Alarmstufe Rot in Baden-Württemberg
Welche Corona-Maßnahmen ab heute beim Nachbarn gelten – Lindau erreicht kritischen Wert
- Vor einem Monat hat die grün-schwarze Landesregierung ein dreistufiges Konzept zum Umgang mit der Corona-Pandemie beschlossen. Am Samstag hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nun die dritte und damit höchste Alarmstufe ausgerufen, die ab Montag gilt. Wie sich das auf das Leben im Land auswirkt.
Was ist die Grundlage für Stufe 3?
Wesentlich hierfür ist die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Die höchste Pandemiestufe, die sogenannte „kritische Phase“, beginnt dann, wenn landesweit in den vergangenen sieben Tagen mehr als 35 Menschen pro 100 000 Einwohner positiv getestet werden. Am Sonntagabend meldete das Landesgesundheitsamt 46,3 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. 14 der 44 Stadt- und Landkreise haben inzwischen den Wert von 50 Neuinfektionen überschritten – in der Region trifft das auf den Alb-Donau Kreis mit 70,5 und Ulm mit 50,5 Neuinfektionen zu. 13 weitere Kreise befinden sich in der Vorstufe, die ab 35 Neuinfektionen gilt. Hierzu gehören Tuttlingen und der Ostalbkreis.
Was muss ich im Alltag beachten?
Mit der Pandemiestufe 3 gilt eine verschärfte Maskenpflicht in der Öffentlichkeit. Ab Montag müssen Mund-Nase-Bedeckungen auch in Fußgängerzonen, auf Marktplätzen und in allen öffentlichen Gebäuden getragen werden – „und überall dort im öffentlichen Raum, wo der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht immer eingehalten werden kann“, sagte Kretschmann am Samstag. In Geschäften, im ÖPNV sowie an Bahnhöfen, Flughäfen und Bushaltestellen galt die Maskenpflicht bereits.
Darf ich mich weiter mit Freunden treffen?
Ja, aber eingeschränkt. Ab sofort dürfen sich maximal zehn Menschen oder zwei Haushalte treffen – das gilt fürs Private wie auch für den öffentlichen Raum.
Gibt es Einschränkungen für Versammlungen?
Die gibt es. Grundsätzlich dürfen künftig höchsten 100 Menschen an einer Veranstaltung teilnehmen. Es gibt aber Ausnahmen – etwa für politische Veranstaltungen und Demonstrationen, solange dabei Hygienekonzepte und Abstandsgebote eingehalten werden. Die Ministerien können zusätzlich eigene Regeln schaffen, wie es etwa Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) getan hat, die auch für den Sport im Land zuständig ist. In einer Unterverordnung hat sie festgelegt, dass bei Versollen anstaltungen des Profi-Sports so viele Menschen zuschauen dürfen, bis die eigentliche Kapazität einer Halle zu 20 Prozent ausgeschöpft ist, sofern Hygiene- und Abstandsgebote eingehalten werden.
Was bedeutet das für Schulen?
In allen weiterführenden und beruflichen Schulen im Land gilt nun auch eine Maskenpflicht während des Unterrichts. Grundschulen bleiben davon ausgenommen. Die Schulräume dürfen nicht mehr für außerschulische Zwecke genutzt werden. An den Betreuungsangeboten vor und nach dem Unterricht ändert sich dadurch nichts.
Und was heißt das für Kitas?
Gar nichts. Schon bislang gilt hier die Regel, dass die Kinder in festen Gruppen betreut werden sollen, die sich untereinander nicht mischen, betont ein Sprecher von Ministerin Eisenmann
Ist die Gesundheitsversorgung gesichert?
Alle zusätzlichen Einschränkungen sollen gerade dazu dienen, das Gesundheitssystem im Land nicht zu überfordern. „Viele Gesundheitsämter arbeiten schon jetzt an ihrer Kapazitätsgrenze“, sagte Kretschmann am Samstag. Nicht mehr alle Infektionsketten seien nachvollziehbar. „Warten wir weiter ab, wie sich die Intensivstationen füllen, werden wir die Kontrolle über die Pandemie verlieren.“Noch sieht es danach aber nicht aus. Zehn Prozent ihrer Intensiv-Kapazitäten müssen die Krankenhäuser bereits für Corona-Patienten freihalten. Die Kapazitäten
nun ausgeweitet werden, heißt es in einem Brief vom Sozialministerium an Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der BadenWürttembergischen Krankenhausgesellschaft. In dem Schreiben vom Samstag, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt, erinnert Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann daran, dass ab Pandemiestufe 3 der „Anteil freizuhaltender Intensivund Beatmungskapazitäten (...) zu erhöhen ist“. Eine konkrete Vorgabe gibt es nicht, dies müsse vor Ort anhand der Infektionslage entschieden werden. Gibt es landesweit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, müssen die Krankenhäuser die Zahl geplanter Operationen reduzieren
Wie sieht es in Bayern aus?
Auch der Freistaat verschärft seine Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Dort gilt seit Samstag ein Ampelsystem für den jeweiligen Landkreis. Bereits die Hälfte der Kreise sind entweder in der gelben Stufe, verzeichneten also mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche, oder in der roten Stufe mit mehr als 50 neuinfektionen. Der Landkreis Lindau hat am Sonntag erstmals die Schwelle von 35 Infektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen überschritten. Der Kreis ergreift daher zunächst für die nächsten fünf Tage – bis Freitag, 24 Uhr – Maßnahmen, um das Infektionsgeschehen möglichst wieder einzudämmen.
Welche Maßnahmen gelten im Freistaat?
Schon ab einem Wert von 35 gilt eine verschärfte Maskenpflicht – und zwar auf öffentlichen Plätzen, etwa in Fußgängerzonen, sowie auf Begegnungsund Verkehrsflächen. Das betrifft auch Fahrstühle von öffentlichen Gebäuden, Freizeitparks, Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten und Schlössern. Außerdem besteht Maskenpflicht auch am Platz bei Tagungen und Kongressen, in Theatern, Konzerthäusern, Kinos und anderen ähnlichen Einrichtungen. In den weiterführenden Schulen der betroffenen Kommunen gilt ab sofort automatisch eine Maskenpflicht auch im Unterricht. Und ab einem Wert von 50 müssen auch Grundschüler im Unterricht eine Maske tragen. In den Kreisen mit 35 Neuinfektionen dürfen sich, wie im Südwesten, nur noch Bewohner von zwei Hausständen oder maximal zehn Personen treffen dürfen. Bei mehr als 50 Ansteckungen dürfen sich dann nur noch zwei Hausstände oder maximal fünf Personen treffen – egal ob privat oder öffentlich.
Darf ich in Bayern noch ins Restaurant?
Ja, aber Gaststätten in der gelben Zone müssen um 23 Uhr schließen, zudem darf dann an Tankstellen kein Alkohol mehr verkauft werden und es gilt ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen. In den roten Kreisen gelten die Sperrstunde und die anderen Verbote schon ab 22 Uhr.
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