„Er war einfach so dominant“
Weltmeister Lewis Hamilton zieht mit Sieg Nr. 91 mit Michael Schumacher gleich
(SID) - Lewis Hamilton hielt diesen ikonischen feuerroten Helm in Händen, zeigte ihn stolz den applaudierenden Fans am Nürburgring und rang nach Worten. Michael Schumachers Sohn Mick hatte dem unersättlichen Formel-1-Rekordjäger nach seinem 91. Sieg in einer großen Geste dieses Stück Motorsportgeschichte übergeben – und Hamilton sichtlich emotional zurückgelassen.
„Ich hätte nie gedacht, dass jemand Michaels Rekorde bricht. Und nun bin ich es. Ich werde eine Weile brauchen, das zu verarbeiten“, sagte Hamilton, nachdem er in der Heimat des legendären Kerpeners nach Siegen mit diesem gleichgezogen hatte: „Wenn man aufwächst, jemandem zuschaut und dessen Qualität als Fahrer Woche für Woche sieht – er war einfach so dominant.“
Womöglich kommt es schon bald zu einem weiteren Geschenk des Schumacher-Clans an den 35-jährigen Briten, denn auch Michaels Marke von sieben WM-Titeln ist für Hamilton zum Greifen nah: In der Fahrerwertung hat der sechsmalige Champion nun satte 69 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Valtteri Bottas, der seinen Mercedes wegen Motorproblemen abstellen musste. Damit kann der Finne bei sechs verbleibenden Rennen aus eigener Kraft nicht mehr an Hamilton vorbeiziehen.
Hamilton gewann den Großen Preis der Eifel vor Red-Bull-Pilot Max Verstappen (Niederlande) und dem Australier Daniel Ricciardo, der Renault den ersten Podestplatz seit dem Formel-1-Comeback 2016 bescherte. Sebastian Vettel dagegen erlebte beim Heimspiel als Elfter ein weiteres Debakel, Joker Nico Hülkenberg fuhr „aus kalter Hose“, wie er sagte im Racing Point von Startplatz 20 auf acht vor, erneut ein starkes Ergebnis.
„Ich denke nicht an den Schumacher-Rekord“, sagte der an diesem Wochenende bedrückt wirkende Hamilton noch am Samstag. Zwei Corona-Fälle gab es in der Mercedes-Crew, sechs Teammitglieder wurden vorsichtshalber ausgetauscht. Im Rennen aber war wieder „Hammertime“.
15 000 Tickets verkaufte der Nürburgring, das stimmige Hygiene-Konzept ermöglichte den bislang zweitbesten Besuch in der Corona-Saison. Doch die Fans sahen ein eher eintöniges Rennen – auch, weil das unberechenbare Eifelwetter doch nicht zum Faktor wurde.
Bottas behauptete beim Start in einem haarigen Zweikampf die Führung vor Hamilton. In der 13. von 60 Runden verbremste sich der WM-Zweite aber folgenschwer. Bottas musste nicht nur Hamilton passieren lassen,
Mick Schumacher über den verlorenen Rekord seines Vaters
sondern ruinierte sich auch seine Reifen. Der Sieg war für ihn nach seinem ungeplanten Boxenstopp außer Reichweite, vier Runden später platzten wohl auch seine letzten WM-Träume: „Ich habe keine Power“, funkte Bottas. Wagen um Wagen zog an ihm vorbei, dann stellte der 31-Jährige seinen nachtschwarzen Silberpfeil ab.
Vettel, Sieger des bis dato letzten Nürburgring-GP im Jahr 2013, leistete sich einen heftigen Verbremser in der elften Runde und kam ebenfalls früher als geplant zum Reifenwechsel. Bei neun Grad Lufttemperatur (Asphalt: 15 Grad) baute sein zweiter Satz früh ab, sodass er am Ende die Punkteränge knapp verpasste.
Besser machte es der Emmericher Hülkenberg, der am Samstagmittag spontan den erkrankten Kanadier Lance Stroll ersetzt hatte. „Ich bin megahappy, es hat alles super gepasst“, resümierte er nach seinem dritten Saisoneinsatz als Ersatzmann.
Vettels langjähriger Ferrari-Weggefährte Kimi Räikkönen, seit 19 Jahren in der Formel 1, avancierte am
Sonntag mit seinem 323. Grand-PrixStart zum alleinigen Formel-1-Rekordhalter vor dem Brasilianer Rubens Barrichello. Der 40 Jahre alte Finne, der als Vorletzter direkt vor Hülkenberg gestartet war, hatte seine auffälligste Szene, als er mit seinem Alfa Romeo den Williams von George Russell (England) abschoss.
Mit Argusaugen beobachtete Mick Schumacher das Geschehen. Der 21Jährige, dessen Formel-1-Trainingsdebüt am Freitag vom Nebel über der Strecke verhindert wurde, blieb das gesamte Wochenende bei Alfa Romeo und erhaschte tiefe Einblicke ins Innenleben seines allem Anschein nach künftigen Teams. Dass der Sieg-Rekord seines Vaters an Hamilton ging, sieht Deutschlands größtes Renntalent sportlich: „Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden. Wenn es Lewis gelingt, ist es die Aufgabe der anderen Fahrer, diesen Rekord zu brechen.“
„Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden. Wenn es Lewis gelingt, ist es die Aufgabe der anderen Fahrer, diesen Rekord zu brechen.“