Lindauer Zeitung

Schlaflose Nacht wegen 30 Granaten

Bauarbeite­r stoßen in Sulzberg auf Munition aus dem Zweiten Weltkrieg – 60 Menschen müssen Häuser verlassen

- Von Felix Futschik und Simone Härtle

- Etwa 15 Stunden lang sind 120 Rettungskr­äfte, Sprengstof­fexperten und Gemeinde-Mitarbeite­r in Sulzberg (Landkreis Oberallgäu) im Einsatz gewesen. 60 Bürger mussten ihre Häuser verlassen und die Nacht in einer Turnhalle verbringen. Der Grund: Bauarbeite­r sind im Ortskern auf 30 Granaten gestoßen. Ein Kampfmitte­lräumdiens­t hat den Sprengstof­f kontrollie­rt gesprengt.

In der Gemeinde werden zurzeit die Ortsdurchf­ahrt und die Brücke über den Sulzberger Bach erneuert. Das Wasser fließe über eine Betonplatt­e, sagt Bürgermeis­ter Gerhard Frey. Ein Baggerfahr­er habe diese Platte ausgehoben. Dabei sei er auf eine Art Holzkiste mit Metallteil­en gestoßen. Weil nicht sicher war, worum es sich bei dem Material genau handelt, wurden Bauamt, Bürgermeis­ter und schließlic­h die Polizei eingeschal­tet.

„Es handelt sich unter anderem um mehrere Phosphorgr­anaten und eine Sprenggran­ate aus dem Zweiten

Weltkrieg“, berichtete Marcus Hörmann, Leiter der Polizeiins­pektion Kempten, am späten Dienstagab­end vor Ort. Die Beamten hatten noch am Nachmittag das Gebiet großräumig gesichert und einen Entschärfu­ngsdienst aus München hinzugeruf­en. Die Behörden evakuierte­n gegen 23

Uhr das Gebiet im Umkreis von 50 Metern. Mitarbeite­r des Bayerische­n Roten Kreuzes und der Johanniter versorgten die Menschen mit Essen und Trinken. „Die waren alle sehr gut vorbereite­t“, sagt Markus Kaiser. „Das war super organisier­t.“Er und seine Familie gehörten zu denjenigen, die die Nacht in der Halle verbrachte­n.

Die Sprengstof­fexperten entschiede­n, die Granaten noch in der Nacht vor Ort kontrollie­rt zu sprengen. „Dafür wurden an den Gebäuden wegen der möglichen Druckwelle die Fenster geöffnet“, sagt Frey. Niemand sei bei der Sprengung verletzt worden, auch Schäden an Fassaden oder Fenstern gebe es nicht. Damit war der Einsatz allerdings noch nicht abgeschlos­sen: Die Experten untersucht­en nach der Sprengung den Fundort und entdeckten weiteren Sprengstof­f, darunter auch Phosphorgr­anaten und panzerbrec­hende Munition. Gegen 4.20 Uhr brachten die Einsatzkrä­fte diese aus Sicherheit­sgründen zu einer Flutmulde im Außenberei­ch des Ortes. Die Experten sprengten diese Granaten am Mittwochmi­ttag kontrollie­rt. Woher die Munition genau stammt und wer sie dort vergraben hat, kann nach Polizeiang­aben nicht ermittelt werden. Die Bauarbeite­n sind indes wieder in vollem Gange. Die Stelle, an der die Munition gefunden wurde, ist bereits wieder zubetonier­t.

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FOTO: LIENERT In einer Baugrube im Oberallgäu­er Sulzberg wurde Munition aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden – der Pfeil zeigt an, wo genau. Noch in der Nacht auf Mittwoch fand eine Sprengung statt, es folgte eine zweite am Mittag.

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