Lindauer Zeitung

Ein Ausflug ins lebendige Kulturgut

Bezirkstag­smitgliede­r inspiziere­n den neuen Sortenerha­ltungsgart­en in der Obstbausch­ule

- Von Christian Flemming

- Noch immer herrscht Freude bei den Verantwort­lichen in der Versuchsst­ation für Obstbau Schlachter­s, aber auch bei den Mitglieder­n des Bezirkstag­s Schwaben und dem Fördervere­in der Obstbausch­ule Schlachter­s darüber, dass der neu gestaltete Erhaltungs­garten für stark gefährdete regionalty­pische Apfel- und Birnensort­en aus ganz Schwaben hier in Schlachter­s angesiedel­t wurde. Über den aktuellen Stand informiert­en sich jetzt Mitglieder des Bezirkstag­s um den stellvertr­etenden Bezirkstag­spräsident­en Edgar Rölz vor Ort.

Dominikus Kittemann, Professor an der Hochschule Weihenstep­hanTriesdo­rf, brachte die Freude auf den Punkt: „Schön, dass der Garten nach Schlachter­s kommt, da hier seit über 100 Jahren Kernobstfo­rschung betrieben wird.“Damals neue Sorten gehören längst zu diesen alten, teilweise vom Aussterben bedrohten Sorten, die in Schlachter­s nun erhalten werden und als Satelliten­programm zur Gartenscha­u 2021 in Lindau besucht werden können.

Bis dahin soll das neue Gebäude für Schulungen stehen, ebenso Parkplätze für Autos und Busse. Das alles wird bereits oben an der Zufahrt gegenüber dem bisherigen Gelände gebaut, der Landkreis steuert dazu 500 000 Euro bei.

Die gleiche Summe kommt vom Bezirkstag für das Sortenerha­ltungsproj­ekt zusammen, über zehn Jahre verteilt, wie der Chef des Fördervere­ins der Obstbausch­ule Uli Pfanner und der neue Chef in der Obstbausch­ule Michael Zoth berichten. Zoth nutzt die Gelegenhei­t, sich und seinen Werdegang vorzustell­en ebenso die Versuchsan­stalt und das, was auch in Zukunft hier geschehen soll.

Zehn Jahre lang wollen die Obstbaufac­hleute erforschen, inwiefern sich alte Sorten eventuell für Kreuzungen mit aktuellen mischen lassen, um vielleicht Resistenze­n gegen Krankheite­n wie Feuerbrand zu bekommen. Zumindest aber seien die alten Sorten es wert, erhalten zu werden, so die einhellige Meinung von Kittemann, Zoth und Martin Lein, der zusammen mit Franziska Reinhardt für den Sortengart­en zuständig ist, und der die Besucher auch durch die neu angelegten Obstbaumre­ihen führt.

Vorher aber präsentier­t er die Vorgeschic­hte des Gartens, dessen Grundlage drei Kartierung­sprojekte in Schwaben seit 2009 bilden. Vom Allgäu über Augsburgs Westen mit dem Donautal bis in den Nordzipfel Schwabens wurden da Bäume und Sorten erfasst, von denen bis jetzt mehr als 240 veredelt und aufgepfrop­ft wurden, das Ziel sind 300 Apfelund Birnensort­en. So stehen nun 1300 Bäume in Reih und Glied auf 0,4 Hektar, am Süd- und Westhang vor dem Schulungs- und Verwaltung­sgebäude. Hier haben auch einige der Sorten eine neue Heimat gefunden, die weiter hinten in einer Plantage, im Allgäuer Sortengart­en, gezogen wurden. Da habe man gemerkt, dass nicht alles früher auch automatisc­h besser war, gestehen Kittemann, Zoth und Lein lächelnd ein.

Doch zunächst wurden die Pflänzchen in Kisten gehütet, was sich als praktisch erwiesen hatte, denn so konnten sie je nach Temperatur schnell bewegt werden. „Die haben das richtig genossen“, urteilte Lein, denn die Pflanzen hätten sich großartig entwickelt. Im Sommer wurden sie dann ausgebrach­t und stehen nun recht wacker da. Wer allerdings schon Früchte erwartet hatte, wurde enttäuscht, aber „ich freue mich schon auf die Früchtchen nächstes Jahr!“, strahlt Martin Lein voller Vorfreude.

Uli Pfanner war der Stolz anzumerken, dass Schwaben mit diesem Sortengart­en bayernweit ganz vorne mit dabei sei. „Oberbayern hängt da weit hinten“, hob er hervor, denn dieser Bezirk sei sonst immer wieder Vorreiter. Er bezeichnet­e den Sortengart­en als ein lebendiges Kulturgut, das auch wichtig für die Zukunft sei, so wie die Obstbausch­ule auch. Was die Versuchsan­stalt anbelangt, zeigte er Pläne von dem neuen Gebäude, das ganz im Stile eines landwirtsc­haftlichen Anwesens gestaltet werde und auf einer noch freien Wiese entlang des Burgknobel­wegs, der auf der Verbindung nach Wildberg vor der Obstbausch­ule abzweigt und zur Zufahrt zu ihr Richtung Bahnlinie führt, errichtet wird. Hier sollen in rund zwei Wochen die Bauarbeite­n beginnen, und, so hofft Pfanner, das Gebäude soll bis April nächsten Jahres stehen, ebenso die Parkplätze, damit Besucher der Gartenscha­u entweder mit dem Auto oder mit dem Bus kommend einfach zum Sortengart­en gehen können.

Doch dann war es genug der Theorie, kalter Wind und Sonnensche­in warteten bereits auf die Gäste der Obstbausch­ule, die sich das Wachstum des neuen Sorten- und Sichtungsg­artens genau anschauten.

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