Wachsende Uneinigkeit
Krankenkassen, Ärzteverbände und Wirtschaft kritisieren Corona-Politik – Bundesweite Regeln gefordert
-In der Beurteilung der aktuellen Corona-Lage gibt es zunehmend Uneinigkeit zwischen Politik, Krankenkassen, Ärzteverbänden und der Wirtschaft. Während Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, „wir haben fünf vor zwölf“, man dürfe sich die Lage „nicht länger schönreden“, warnte der oberste Vertreter der 150 000 niedergelassenen Ärzte in Deutschland, Andreas Gassen, vor „falschem Alarmismus“. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kritisierte Warnungen, die Pandemie gerate außer Kontrolle, als irreführend. Für Doris Pfeiffer, Vorstandschefin des GKV-Spitzenverbandes, der Dachorganisation aller 105 gesetzlichen Krankenkassen, ist „Panikmache genauso fatal wie Sorglosigkeit oder das Akzeptieren eines Gewöhnungseffektes“. Tatsächlich entscheide sich in diesen Tagen und Wochen, ob Deutschland gut durch Herbst und Winter komme. Dabei gelte aber: „Nicht kleinreden, nicht großreden, sondern nüchtern betrachten und sorgfältig entscheiden. Jeden Tag, Schritt für Schritt“, sagte Pfeiffer. Unruhe herrscht auch bei Wirtschaftsverbänden, so in Bezug auf die kurzfristig verhängten innerdeutschen Beherbergungsverbote für Bewohner aus Risikogebieten. Der Präsident des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, kritisierte „unkoordinierte Regelungen“bei den Übernachtungsverboten. Schließlich hätten die Betriebe in der Tourismuswirtschaft sichere Hygienekonzepte ausgearbeitet. Die Hauptgeschäftsführerin
des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Ingrid Hartges, bezeichnete es als „völlig unbefriedigend, dass wir keine bundeseinheitlichen Regelwerke haben“. Es müsse „dringend mehr Einheitlichkeit her“. Auch Andreas Gassen hatte die „Regelungswut“der Bundesländer als kontraproduktiv kritisiert. Innerdeutsche Reisen seien eine „Pseudogefahr“. Mit den vielen nicht nachvollziehbaren Regelungen verliere man „eventuell die Akzeptanz für die Maßnahmen, die wirklich etwas bringen“.