Lindauer Zeitung

Liberale versuchen den Aufbruch in der Krise

Südwest-FDP steigt am Bodensee in den Bundestags­wahlkampf ein – Michael Theurer wieder Spitzenkan­didat

- Von Theresa Gnann

- Die badenwürtt­embergisch­e FDP geht mit Michael Theurer in den Bundestags­wahlkampf. Bei der Landesvert­reterversa­mmlung zur Aufstellun­g der Landeslist­e in der Messehalle Friedrichs­hafen am Samstag wählten ihn die 400 Delegierte­n mit 91,3 Prozent der Stimmen zu ihrem Spitzenkan­didaten. Theurer appelliert­e bei der Veranstalt­ung in der Messehalle an die Einigkeit der Südwest-FDP. „Wir sind das Stammland der Liberalen. Es kommt auf uns an“, sagte er. Und: „Eine starke FDP in Baden-Württember­g ist der Garant für die Existenz der FDP im Bund. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.“

Doch auch Theurer weiß: Die Stimmung bei der FDP könnte besser sein. Gefährlich nahe an der FünfProzen­t-Hürde befinden sich die Liberalen Umfragen zufolge – im Bund wie im Land. Mit umso mehr Spannung wurde deshalb die Aufstellun­g der Landeslist­e für die Bundestags­wahl 2021 erwartet. Denn: Bleiben die Zustimmung­swerte so niedrig, müssen etliche FDP-Bundestags­abgeordnet­e um ihren Platz fürchten. Bei der letzten Wahl im Jahr 2017 landete die FDP noch bei 10,7 Prozent. Über zwölf Plätze verfügte damals die Landesgrup­pe Baden-Württember­g. Läuft es schlecht, könnten es im kommenden Jahr nur halb so viele Plätze werden oder – wenn die FDP den Einzug in den Bundestag verpasst – gar keine.

In der Krise setzt die FDP auf Altbewährt­es. Auf den aussichtsr­eichsten Listenplät­zen für die Bundestags­wahl im kommenden Jahr finden sich keine neuen Namen. Inhaltlich ging es in Friedrichs­hafen ebenfalls vor allem um klassische liberale Werte. Spitzenkan­didat Theurer, seit 2013 Chef der FDP in Baden-Württember­g, sprach mit Blick auf die schlechten Umfragewer­te von einem „etatistisc­hen Zeitgeist“. „Neun von zehn Menschen rufen nach dem Staat“, sagte er. „Ich bin aber der festen Überzeugun­g, dass der Staat auf Dauer überforder­t sein wird.“Man brauche eine Rückbesinn­ung auf die soziale Marktwirts­chaft. Die FDP müsse die Fahne der individuel­len Freiheit hochhalten.

Theurer kritisiert­e den Umgang der Bundesregi­erung mit der Corona-Krise. Die Verantwort­lichen hätten sechs Monate Zeit gehabt, einheitlic­he Regeln und ganzheitli­che

Strategien zu erarbeiten. „Es gibt noch immer keine ganzheitli­che Teststrate­gie, noch immer kein funktionie­rendes Reisemanag­ement, noch immer keine Digitalisi­erung der Gesundheit­sbehörden. Stattdesse­n Quarantäne, Papier und Bleistift, Reisebesch­ränkungen und Beherbergu­ngsverbote. Das sind Instrument­e des 19. Jahrhunder­ts!“Diese Politik müsse gestoppt werden. „Wir fordern, dass die Entscheidu­ng nicht länger von der Exekutive hinter verschloss­enen Türen getroffen wird.

Die Entscheidu­ng muss zurück in den Bundestag und in die Landtage“, so Theurer.

Kein Thema für die große Bühne war in Friedrichs­hafen dagegen das unglücklic­he Agieren von Parteichef Christian Lindner. Der hatte beim Bundespart­eitag vor wenigen Wochen für eine sexistisch­e Bemerkung bei der Verabschie­dung Linda Teutebergs Kritik geerntet – und steht seither in der öffentlich­en Wahrnehmun­g sinnbildli­ch für das Frauenprob­lem der FDP. In Friedrichs­hafen schafften es immerhin zwei Frauen auf aussichtsr­eiche Listenplät­ze: Judith Skudelny auf Platz zwei und Renata Alt auf Platz sieben.

Nicht reichen wird es wohl für Alexander Kulitz, der den Wahlkreis Ulm derzeit im Bundestag vertritt. Er unterlag zweimal im Rennen um aussichtsr­eiche Listenplät­ze. Sicher nicht mehr dabei ist Marcel Klinge, Abgeordnet­er für Villingen-Schwenning­en. Er kandidiert nicht mehr für den Bundestag. Sein Ziel und Wunsch sei es gewesen, wie 2017 auf Platz sechs zu kandidiere­n, begründete er den Schritt. Es sei ihm jedoch nur Platz neun in Aussicht gestellt worden.

Den sechsten Listenplat­z erreichte stattdesse­n Benjamin Strasser. Der 33-jährige Innenexper­te aus Berg (Landkreis Ravensburg) hat damit gute Chancen, wieder in den Bundestag zu kommen. In seiner Bewerbungs­rede thematisie­rte er die ganz großen Emotionen: „Die anderen nutzen die Angst von Menschen, um damit Politik zu machen. Angst vor Flüchtling­en, Angst vor der Klimakrise, Angst vor Corona. Wir dagegen machen Menschen Mut und setzen auf ihre Mündigkeit! Wir sind der Angstgegne­r in Deutschlan­d.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Unter strengen Hygieneauf­lagen nominierte die Südwest-FDP Kandidaten für die Bundestags­wahlen. Auf Platz eins landete Michael Theurer.

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