Ein Ausflug ins lebendige Kulturgut
Bezirkstagsmitglieder inspizieren den neuen Sortenerhaltungsgarten in der Obstbauschule
- Noch immer herrscht Freude bei den Verantwortlichen in der Versuchsstation für Obstbau Schlachters, aber auch bei den Mitgliedern des Bezirkstags Schwaben und dem Förderverein der Obstbauschule Schlachters darüber, dass der neu gestaltete Erhaltungsgarten für stark gefährdete regionaltypische Apfel- und Birnensorten aus ganz Schwaben hier in Schlachters angesiedelt wurde. Über den aktuellen Stand informierten sich jetzt Mitglieder des Bezirkstags um den stellvertretenden Bezirkstagspräsidenten Edgar Rölz vor Ort.
Dominikus Kittemann, Professor an der Hochschule WeihenstephanTriesdorf, brachte die Freude auf den Punkt: „Schön, dass der Garten nach Schlachters kommt, da hier seit über 100 Jahren Kernobstforschung betrieben wird.“Damals neue Sorten gehören längst zu diesen alten, teilweise vom Aussterben bedrohten Sorten, die in Schlachters nun erhalten werden und als Satellitenprogramm zur Gartenschau 2021 in Lindau besucht werden können.
Bis dahin soll das neue Gebäude für Schulungen stehen, ebenso Parkplätze für Autos und Busse. Das alles wird bereits oben an der Zufahrt gegenüber dem bisherigen Gelände gebaut, der Landkreis steuert dazu 500 000 Euro bei.
Die gleiche Summe kommt vom Bezirkstag für das Sortenerhaltungsprojekt zusammen, über zehn Jahre verteilt, wie der Chef des Fördervereins der Obstbauschule Uli Pfanner und der neue Chef in der Obstbauschule Michael Zoth berichten. Zoth nutzt die Gelegenheit, sich und seinen Werdegang vorzustellen ebenso die Versuchsanstalt und das, was auch in Zukunft hier geschehen soll.
Zehn Jahre lang wollen die Obstbaufachleute erforschen, inwiefern sich alte Sorten eventuell für Kreuzungen mit aktuellen mischen lassen, um vielleicht Resistenzen gegen Krankheiten wie Feuerbrand zu bekommen. Zumindest aber seien die alten Sorten es wert, erhalten zu werden, so die einhellige Meinung von Kittemann, Zoth und Martin Lein, der zusammen mit Franziska Reinhardt für den Sortengarten zuständig ist, und der die Besucher auch durch die neu angelegten Obstbaumreihen führt.
Vorher aber präsentiert er die Vorgeschichte des Gartens, dessen Grundlage drei Kartierungsprojekte in Schwaben seit 2009 bilden. Vom Allgäu über Augsburgs Westen mit dem Donautal bis in den Nordzipfel Schwabens wurden da Bäume und Sorten erfasst, von denen bis jetzt mehr als 240 veredelt und aufgepfropft wurden, das Ziel sind 300 Apfelund Birnensorten. So stehen nun 1300 Bäume in Reih und Glied auf 0,4 Hektar, am Süd- und Westhang vor dem Schulungs- und Verwaltungsgebäude. Hier haben auch einige der Sorten eine neue Heimat gefunden, die weiter hinten in einer Plantage, im Allgäuer Sortengarten, gezogen wurden. Da habe man gemerkt, dass nicht alles früher auch automatisch besser war, gestehen Kittemann, Zoth und Lein lächelnd ein.
Doch zunächst wurden die Pflänzchen in Kisten gehütet, was sich als praktisch erwiesen hatte, denn so konnten sie je nach Temperatur schnell bewegt werden. „Die haben das richtig genossen“, urteilte Lein, denn die Pflanzen hätten sich großartig entwickelt. Im Sommer wurden sie dann ausgebracht und stehen nun recht wacker da. Wer allerdings schon Früchte erwartet hatte, wurde enttäuscht, aber „ich freue mich schon auf die Früchtchen nächstes Jahr!“, strahlt Martin Lein voller Vorfreude.
Uli Pfanner war der Stolz anzumerken, dass Schwaben mit diesem Sortengarten bayernweit ganz vorne mit dabei sei. „Oberbayern hängt da weit hinten“, hob er hervor, denn dieser Bezirk sei sonst immer wieder Vorreiter. Er bezeichnete den Sortengarten als ein lebendiges Kulturgut, das auch wichtig für die Zukunft sei, so wie die Obstbauschule auch. Was die Versuchsanstalt anbelangt, zeigte er Pläne von dem neuen Gebäude, das ganz im Stile eines landwirtschaftlichen Anwesens gestaltet werde und auf einer noch freien Wiese entlang des Burgknobelwegs, der auf der Verbindung nach Wildberg vor der Obstbauschule abzweigt und zur Zufahrt zu ihr Richtung Bahnlinie führt, errichtet wird. Hier sollen in rund zwei Wochen die Bauarbeiten beginnen, und, so hofft Pfanner, das Gebäude soll bis April nächsten Jahres stehen, ebenso die Parkplätze, damit Besucher der Gartenschau entweder mit dem Auto oder mit dem Bus kommend einfach zum Sortengarten gehen können.
Doch dann war es genug der Theorie, kalter Wind und Sonnenschein warteten bereits auf die Gäste der Obstbauschule, die sich das Wachstum des neuen Sorten- und Sichtungsgartens genau anschauten.