Für Reisende vom See wird Bahnfahrt nicht schneller
Da aus Westen vorerst keine Züge zum neuen Bahnhalt fahren, müssen Kunden öfter umsteigen
- Viele Bahnreisende freuen sich schon: Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember soll die Zugfahrt von Lindau nach München mit Schweizer Neigetechnikzügen, den sogenannten Eurocity-Express, unter Strom gut eine halbe Stunde kürzer werden. Schön für den, der in Lindau wohnt. Andere Bahnreisende, etwa aus den Seegemeinden, werden lange Gesichter ziehen: Sie müssen künftig häufiger umsteigen, die Fahrt nach München per Bahn wird für sie deshalb nicht schneller. Oder sie müssen sich erst mal ins Auto setzen – weil der sogenannte Bahnknoten Lindau noch Jahre braucht, bis er wirklich funktioniert.
Hamburg-Lindau in 7:49 Stunden – über die Autobahn wäre das eine sportliche Zeit. Wer per Bahn aus dem Norden über München fährt, soll ab dem Fahrplanwechsel im Dezember in dieser Zeit von der Elbe bis an den Bodensee kommen – weil dann der neue Schweizer EurocityExpress (ECE) unter Strom von der bayerischen Landeshauptstadt nach Lindau nur noch knapp zwei Stunden unterwegs ist. Wer allerdings von München aus Lindau-Insel als Zielbahnhof angibt, der wird staunen: Plötzlich dauert die Bahnfahrt laut elektronischer Fahrplanauskunft 50 Minuten länger.
Denn: Zwischen dem neuen Reutiner Bahnhalt und dem Inselbahnhof findet die Fahrplanauskunft der DB keine vernünftige Zugverbindung. Zwar verweist ein Sprecher der Bahn auf Nachfrage der LZ auf das Fahrplankonzept aus dem Jahr 2018, wonach nach dem Ausbau des sogenannten Bahnknoten Lindau
Nahverkehrszüge aus Richtung Friedrichshafen zum neuen Reutiner Bahnhalt fahren sollen, zudem Regionalzüge aus Memmingen über die Insel nach Reutin rollen.
Doch für die jetzigen SüdbahnZüge aus Richtung Friedrichshafen ist vorerst auf der Insel Schluss: Weil zu viel Zugverkehr zwischen Insel und Reutin zu lange Schließzeiten der Schranken nach sich ziehen und damit das Gleisdreieck und die Giebelbach-Siedlung in Lindau abschneiden würden. Erst wenn Unterführung und eine neue Zufahrtsstraße gebaut sind, können alle Züge, wie im erwähnten Fahrplankonzept angedacht, den Bahnknoten Lindau anfahren. Das dürfte aber an die drei Jahre dauern. Damit haben Bahnreisende
aus den Seegemeinden trotz elektrifizierter Strecke Lindau-München bis auf Weiteres das Nachsehen. Wer derzeit von Nonnenhorn aus morgens mit dem Regionalexpress auf die Insel fährt, um von dort aus nach knapp 20 Minuten Aufenthalt bequem mit dem Eurocity in die Landeshauptstadt zu fahren, dessen Fahrzeit dauert bisher genau drei
Stunden. Ab Mitte Dezember will zwar der neue Eurocity-Express von Lindau aus gut eine halbe Stunde schneller in München sein. Doch für den Nonnenhorner nennt die elektronische Fahrplanauskunft keine Möglichkeit, per Bahn zum Eurocity zu kommen.
Einmal mehr umsteigen muss der Bahnreisende vom See mit dem Fahrplanwechsel im Dezember auf jeden Fall: entweder auf der Insel in den Regionalzug nach Augsburg sowie später in Buchloe in die Regiobahn BRB nach München – was dann 3:18 Stunden dauern wird. Oder der Bahnfahrer tüftelt, rollt auf die Insel, wartet dort auf die Bahn aus Augsburg, die vorerst als einzige Direktverbindung alle zwei Stunden zwischen ehemaligem Hauptbahnhof und neuem Reutiner Bahnhalt verkehrt, um dort dann in den neuen Eurocity nach München einzusteigen.
Für den Bahnsprecher ist die Lage klar: „Bei neuen Fahrplänen muss man erst einmal zurückhaltend agieren.“Und da zudem im kommenden Jahr noch Arbeiten in Aeschach und am Bahndamm anstehen, „kann man nicht erwarten, dass gleich alles läuft“, fügt der Bahnvertreter an. In seinen Augen müssten die Bahnreisenden den neuen Fahrplan 2020/21 als „Zwischenzustand“betrachten. Wobei nach seiner Ansicht ohnehin nicht so viele Reisende von Nonnenhorn oder Wasserburg den schnellen Eurocity nach München nutzen würden.
Diejenigen, die es doch planen, werden als Konsequenz erst in ein Auto steigen müssen, damit sie die Zeitersparnis des neuen ECE nutzen können.