Radeln wie Gott in Franken
Presssack, Quärkla und Bier – Eine Wirtshausradtour durchs Fichtelgebirge bietet bayerische Schmankerl
Woran erkennt man einen Fichtelgebirgler? Dass er überall, wo er hinkommt, das Geschirr umdreht. Teller, Schüsseln, Tassen. Diese Marotte erzählen die Menschen aus der nordbayerischen Region gerne über sich selbst.
Haben die nicht mehr alle Tassen im Schrank? Nun, der eigentümlich anmutende Geschirrcheck hat einen simplen Grund: Im Fichtelgebirge war einst das Who’s Who der Porzellanhersteller ansässig, die Region lebte vom weißen Gold. Bis die Porzellanindustrie Ende des vergangenen Jahrtausends zusammenbrach. Doch Namen wie Rosenthal, Hutschenreuther oder Arzberg stehen nach wie vor für eine große Tradition. Noch immer haben 80 Prozent des hierzulande in der Gastronomie verwendeten Geschirrs ihren Ursprung im Fichtelgebirge, wenngleich die Fabrikation weitgehend verlagert wurde.
Dem Tourismus fällt deshalb wieder eine wichtigere Rolle zu. Die Dörfer und Städte wirken beschaulich und malerisch, die Landschaft friedvoll und in der Natur finden sich viele ruhige Nischen. Im Fichtelgebirge produziert außerdem einer der größten deutschen Hersteller für EBikes. Fahrrad und Fichtelgebirge – eine kongeniale Kombination, wie man zum Beispiel auf einer Wirtshausradtour feststellen kann.
Auf einer solchen gibt es allerhand Gelegenheit, Geschirr umzudrehen. Das Fichtelgebirge liegt zu größten Teilen im nordbayerischen Regierungsbezirk Oberfranken, wo es die angeblich weltweit höchste Dichte an Brauereien, Bäckereien und Metzgereien gibt, viele familiengeführt. Diese liefern allerlei für eine typische fränkische Brotzeit, zum Beispiel den Quärkla – ein herzhafter Sauermilchkäse – oder Presssack, die süddeutsche Version des Schwartenmagens.
Die unterschiedlichen Wirtshausradtouren wurden nach regionalen Spezialitäten benannt. Die rund fünfstündige Presssacktour bietet neben vielen kulinarischen auch reichlich landschaftliche und kulturelle Eindrücke. Sie führt durch das Kernland des Fichtelgebirges. Wir starten die Runde nahe Weißenstadt, wo sich ein größerer Freizeitsee sowie ein Thermalbad befinden. Auf einer alten Bahntrasse geht es gemütlich in Richtung Kirchenlamitz. Auf der stillgelegten Strecke wurde einst hochwertiger Granit aus dem Fichtelgebirge abtransportiert und anschließend in alle Himmelsrichtungen verschifft. Gebäude in der ganzen Welt wurden aus dem wertvollen Gestein gebaut – von Chicago bis Peking. An einem imposanten Granitlabyrinth klären Schautafeln über die Geschichte auf. Wer will, begibt sich in den steinernen Irrgarten. Apropos Labyrinth: Das Radwegenetz im Fichtelgebirge ist hervorragend ausgeschildert, verirren sollte sich niemand.
Die Presssacktour führt außerdem direkt durch die Gegend, in der Donald Duck Deutsch gelernt hat. Richtig gehört, die Übersetzerin Erika Fuchs lebte in Schwarzenbach an der Saale und baute viele Ortsnamen der Umgebung in die Comics ein. Ihr zu Ehren gibt es dort ein interaktives Comic-Museum.
Hechel, hechel, schnauf, schnauf. Für Radler locken entlang der ganzen Strecke einige Möglichkeiten, einzukehren. Wir entscheiden uns gegen Ende der Tour für ein Wirtshaus, das sich etwas abseits der Route befindet – etwa vier Kilometer südlich von Zell im Fichtelgebirge liegt der Weiler Walpenreuth. Im dortigen Landgasthof Grüner Wald wird Presssack serviert sowie handgemachter Quärkla, nach dem Originalrezept von Urgroßmutter Lina. Wirtin Yvonne Kreuzer lacht: „Das erste, das mir meine Schwiegermutter beigebracht hat, war die Herstellung von Quärkla.“Dazu ein Seidl mit fränkischem Bier und man fühlt sich wie Gott in Franken: schnauf, schnauf, schluck, schluck, mampf, mampf.
Allgemeine Informationen u. a. Streckenbeschreibungen der Radtouren gibt es bei der Tourismuszentrale Fichtelgebirge: www.fichtelgebirge.bayern Radverleih: Neue, gut gewartete
E-Bikes und freundlicher Service bei Fichtelrad in Weißenstadt, www.fichtelrad.de
Essen: Deftige Landküche und fränkische Brotzeiten im Landgasthof Grüner Wald in Walpenreuth, www.landgasthof-gruenerwald.de Übernachten: Zimmer und Ferienappartements im Logierhaus in Bad Alexandersbad, zu finden unter www.das-logierhaus.de, nur wenige Gehminuten vom
Alexbad, www.alexbad.de
Die Recherche wurde unterstützt von der Tourismuszentrale Fichtelgebirge e. V.