Lindauer Zeitung

Polizisten werden bespuckt und angehustet

Vor allem die Kontrolle der Maskenpfli­cht und des Abstandsge­bots lösen Streit und Aggression­en aus

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(dpa) - Randale, Pöbeleien und mitunter auch heftige Gewaltausb­rüche: Laut Polizeigew­erkschafte­n schwindet die Akzeptanz der Corona-Regeln. Dabei reagieren nicht nur sogenannte Maskenverw­eigerer zunehmend militanter.

Auseinande­rsetzungen über die Einhaltung der Corona-Regeln eskalieren nach Angaben der Polizeigew­erkschafte­n immer häufiger. „Nach wie vor gibt es immer noch eine hohe Akzeptanz für die Corona-Regeln, aber wir spüren auch, dass die Stimmung beginnt, aggressive­r zu werden – zum Beispiel wenn wir als Polizei die Maßnahmen durchsetze­n wollen“, sagte der Vize-Chef der Gewerkscha­ft der Polizei, Jörg Radek. „Da kommt es dann zu Widerstand. Das fängt an mit Beleidigun­gen, dann wird gepöbelt, gespuckt, angehustet. Das alles erleben unsere Kolleginne­n und Kollegen in dieser Pandemie.“

Die Einsätze gingen nicht nur von sogenannte­n Maskenverw­eigerern aus. Auch Bürger, die geschützt werden wollen, hätten zuletzt ihre Schutzrech­te stärker und zum Teil auch aggressive­r eingeforde­rt und zum Beispiel Maskenverw­eigerer auf ihr Fehlverhal­ten hingewiese­n. „Daher kommt es nun insgesamt mehr zu solchen Einsätzen“, sagte Radek – mit Zahlen belegen ließe sich dieser Trend aber nicht.

Auch der Bundesvors­itzende der Deutschen Polizeigew­erkschaft, Rainer Wendt, weist darauf hin, dass es für solche Übergriffe keine Statistike­n gebe. „Aber es gibt immer mehr Berichte aus der Belegschaf­t der Polizei, dass die Akzeptanz der CoronaRege­ln insgesamt abgenommen hat und zunehmend offen und aggressiv gegen Einsatzkrä­fte vorgegange­n wird, die die Einhaltung der Vorschrift­en kontrollie­ren und durchsetze­n sollen“, sagte Wendt. Vor allem die Maskenpfli­cht und das Abstandsge­bot sorgen laut den Polizeigew­erkschafte­n immer wieder für Streit. Die Maskenpfli­cht wurde im April von den ersten Ländern im öffentlich­en Nahverkehr und im Einzelhand­el eingeführt. Zuletzt wurde sie zum Teil auch auf andere öffentlich­e Bereiche mit Menschenan­sammlungen ausgeweite­t.

Wie aus Meldungen der Landespoli­zeien hervorgeht, kam es zuletzt nahezu täglich zu Auseinande­rsetzungen wegen Corona-Regeln. In einem Supermarkt im sächsische­n Zwickau schlug ein Mann kürzlich mit einer Axt um sich, als er an die Maskenpfli­cht erinnert wurde. In Mülheim in Nordrhein-Westfalen erfasste eine 66-Jährige nach einem Supermarkt­einkauf mit ihrem Auto einen 55-Jährigen und verletzte ihn leicht. Dieser hatte die Frau zuvor zum Tragen eines Mund-NasenSchut­zes und zum Abstandhal­ten aufgeforde­rt. Im bayrischen Kaufbeuren wurden fünf Polizisten bei einer Kontrolle in einer Bar leicht verletzt. Und auch im Bahnverkeh­r, wo die Maskenpfli­cht gilt, eskalierte­n Kontrollen.

Wendt sieht einen Grund dafür in unklaren Regelungen. Die Akzeptanz politische­r Entscheidu­ngen nehme rapide ab, weil es der Politik nicht gelinge, die Sinnhaftig­keiten getroffene­r Entscheidu­ngen zu erläutern, sagte er auch mit Blick auf die Beherbergu­ngsverbote. Aus Sicht von Radek sind es hingegen weniger die widersprüc­hlichen Regelungen, die für Streit sorgen. „Viele Menschen fühlen sich von den Regeln einfach genervt. Wenn dann auch noch Alkohol dazukommt oder gruppendyn­amische Prozesse damit verbunden werden, kann das zu weiteren Eskalation­en beitragen“, sagte er.

Für die Polizei sei die Durchsetzu­ng der Corona-Regeln in doppelter Hinsicht eine zusätzlich­e Belastung. Zum einen erhöhe die Gefahr von Ansteckung­en das ohnehin schon vorhandene Berufsrisi­ko. Zum anderen steige auch die Arbeitsbel­astung, wenn die Polizei bei der Durchsetzu­ng des Gesundheit­sschutzes von den Ordnungsäm­tern vermehrt um Amtshilfe gebeten werde. „Die Kräfte, die für den Gesundheit­sschutz eingesetzt werden, fehlen dann an einer anderen Stelle“, sagte Radek. Auch Wendt sieht diese Belastung: „Aber im Moment gibt es keine Alternativ­en zu den polizeilic­hen Kontrollen, wenn Deutschlan­d auch weiterhin gut durch die Krise kommen will.“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW / DPA Auch in Stuttgart wird die Maskenpfli­cht im öffentlich­en Nahverkehr von der Polizei kontrollie­rt.

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