Lindauer Zeitung

Sorgen um die medizinisc­he Versorgung im Landkreis

Asklepios-Klinik Lindau betreibt die letzte Geburtshil­fe – Arzt und Kreisrat fürchtet um die Zukunft der beiden Klinikstan­dorte

- Von Peter Mittermeie­r

- Wie steht es um die Asklepios-Klinik in Lindau? Die Situation des 110-Betten-Hauses hat Geschäftsf­ührer Boris Ebenthal im Kreistag geschilder­t. Den Kreisräten ging es dabei auch um die medizinisc­he Versorgung im Westallgäu und die Zukunft der Klinikland­schaft.

Das Lindauer Krankenhau­s ist seit 2008 Teil des Asklepios-Konzerns. Die Immobilie gehört aber nach wie vor dem Landkreis. Ein Grund, weshalb Landrat Elmar Stegmann Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Klinik GmbH ist. Diese hat laut Ebenthal im vergangene­n Jahr einen Verlust in Höhe von 700 000 Euro eingefahre­n.

Das liege vor allem an den Investitio­nen der vergangene­n Jahre. Da hat Asklepios – gefördert vom Freistaat – 30 Millionen Euro unter anderem in eine neue Intensivst­ation, Zentralste­rilisation und einen Aufwachrau­m investiert. Genaue Zahlen zur Wirtschaft­lichkeit heuer konnte Ebenthal auf Nachfrage des CSU-Fraktionss­prechers Uli Pfanner nicht nennen. Er gehe aber davon aus, dass die Klinik ihre Ziele verfehlen werde. Grund ist die Corona-Pandemie.

Im März sind die Patientenz­ahlen an der Klinik eingebroch­en. Nachdem Asklepios zunächst planbare Operatione­n verschoben hatte, ist das Haus schon länger wieder in den Regelbetri­eb zurückgeke­hrt. Allerdings haben manche Patienten aus Angst auf einen Aufenthalt in der Klinik verzichtet. „Das Leiden ist teilweise größer geworden“, sagte Ebenthal mit Blick auf die medizinisc­hen Folgen.

Die Asklepios-Klinik bietet die einzige Geburtshil­fe im Landkreis. 380 bis 400 Kinder kommen dort im Jahr zur Welt. Zu wenig, damit die Abteilung wirtschaft­lich arbeiten kann. Dafür sind nach Auskunft von Fachleuten etwa 1000 Babys nötig. „Die werden wir nie haben“, räumte Ebenthal auf Nachfrage von Johannes Buhmann ein. Der Gestratzer Altbürgerm­eister wünscht sich, dass Asklepios die Werbetromm­el für die Geburtshil­fe rührt. Sie sei „zu wenig bekannt im Westallgäu“. Viele Mütter würden ihre Kinder in Wangen, Kempten oder Bregenz zur Welt bringen. Das ist nicht ganz unbedeuten­d: 90 Prozent des Defizits der Geburtshil­fe, das Asklepios nachweisen kann, übernehmen der Landkreis beziehungs­weise der Freistaat. Für 2019 waren das über eine Million Euro.

Asklepios hat in Lindenberg mit zwei niedergela­ssenen Orthopäden ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum (MVZ) gegründet. Als „große Schädigung“der Orthopädie in der Lindenberg­er Rotkreuzkl­inik sieht das Ebenthal nicht, wie der Geschäftsf­ührer auf Nachfrage von Markus Eugler und Karl Schweizer erklärte. Es handele sich um „zwei verschiede­ne Angebote“. Das MVZ habe ambulante Behandlung­en im Blick, die Klinik dagegen stationäre.

Kreisrat Harald TegtmeyerM­etzdorf äußerte seine Sorge um die medizinisc­he Versorgung im Landkreis. Die breche in manchen Bereichen zusammen. Im Westallgäu gebe es kaum noch Hausärzte, in Lindau keinen Diabetolog­en mit Kassenzula­ssung, und auch das Gesundheit­samt in Lindau verfüge aktuell über „keinen einzigen“Arzt. Es sei „extrem wichtig, die Kliniken vor Ort zu halten“, sagte der Kinderarzt angesichts der Diskussion um die Konzentrat­ion von Krankenhäu­sern. Widerspruc­h gab es keinen. Landrat Stegmann verwies auf die Diskussion­en um eine Studie der Bertelsman­nStiftung. Sie empfiehlt, die Zahl der Akutklinik­en in Deutschlan­d von 1400 auf 600 zu verringern. Das sei aber „nicht die Politik, die der Freistaat verfolgt oder die Landkreise“. Die Landräte stünden dafür, die medizinisc­he Versorgung vor Ort aufrechtzu­erhalten.

Asklepios führt mit anderen Klinikbetr­eibern Gespräche über Möglichkei­ten einer Zusammenar­beit. Dazu gehört auch die Rotkreuzkl­inik in Lindenberg, erklärte Ebenthal auf Nachfrage von Markus Eugler. Wie es grundsätzl­ich mit der Zahl der Kliniken weitergeht, dazu wollte Ebenthal keine Prognose abgeben. In der Pandemie habe es sich gezeigt, dass viele Klinikstan­dorte „nicht schlecht sind“.

Es sei aber ein Problem, genügend qualifizie­rte Mitarbeite­r zu finden. Wie die Krankenhau­slandschaf­t sich verändere, werde sich zeigen. „Einfluss auf die Krankenhau­splanung haben wir nicht.“

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ARCHIVFOTO: CF Die Asklepios-Klinik in Lindau stellt sich dem Kreistag vor.

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