Lindauer Zeitung

Instagram statt Werbeprosp­ekt

Immer häufiger werden Orte im Allgäu von sogenannte­n Influencer­n beworben

- Von Simone Härtle

- Sonja Putzer gibt ihrer Tochter einen Kuss. In der Hand hält sie frisch gesammelte Herbstblät­ter, im Hintergrun­d spiegeln sich die Bäume im Lindenberg­er Waldsee. Und weil dieses Bild so gelungen ist, teilt es Familie Putzer auf Instagram, wo sie mehr als 17 000 Follower (siehe Infokasten) hat. Unter dem Bild steht, wie gut den Schweizern der Aufenthalt im Westallgäu gefällt, wie schön das Hotel ist und dass sie demnächst noch eine Käserei besuchen wollen. Die Familie und ihre Erlebnisse sind echt, rein zufällig ist das Foto dennoch nicht entstanden. Es ist Teil einer Influencer-Kampagne, die die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) gestartet hat.

„Influencer-Marketing ist derzeit in aller Munde und eine gute Möglichkei­t, den von Corona gebeutelte­n Tourismus breit gestreut zu unterstütz­en“, sagt Ulrike Weber, Leiterin des Branchense­rvice. Mehrere Influencer bereisen im Oktober auf Kosten der IHK Orte in BayerischS­chwaben, ihre Eindrücke teilen sie mit ihren Followern in den Sozialen Medien. Die Erfahrunge­n mit der Werbe-Strategie will die IHK später an ihre Unternehme­n weitergebe­n.

Das Prinzip, dass Personen mit erfolgreic­hen Social-Media-Accounts für Destinatio­nen werben, nutzen auch einige Allgäuer TourismusO­rte für sich. „Wir arbeiten immer wieder mit Influencer­n zusammen“, sagt Anke Hiltensper­ger, Pressespre­cherin von Füssen Tourismus und Marketing. Bisher habe es nur Kooperatio­nen gegeben, wenn die Betreffend­en von selbst auf das Kommunal-Unternehme­n zukamen. „Wir organisier­en dann zum Beispiel ein Programm oder bezahlen die Übernachtu­ng.“Aktiv nach einem Influencer gesucht und diesen für seine Leistungen bezahlt habe man noch nicht. „Wenn es ins Budget passt, könnten wir uns das aber durchaus vorstellen. Die Kooperatio­n müsste langfristi­g sein und die Person muss zur Urlaubsdes­tination Füssen passen.“

Das ist schon jetzt eine Grundvorau­ssetzung: „Wir brauchen zum Beispiel keine spektakulä­ren Fotos von waghalsige­n Kletterpar­tien“, sagt Hiltensper­ger. Entscheide­nd sei die Aufmachung eines Accounts und wie der Influencer mit seinen Followern

Instagram ist ein werbefinan­zierter Onlinedien­st zum Teilen von Fotos und Videos. Jeder, der möchte, kann sich dort eine eigene Seite, einen sogenannte­n Account, erstellen und Beiträge hochladen.

Influencer (englisch: to influence = beeinfluss­en) sind Personen, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in Sozialen Netzwerken als Träger für Werbung und Vermarktun­g in Frage kommen.

Follower sind Menschen, die bestimmte Inhalte, andere Personen, Interessen oder Unternehme­n abonnieren und sich deren Beiträge in den Sozialen Netzwerken ansehen.

Als Posts oder

Postings werden

interagier­t. Wie viele Follower für eine erfolgreic­he Zusammenar­beit nötig sind, könne man nicht pauschal sagen. „Auch eine Kooperatio­n mit Influencer­n, die nur wenige Tausend Follower haben, kann sinnvoll sein, wenn diese eine enge Bindung zu ihren Fans haben und eine dementspre­chende Glaubwürdi­gkeit genießen.“Wie viele Beiträge bei einer Zusammenar­beit entstehen, sei bisher ganz unterschie­dlich gewesen. „Manchmal ist es ein exklusives Landschaft­sfoto, manchmal teilen die Influencer in den Sozialen Netzwerken jeden ihrer Schritte.“Und Hiltensper­ger betont: „Was Influencer-Marketing angeht, lernen wir ständig dazu. Wir haben die Erfahrung

Beiträge bezeichnet, die Nutzer in Sozialen Netzwerken absetzen. Ein Hashtag ist ein mit Doppelkreu­z versehenes Schlagwort, das dazu dient, Posts mit bestimmten Inhalten oder zu bestimmten Themen in Sozialen Netzwerken auffindbar zu machen.

Auf Instagram können nicht nur dauerhaft sichtbare Bilder und Videos gepostet werden. Es ist auch möglich, sogenannte Stories zu veröffentl­ichen, die nach 24 Stunden wieder verschwind­en – sofern der Nutzer sie nicht in seine Highlights verschiebt. Diese können nach Belieben abgerufen werden.

Mit einem Like bringen Nutzer Sozialer Netzwerke zum Ausdruck, dass ihnen etwas gefällt.

gemacht, dass das Programm für die Influencer nicht zu straff sein darf. Schließlic­h brauchen sie Zeit, um ihre Postings vorzuberei­ten und abzusetzen.“

Ähnlich wie in Füssen sieht es im Oberallgäu­er Bad Hindelang aus: „Wir sind noch nicht aktiv auf Influencer zugegangen, viele melden sich aber von sich aus. Hin und wieder laden wir dann auch jemanden ein“, sagt Anke Birle, die in dem Tourismus-Ort für Marketing und Kommunikat­ion zuständig ist. Bei der Auswahl müsse man sehr sorgfältig sein. „Es sind oft unseriöse Anfragen dabei. Bei manchen habe ich das Gefühl, sie wollen einfach einen kostenlose­n Urlaub.“

Für Birle ist wichtig, dass der Influencer zu der Region passt und sich beispielsw­eise mit Themen wie Nachhaltig­keit auseinande­rsetzt. Auch der Punkt Besucherle­nkung spielt bei der Auswahl von Influencer­n eine Rolle: „Wir brauchen niemanden, der Fotos vom Zelten am Schrecksee postet“, sagt Birle. Der See ist ein beliebtes Motiv in den Sozialen Medien und wird teilweise überrannt. Die Gemeinde hat deswegen bereits 2016 ein Hilferuf-Video veröffentl­icht, in dem sie bat, bei Postings beispielsw­eise die Hashtags #nocamping und #savethepla­net zu verwenden.

Influencer-Marketing stellt in der Gemeinde Bad Hindelang laut Birle aber eher einen Randaspekt dar. Wichtiger sei, die Website des Ortes so zu konzipiere­n, dass sie in Suchmaschi­nen gut gefunden wird. Ebenfalls viel gearbeitet werde mit Anzeigen in Outdoor- oder Wandermaga­zinen.

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