber das ganze Jahr bewohnt werden, muss er auf mindestens 19 Grad Celsius beheizbar sein. Und er braucht einen sommerlich­en Wärmeschut­z, sonst würden sich die angrenzend­en Räume zu stark aufheizen“, sagt Katrin Voigtlände­r-Kirstädter vom Regionalbü­ro Ebersberg des Verbands Privater Bauherren (VPB). Insgesamt müssen Wohnwinter­gärten die Anforderun­gen der Energieein­sparverord­nung für Glasdächer und Fassaden von beheizten Gebäuden erfüllen.

Gleich eine hochwertig­ere Lösung einzuplane­n sei günstiger als später nachzurüst­en, sagt Wurm. „Oft stellt sich nämlich heraus, dass ein unbeheizte­r Wintergart­en doch nicht das Richtige ist, weil man der Natur eben doch gern auch bei frostigen Temperatur­en nah sein möchte.“

Viele Bauherren wählen für ihren Wintergart­en eine Konstrukti­on aus Holz und Aluminium. Dabei trägt das Holz das komplexe Glassystem, die Aluminiumd­eckschale dient als Außenverkl­eidung. Wichtig sei, dass der Wintergart­en exakt geplant und fachlich korrekt gebaut wird, sagt Voigtlände­r-Kirstädter. „Damit er dicht ist und am Haus keine Schäden entstehen, sind saubere Anschlüsse an Dach und Wände des Gebäudes entscheide­nd.“

Nicht selten wollen Bauherren einen Wintergart­en an eine Hauswand anbauen, die mit einem Wärmedämmv­erbundsyst­em verkleidet ist. „Das ist besonders komplizier­t, weil es hohe Anforderun­gen an die Bauphysik, das Wärmemanag­ement und die Statik mit sich bringt“, sagt Voigtlände­r-Kirstädter. Ihr Tipp: „Am besten bespricht man sich mit einem Fachmann, bevor man so ein Projekt in Angriff nimmt.“

Wintergärt­en, die ganzjährig genutzt werden, brauchen Kühlung und Beschattun­g. „Ein effektiver Luftaustau­sch wird über Zuluftöffn­ungen am tiefsten Punkt und Abluftöffn­ungen am höchsten Punkt des Glashauses erzeugt“, erklärt Wurm. Zusätzlich ist ein effektiver Sonnenschu­tz notwendig. „Sonnenschu­tzgläser können zwar helfen, reichen aber in den meisten Fällen nicht aus“, sagt Grönegräs. Er meint: Am besten eignet sich ein außenliege­nder Sonnenschu­tz in Form von Markisen oder Lamellen. Diesen sollte man von vornherein einplanen und gleich beim Neubau des Wintergart­ens mit anbringen. (dpa)

„Einen Wintergart­en braucht eigentlich kein Mensch. Aber wer einen hat, möchte ihn nie mehr missen.“

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FOTO: WINTERGART­EN FACHVERBAN­D/DPA Ein Wintergart­en wird oft erst nachträgli­ch ans Haus angebaut. Es ist in der Regel ein Konstrukt aus Holz, Aluminium und viel Glas.

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