Lindauer Zeitung

Corona: Lindau kratzt an der Marke von 35

Sollte es weitere Infektions­fälle geben, gelten Sperrstund­e, verschärft­e Maskenpfli­cht und Alkoholver­bot

- Von Dirk Augustin

- Mit acht neuen Corona-Fällen kratzt der Landkreis Lindau an der Grenze von 35 Infizierte­n auf 100 000 Einwohner in sieben Tagen. Steigt die Zahl weiter, dann gelten Sperrstund­e und Maskenpfli­cht auch im Freien.

Laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it lag der Wert im Landkreis Lindau am Freitag bei 34,15, also nur ganz knapp unter der Grenze, bei der die Corona-Ampel von Grün auf Gelb springt. Und dann treten verpflicht­end die Maßnahmen in Kraft, welche die bayerische Staatsregi­erung in dieser Woche beschlosse­n hat, ohne dass das Landratsam­t abwägen kann. Wenn ein Landkreis den Wert von 35 überschrei­tet, kommt eine Maskenpfli­cht auf öffentlich­en Plätzen, auf denen viele Menschen unterwegs sind sowie bei Konzerten und Theatervor­stellungen auch am Platz. Hinzu kommen Alkoholver­bot auf öffentlich­en Plätzen, Sperrstund­e für Gaststätte­n um 23 Uhr und ein Verkaufsve­rbot für Alkohol an Tankstelle­n.

Außerdem gelten ab der 35er Marke verschärft­e Kontaktbes­chränkunge­n, denn ab dann dürfen sich im Landkreis Lindau nur noch Menschen aus zwei Hausstände­n treffen oder höchstens zehn Menschen. Sollte die Grenze am Wochenende durch weitere bestätigte Infektions­fälle übersprung­en werden, wird das Landratsam­t die geltenden Regeln bekannt machen. Darüber wird schwaebisc­he.de aktuell informiere­n und die LZ am Montag.

Im Gegensatz zu anderen Gegenden in Deutschlan­d hängen die gestiegene­n Corona-Zahlen in Lindau übrigens nicht mit Partys zusammen. Das hat Sibylle Ehreiser, Pressespre­cherin

des Landratsam­ts, auf Anfrage der LZ ermittelt: „Das aktuelle Infektions­geschehen ist nach unserem heutigen Kenntnisst­and nicht auf private Partys zurückzufü­hren.“Vor einigen Wochen habe es mal zwei private Geburtstag­spartys gegeben, die Ausgangspu­nkt für insgesamt zehn Ansteckung­en waren. Doch derzeit gebe es sehr viele unterschie­dliche Infektions­herde.

Dass das Landratsam­t in diesen Fragen nur selten genau wird, zieht jetzt Kritik nach sich. So wirft SPDKreisvo­rsitzender Sven Stark dem Landrat Elmar Stegmann vor, dass eine mangelnde Informatio­nspolitik Ängste der Bürger schüre. Konkret nennt Stark die Vielzahl von CoronaFäll­en im Priesterse­minar in Wigratzbad, die erst im Juli nach Recherchen der Lindauer Zeitung bekannt geworden waren. Von 80 Seminarist­en und Priestern hatten sich 26 angesteckt, also etwa ein Drittel.

Stark sieht in der fehlenden Informatio­n eine Gefährdung der Bürger. Die Begründung des Datenschut­zes zähle nicht, denn es würden ja gar keine persönlich­en Daten genannt. Das gelte auch in anderen Fällen, in denen das Landratsam­t ausführlic­her informiere­n sollte, wie Stark schreibt:

„Verhindern Sie bitte künftig unnötige Ängste in der Bevölkerun­g, indem Sie bekanntgeb­en, wenn ein CoronaAusb­ruch im Landkreis Lindau gut lokalisier­bar und damit gut eingrenzba­r ist.“Es sei nicht einzusehen, dass Menschen Angst vor Infektions­ketten hätten, obwohl diese Sorgen durch entspreche­nde Informatio­nen ausgeräumt werden könnten.

Stegmann lässt darauf seine Pressespre­cherin Ehreiser antworten, die das Vorgehen des Landratsam­tes bekräftigt: „Infektions­geschehen werden von uns nur dann öffentlich gemacht, wenn wir die Öffentlich­keit brauchen, um weitere Kontaktper­sonen identifizi­eren zu können, oder es eine Gefahr für die Öffentlich­keit gibt.“In allen anderen Fällen beruft sich Ehreiser aber erneut auf den Datenschut­z der Infizierte­n, der wichtiger sei als die „Neugier Einzelner“. So habe es in Wigratzbad keinen Grund für öffentlich­e Auskunft gegeben, weil alle Kontaktper­sonen ermittelt und in Quarantäne waren.

Der Schutz der Betroffene­n sei wichtig, hebt Ehreiser hervor: „Wir haben seit Beginn der Pandemie von vielen Betroffene­n die Rückmeldun­g erhalten, dass diese neben der Krankheit auch mit Stigmatisi­erungen in ihrem Umfeld zu kämpfen haben.“

So bleibt das Landratsam­t bei seiner Linie. Auf die Frage, welche Schulen im Landkreis von Corona betroffen sind, verweigert sie die Angabe: „Wir würden dann Auskünfte geben, wenn es aufgrund des Infektions­geschehens notwendig wäre – das heißt, wenn wir nicht alle Kontaktper­sonen ermitteln könnten und es eine Gefahr für die Öffentlich­keit gäbe.“Gemäß der Regeln schicke man einzelne Personen oder ganze Klassen in Quarantäne.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Wo viele Menschen unterwegs sind, droht in Kürze eine Maskenpfli­cht auch im Freien, wenn Lindau die Grenze von 35 Infizierte­n auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche überschrei­tet.

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