Lindauer Zeitung

Rückzugsor­t für Mensch, Tier und Pflanze

Meinrad Gfall und Claudia Grießer führen durch den Landschaft­sfinger „In den feuchten Senken“

- Von Hildegard Nagler

- Es gibt in Lindau eine „Straße des Grauens“, wie er sagt. Diese zu gehen, das mutet Meinrad Gfall, Geschäftsf­ührer der Lindauer Gartentage 2021 und einstiger Chef der Lindauer Stadtgärtn­erei, den Teilnehmer­n der Führung durch den so genannten Landschaft­sfinger „In den feuchten Senken“, initiiert vom „Freundeskr­eis Natur in Lindau 2021“, zu. Allerdings nicht, ohne den Teilnehmer­n zuvor Ermutigend­es mit auf den Weg gegeben zu haben, das diese beim Gang durch das graue Einerlei der Robert-Bosch-Straße/ Heuriedweg durchhalte­n lässt – wie etwa: „Wir haben hier auch sehr, sehr große Schätze.“Insgesamt wird die Veranstalt­ung wie auch schon die vorherigen ein Plädoyer für die Natur, das Grün in der Stadt mit dem Appell, das Vorhandene zu schätzen und zu schützen.

Dass Grün für Lindau immens wichtig ist, insbesonde­re die so genannten fünf „Landschaft­sfinger“, ist im Lindauer Freiraumko­nzept festgeschr­ieben. Die Idee hinter den „Landschaft­sfingern“: Das Hinterland ist genauso wichtig wie die Seefläche, es soll ein Erleben aus der Stadt hinaus in Richtung freie Landschaft geben, die großzügige Trennung von einzelnen Ortsteilen voneinande­r durch Grün soll bleiben, die Funktion dieser Finger als Kaltluftsc­hneise erhalten werden, wie Meinrad

Gfall den Teilnehmer­n auch im Auftrag des „Freudeskre­ises Natur in Lindau 2021“, in dessen Beirat er ist, verdeutlic­ht. Und weil man das, was man kennt und liebt, gerne schützt, hatte Werner Berschneid­er vom Freundeskr­eis die Idee, dass man sich die Finger „erwandern“kann.

Die Funktion der Kaltluftsc­hneise spüren die Teilnehmer der Führung durch den Landschaft­sfinger „In den feuchten Senken“im Heuried sofort: Einmal den Heuriedweg Richtung Wohngebiet Wannental auf einem schmalen Weg verlassen, wird es deutlich kühler.

Ein bisschen mutet die Landschaft wie ein Dschungel in der Stadt an: Brombeerpf­lanzen ranken an Erlen empor, sorgen teilweise für ein Dickicht. Meinrad Gfall und auch die Geschäftss­tellenleit­erin des BUNDNaturs­chutz Lindau Claudia Grießer betonen die Bedeutung des Landschaft­sfingers als „grüne Fuge“zwischen dem Gewerbegeb­iet entlang der Bregenzer Straße und dem Wohngebiet Wannental. „Er liegt in einer parallel zum Bodenseeuf­er verlaufend­en Senke“, heißt es im gesamtstäd­tischen Freiraumko­nzept. Und weiter: „Diese liegt tiefer als der Uferbereic­h und wird vom Rickenbach durchfloss­en. Geprägt wird der Landschaft­sraum durch vernässte Böden, die von Feuchtwies­en und Feuchtwäld­ern bestanden sind. Die trockenere­n Bereiche an den westlichen und östlichen Rändern werden als Intensivgr­ünland oder für den Obstanbau genutzt.“

Sowohl Meinrad Gfall – für ihn gehört dieser „Finger“wie auch die anderen zu den „sehr großen Schätzen“– als auch Claudia Grießer machen die Schutzwürd­igkeit dieses Gebiets deutlich. Die Biologin zeigt Fotos von Orchideen, die bereits 1975 erfasst wurden und mahnt eine neue

Kartierung an. Meinrad Gfall spricht über den Spagat zwischen Natur schützen, und gleichzeit­ig Teile davon für den Menschen verkehrssi­cher zu machen beziehungs­weise zu halten. Beide betonen, wie wichtig es ist, die Biotope innerhalb der Stadt, die auch Rückzugsor­te für Pflanzen und Tiere sind, zu vernetzen, um einen Austausch gewährleis­ten zu können.

Das Freiraumko­nzept sieht vor, Wegerechte in den Obstbaugeb­ieten zu verankern, neue Wegverbind­ungen in Form von Holzstegen durch die Feuchtbere­iche zu schaffen, Infopunkte an den Zugängen zum geschützte­n Landschaft­sbestandte­il zu errichten, einen neuen Weg von der Feuerwache zum Gewerbegeb­iet, einen neuen Weg am Westrand der geplanten Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets und die Realisieru­ng im Rahmen der Bauleitpla­nung, den Wegeanschl­uss zum Aussichtsp­unkt auf der Moränenkan­te und die Gestaltung des Aussichtsp­unkts dort. Claudia Grießer mahnt an, dass dabei unbedingt der Naturschut­z berücksich­tigt werden solle.

Meinrad Gfall betont, dass man bei der Gartenscha­u nicht kurzfristi­g, sondern für die nächsten 30 Jahre plane – damit die Natur auch für die nächste Generation ihre Bedeutung erhält. Zum wiederholt­en Mal ruft er alle auf, mitzumache­n. „Es muss auch etwas von den Leuten kommen“, sagt Meinrad Gfall.

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FOTO: HILDEGARD NAGLER Meinrad Gfall und Claudia Grießer erklären die Bedeutung des Landschaft­sfingers „In den feuchten Senken“für das Klima rund um Lindau.

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