Minderjährige nicht nur Opfer, sondern auch Täter
Immer mehr Ermittlungen gegen Jugendliche wegen Kinderpornografie
(dpa) - Unter den Verbreitern von Kinderpornografie finden sich immer häufiger Kinder und Jugendliche. „Im letzten Jahr ging das durch die Decke“, sagt Johannes Luff, Sachgebietsleiter der Kriminologischen Forschungsgruppe des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA). Gerade hat seine Forschungsgruppe eine Studie zum Thema veröffentlicht. Der Titel: „Denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Die Zahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren stieg seinen Angaben zufolge deutschlandweit um rund 125 Prozent auf 7584. 2018 waren es noch 3316 registrierte Tatverdächtige. „Das wird von Jahr zu Jahr mehr“, sagt Luff. „Es beginnt bereits bei den Zehnjährigen.“Die Dunkelziffer dürfte noch sehr viel höher liegen. „Meist sind es Zufallsfunde“, so Luff. Wenn Ermittler beispielsweise wegen eines Drogendeliktes Handys von Jugendlichen konfiszieren, finden sie dabei inzwischen immer häufiger Pornobilder und Nacktfotos.
„Diese Entwicklung hat sich bereits seit einigen Jahren abgezeichnet“, sagt der renommierte Cyberkriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger
vom Institut für Polizeiwissenschaft der Hochschule der Polizei in Brandenburg, der seit Jahren zu dem Phänomen Cybergrooming forscht. „Eine Grunderkenntnis, die wir auch aus anderen Bereichen kennen und sich jetzt immer mehr bei digitalen Risiken zeigt, ist: Minderjährige können nicht nur Opfer, sondern auch Täter werden.“
Das bayerische LKA führt den Anstieg der Zahlen jugendlicher Tatverdächtiger vor allem darauf zurück, dass Smartphones bei Kindern und Jugendlichen immer weiter verbreitet sind. Oft bekämen Schüler solche Bilder in WhatsappChats, manchmal seien es Fotos des gleichaltrigen Freundes oder der Freundin. Das Strafrecht sei immer noch nicht vollumfänglich dazu in der Lage, auf das zu reagieren, was durch soziale Medien heute möglich ist, betont Rüdiger. Das einzige Mittel gegen das Phänomen sei Medienkompetenz.
Natürlich gebe es auch „tatsächlich klassische Täter“, sagt Rüdiger. Den 17-Jährigen zum Beispiel, der über das Netz von neun- oder elfjährigen Mädchen Nacktbilder erpresst.