Der 30-Minuten-Takt kommt frühestens 2023
Wegen sinkender Fahrgastzahlen wollen die Memminger Busunternehmen nicht vorzeitig aus Verträgen aussteigen – Ab Dezember soll es kleinere Verbesserungen geben
- Die Stadt Memmingen kann den 30-Minuten-Takt im öffentlichen Nahverkehr frühestens im Jahr 2023 einführen. Darüber informierte Sabine Ganser, Leiterin des Schulverwaltungsamts, bei dem der Bereich ÖPNV angesiedelt ist, die Mitglieder des Verkehrsausschusses.
Grund dafür sei, dass die Busunternehmen nicht vorzeitig aus dem bestehenden Stadtverkehrsvertrag aussteigen wollten. In diesem hat die Verwaltung Routen und Taktung festgelegt, nach denen die Busse der Firmen fahren. Der Vertrag läuft noch bis Dezember 2022. Die Mitglieder des Verkehrsbeirats wollten die halbstündigen Busverbindungen jedoch so schnell wie möglich einführen und beauftragten Ganser deshalb in der Juli-Sitzung, Gespräche mit den beteiligten Busunternehmen über einen vorzeitigen Ausstieg zu führen.
Ziel der Stadt war es, dass die Busunternehmen künftig rechtlich nach einer Allgemeinen Vorschrift fahren.
Diese würde folglich den 30-Minuten-Takt beinhalten, könnte aber deutlich schneller umgesetzt werden als die Alternative, eine europaweite Ausschreibung der Stadtbuslinien. Nur: Eine solche Allgemeine Vorschrift wäre anhand der derzeitigen Fahrgastzahlen kalkuliert worden, erklärte Ganser. Da wegen der Corona-Pandemie jedoch deutlich weniger Menschen Bus fahren, sind diese niedrig – was schlechtere Vertragskonditionen für die Busunternehmer zur Folge hätte.
„Ich habe Verständnis, dass der Unternehmer angesichts der aktuellen Lage nicht aus einem Vertrag aussteigen will, der ihm bis Dezember 2022 sichere Einnahmen bringt“, sagte Oberbürgermeister Manfred Schilder (CSU). Das bedeute aber eben auch, dass die Stadt an die bestehenden Verträge gebunden sei. „Wir sollten deshalb andere Projekte machen, die ohne Verträge gehen und den Bürgern eine Verbesserung bieten“, sagte Schilder.
Eine solche schnelle Verbesserung gibt es etwa für die Einwohner von Dickenreishausen und Hart. Künftig soll ein Kleinbus werktags alle 60 Minuten vom Bahnhof nach Dickenreishausen fahren, am Wochenende alle zwei Stunden. Der genaue Fahrplan wird noch vorgestellt. Bei Bedarf, also nach vorherigem Anruf, fährt dieser Bus von Dickenreishausen noch eine Schleife über Hart und Buxach. Diese Linie 5 wird neu in Betrieb genommen, es gibt also keine bestehenden Verträge. Der Kleinbus soll daher nach dem Fahrplanwechsel im Dezember diesen Jahres fahren.
Ebenfalls zum Fahrplanwechsel wird eine Reihe kleinerer Änderungen umgesetzt, die der Verkehrsausschuss im Juli beschlossen hatte. Die Verwaltung fasst diese als Betriebsstufe 1 zusammen, wobei Betriebsstufe 3 der gewünschte 30-MinutenTakt ist. Zu diesen kleineren Verbesserungen gehört, dass Busse auf der Linie 3 nach Eisenburg künftig im Stundentakt (Wochenende alle zwei Stunden) fahren. Zudem werden Stadtbuslinien aufgestockt, sodass die Kernstadt annähernd einen 30Minuten-Takt erhält, in die Ortsteile fahren Busse stundenweise.
Matthias Ressler (SPD) vermisste ein Werbekonzept anlässlich des Starts der Betriebsstufe 1. „Ich habe das Gefühl, dass das recht schleichend kommt. Wie machen wir Lust auf den neuen ÖPNV?“, fragte er. Ähnlich äußerte sich Professor Dr. Dieter Buchberger (Grüne/Linke): „Wir wollen einen fulminanten Start in den neuen Nahverkehr. In dieser ausgedünnten Version müssen wir die Schwaben über den Preis locken.“
Auf seine Frage hin erklärte Sabine Ganser, dass auch beim neuen Takt zunächst weiter die bisherigen Fahrpreise gelten. „Mit denen locken wir aber niemand hinter dem Ofen vor. Wir müssen diese deutlich reduzieren“, forderte Buchberger. Heike Essmann (ÖDP) störte, dass es derzeit ein „völliges Durcheinander an Preisstufen“in Memmingen gebe.
Sowohl ein Marketingkonzept als auch die Fahrkartenpreise sollen bald ohnehin an den Verkehrsverbund Mittelschwaben angepasst werden, sagte Ganser. In der Stadt gibt es bereits einen Grundsatzbeschluss, dem VVM beizutreten. Die Verhandlungen dazu sollen bald abgeschlossen sein. Die Stadt Memmingen sei bereits bei Gesprächen zum neuen Marketingkonzept des VVM dabei.
Abschließend erinnerte Matthias Ressler auch mit Blick auf das Coronavirus noch einmal daran, wohin die Reise gehen soll: „Wir starten in einer schwierigen Zeit in den neuen ÖPNV. Wir wollen aber den 30-Minuten-Takt, auch wenn der anfangs schlecht angenommen wird.“