Sorgen um die medizinische Versorgung im Landkreis
Asklepios-Klinik Lindau betreibt die letzte Geburtshilfe – Arzt und Kreisrat fürchtet um die Zukunft der beiden Klinikstandorte
- Wie steht es um die Asklepios-Klinik in Lindau? Die Situation des 110-Betten-Hauses hat Geschäftsführer Boris Ebenthal im Kreistag geschildert. Den Kreisräten ging es dabei auch um die medizinische Versorgung im Westallgäu und die Zukunft der Kliniklandschaft.
Das Lindauer Krankenhaus ist seit 2008 Teil des Asklepios-Konzerns. Die Immobilie gehört aber nach wie vor dem Landkreis. Ein Grund, weshalb Landrat Elmar Stegmann Aufsichtsratsvorsitzender der Klinik GmbH ist. Diese hat laut Ebenthal im vergangenen Jahr einen Verlust in Höhe von 700 000 Euro eingefahren.
Das liege vor allem an den Investitionen der vergangenen Jahre. Da hat Asklepios – gefördert vom Freistaat – 30 Millionen Euro unter anderem in eine neue Intensivstation, Zentralsterilisation und einen Aufwachraum investiert. Genaue Zahlen zur Wirtschaftlichkeit heuer konnte Ebenthal auf Nachfrage des CSU-Fraktionssprechers Uli Pfanner nicht nennen. Er gehe aber davon aus, dass die Klinik ihre Ziele verfehlen werde. Grund ist die Corona-Pandemie.
Im März sind die Patientenzahlen an der Klinik eingebrochen. Nachdem Asklepios zunächst planbare Operationen verschoben hatte, ist das Haus schon länger wieder in den Regelbetrieb zurückgekehrt. Allerdings haben manche Patienten aus Angst auf einen Aufenthalt in der Klinik verzichtet. „Das Leiden ist teilweise größer geworden“, sagte Ebenthal mit Blick auf die medizinischen Folgen.
Die Asklepios-Klinik bietet die einzige Geburtshilfe im Landkreis. 380 bis 400 Kinder kommen dort im Jahr zur Welt. Zu wenig, damit die Abteilung wirtschaftlich arbeiten kann. Dafür sind nach Auskunft von Fachleuten etwa 1000 Babys nötig. „Die werden wir nie haben“, räumte Ebenthal auf Nachfrage von Johannes Buhmann ein. Der Gestratzer Altbürgermeister wünscht sich, dass Asklepios die Werbetrommel für die Geburtshilfe rührt. Sie sei „zu wenig bekannt im Westallgäu“. Viele Mütter würden ihre Kinder in Wangen, Kempten oder Bregenz zur Welt bringen. Das ist nicht ganz unbedeutend: 90 Prozent des Defizits der Geburtshilfe, das Asklepios nachweisen kann, übernehmen der Landkreis beziehungsweise der Freistaat. Für 2019 waren das über eine Million Euro.
Asklepios hat in Lindenberg mit zwei niedergelassenen Orthopäden ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gegründet. Als „große Schädigung“der Orthopädie in der Lindenberger Rotkreuzklinik sieht das Ebenthal nicht, wie der Geschäftsführer auf Nachfrage von Markus Eugler und Karl Schweizer erklärte. Es handele sich um „zwei verschiedene Angebote“. Das MVZ habe ambulante Behandlungen im Blick, die Klinik dagegen stationäre.
Kreisrat Harald TegtmeyerMetzdorf äußerte seine Sorge um die medizinische Versorgung im Landkreis. Die breche in manchen Bereichen zusammen. Im Westallgäu gebe es kaum noch Hausärzte, in Lindau keinen Diabetologen mit Kassenzulassung, und auch das Gesundheitsamt in Lindau verfüge aktuell über „keinen einzigen“Arzt. Es sei „extrem wichtig, die Kliniken vor Ort zu halten“, sagte der Kinderarzt angesichts der Diskussion um die Konzentration von Krankenhäusern. Widerspruch gab es keinen. Landrat Stegmann verwies auf die Diskussionen um eine Studie der BertelsmannStiftung. Sie empfiehlt, die Zahl der Akutkliniken in Deutschland von 1400 auf 600 zu verringern. Das sei aber „nicht die Politik, die der Freistaat verfolgt oder die Landkreise“. Die Landräte stünden dafür, die medizinische Versorgung vor Ort aufrechtzuerhalten.
Asklepios führt mit anderen Klinikbetreibern Gespräche über Möglichkeiten einer Zusammenarbeit. Dazu gehört auch die Rotkreuzklinik in Lindenberg, erklärte Ebenthal auf Nachfrage von Markus Eugler. Wie es grundsätzlich mit der Zahl der Kliniken weitergeht, dazu wollte Ebenthal keine Prognose abgeben. In der Pandemie habe es sich gezeigt, dass viele Klinikstandorte „nicht schlecht sind“.
Es sei aber ein Problem, genügend qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Wie die Krankenhauslandschaft sich verändere, werde sich zeigen. „Einfluss auf die Krankenhausplanung haben wir nicht.“