Lindauer Dornier streicht 116 Stellen bis Ende 2022
Während die Folienmaschinen sehr gefragt sind, ist die Nachfrage nach Webmaschinen weltweit eingebrochen
- Corona beschleunigt auch in der Textilindustrie den weltweiten Strukturwandel. Die Lindauer Dornier ist hart getroffen. Weil kaum jemand Webmaschinen kauft, baut der Maschinenbauer 116 Vollzeitstellen ab.
953 Mitarbeiter beschäftigen die Lindauer Dornier derzeit. 728 stellen im Lindauer Werk vor allem Webmaschinen her. 225 fertigen in der Niederlassung in Esseratsweiler Folienreckmaschinen. Während das Geschäft mit den Folien boomt, ist die weltweite Nachfrage in der Textilindustrie eingebrochen, wie Geschäftsführer Hans-Jürgen Schmidt im Gespräch mit der LZ erläutert. Dabei ist Corona nicht der Auslöser für diese Krise, die Pandemie hat den Prozess aber enorm beschleunigt.
Wenn in aller Welt die Bekleidungsgeschäfte über Wochen hinweg geschlossen bleiben müssen, brechen die Umsätze nicht nur bei den Einzelhändlern ein, sondern auch bei den Herstellern. Die wiederum bestellen dann weniger Stoffe. Und das bedeutet, dass die Textilproduktion zurückfährt. Diese Firmen wiederum bestellen keine neuen Maschinen und brauchen kaum Ersatzteile oder verwenden sogar Ersatzteile aus stillgelegten Maschinen. Und das trifft eben die Lindauer Dornier, die kaum mehr Webmaschinen und drastisch weniger Verschleißteile als üblich verkaufen können.
Zum Glück hat das Unternehmen vor Jahren ein zweites Standbein aufgebaut, sagt Schmidt und verweist auf die Folienreckmaschinen, die im Werk Esseratsweiler entstehen und die weltweit sehr gefragt sind. Die Auftragslage ist sehr gut, die Fertigung ist bis zum Ende des kommenden Jahres sicher voll ausgelastet. Danach folgt die Montage, sodass der Umsatz bis Jahresende 2022 gesichert ist. „Wir sind Weltmarktführer bei Polyesterfolien“, sagt Schmidt stolz und verweist auf etwa 60 Prozent Anteil am Weltmarkt.
Die Lindauer Dornier hat deshalb bereits im vergangenen Jahr 30 Mitarbeiter aus dem Lindauer Werk nach Esseratsweiler versetzt, um den Bereich der Folienanlagen zu verstärken. Dazu gehört auch der jüngst berichtete Schritt, die Sägerei und das Stahllager zur Firma Thomann nach Hergatz auszulagern. Das schafft die Voraussetzung, um Arbeitsabläufe effizienter zu machen.
Doch diese Umstellungen reichen laut Schmidt nicht aus, um die Auftragsrückgänge bei den Webmaschinen auszugleichen. Dort herrscht bereits seit dem vergangenen Jahr, also schon vor Corona, Kurzarbeit. Aber das sei keine Dauerlösung. Schmidt kündigt deshalb einen erheblichen Personalabbau an. Bis zum Jahresende 2022 werde die Lindauer Dornier 116 Stellen streichen. „Wir wollen das möglichst sozialverträglich machen“, ergänzt Schmidt und berichtet von Gesprächen mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan.
Von den 953 Mitarbeitern der Lindauer Dornier sind 318 so alt, dass sie spätestens in zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Schmidt hofft nun, dass manch einer dieser Gruppe vorzeitig in den Ruhestand geht, wenn das Unternehmen zumindest einen Teil der zu erwartenden Renteneinbuße ausgleicht. Etwa zwei Drittel des Stellenabbaus würde Schmidt gern auf diese Weise regeln. Andernfalls müsste die Lindauer Dornier mehr betriebsbedingte Kündigungen aussprechen als geplant.
Froh ist Schmidt, dass es sich bei der Lindauer Dornier um ein gesundes und schuldenfreies Unternehmen handelt. Denn das sichert die Existenz der Firma, die trotz der großen Krise nicht gefährdet sei. Denn Corona hat die Lindauer Dornier auf vielfältige Weise getroffen. Sieben Mitarbeiter waren seit dem März mit Corona infiziert. Insgesamt 115 Frauen und Männer der Belegschaft waren mindestens einen Tag lang in Quarantäne, weil sie privat oder beruflich Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatten. 120 Mitarbeiter sind zum Teil bis heute im Homeoffice. Weil das in der Fertigung nicht geht, wurden dort Dienst- und Schichtpläne geändert, Arbeitsplätze neu eingerichtet und Maskenpflicht eingeführt, wo der Mindestabstand nicht möglich ist. All das soll die Gefahr gegenseitiger Ansteckung verhindern.
Die größten Probleme hat der fehlende Luftverkehr gebracht. Denn Monteure waren im Frühjahr dabei, die hundert Millionen Euro teure Maschinen eines Kunden in China aufzubauen. Doch zuerst mussten die Mitarbeiter ausreisen, und dann gab es keine Flüge mehr nach China. „In unserer Not haben wir einen Privatjet gechartert“, berichtet Schmidt. Mit Zwischenlandung kamen acht Monteure so wieder auf die Baustelle. Später hat die Lindauer Dornier mit anderen deutschen Firmen zusammen Sonderflüge organisiert. Nur so konnte das Unternehmen den Auftrag sicherstellen und nach vielen Wochen Pause die Montage wieder aufnehmen. Damit verschiebt sich der Umsatz zwar, aber er kommt.