Corona hat den Lindauer Arbeitsmarkt weiter fest im Griff
Quote sinkt geringfügig auf 3,2 Prozent – Aber deutlich mehr Arbeitslose als vor einem Jahr und weniger freie Stellen
- Susanne Müller-Koberstein ist eine Frohnatur. Und als solche sieht die Leiterin der Lindauer Arbeitsagentur in der aktuellen Monatsbilanz vor allem das Positive: Die Arbeitslosenquote ist leicht auf 3,2 Prozent gesunken, die Zahl der Erwerbslosen im Oktober um 79 auf 1431 gesunken. Ihrem Stellvertreter Björn Patzer ist aber durchaus bewusst: „Das sind nicht die Zahlen, die wir aus früheren Herbstmonaten gewohnt sind.“Und dann wäre da noch der am Mittwoch von Berlin beschlossene Teil-Lockdown für den gesamten November. Der wird vor allem Hotels und Gaststätten vor Probleme stellen. Corona behält also den Lindauer Arbeitsmarkt im Griff.
Knapp 450 Frauen und Männer haben in den vergangenen vier Wochen ihre Arbeitsplatz verloren. Die Arbeitslosenzahl ist zwar im Vergleich zum September leicht gesunken. Doch vergleicht man sie mit dem Vorjahres-Oktober, dann sind das immerhin 473 Erwerbslose mehr als im Herbst 2019. „Die Herbstbelebung gibt es zwar, aber nur auf sehr niedrigem Niveau“, stellt der Agentur-Vize Björn Patzer fest: „Es ist schon deutlich zu spüren, dass Corona den Arbeitsmarkt lahmlegt.“
Das lässt sich auch an den gemeldeten freien Arbeitsplätzen ablesen: 779 sind es Ende Oktober und damit nur gut die Hälfte dessen, was der Lindauer Arbeitsagentur vor einem Jahr bekannt gewesen ist. Zwar würden vereinzelt sogar Stellen fürs kommende Frühjahr, also die künftige Tourismussaison, gemeldet. Doch ob diese dann wirklich besetzt werden, kann derzeit niemand vorhersehen.
Immerhin gebe es einige Stellen, die sich aus der Corona-Pandemie „entwickeln“, wie es Patzer formuliert. Denn Fachleute fürs ContentManagement würden plötzlich genauso gesucht wie Kräfte, die Online-Auftritte von Firmen und Geschäften
optimieren. „Alles, was mit Internet-Präsenz zu tun hat, boomt derzeit“, stellt Patzer fest.
Auf den am Mittwoch in Berlin beschlossenen Teil-Lockdown angesprochen, gibt sich Müller-Koberstein optimistisch: „Der ist ja jetzt nur für vier Wochen – ich glaube wirklich, dass wir das ganz gut hinkriegen.“Nach ihrer Ansicht könnten Beschäftigte beispielsweise in dieser Zeit Urlaub abbauen. Und außerdem die Zeit der Kurzarbeit für Weiterbildungsangebote nutzen, so der Appell der Agenturleiterin: Die Landkreise Lindau und Bodenseekreis, die zuständigen Agenturen und der Verband der bayerischen Wirtschaft bieten nach ihren Worten beispielsweise Ende November einen gemeinsamen virtuellen Informationsnachmittag zum Thema berufliche Qualifizierung an, der sich speziell an Firmen- und Personalchefs richte.
Patzer sieht das Geschehen etwas differenzierter. „Hotels und
Gastronomie wird dieser Beschluss schon härter treffen“, ist ihm bewusst. Doch er verweist auch darauf, dass zahlreiche Wirte und Hoteliers schon Stellenanzeigen für die Tourismussaison 2021 aufgegeben hätten. Und das Arbeitsmarkt-Instrument Kurzarbeit fange ja einiges auf.
Genaue Zahlen zur Kurzarbeit liegen den beiden Lindauer Agenturvertretern allerdings nicht vor. Bezogen auf den Landkreis Lindau, gibt es aktuell nur Daten vom April: Weil die Firmen drei Monate Zeit hätten, um die Anträge für wirklich in Kurzarbeit geschickte Mitarbeiter an die Agentur zu senden. Im April hatten nach Müller-Kobersteins Wissen 748 Betriebe und Unternehmen im Kreisgebiet Kurzarbeitergeld für 7273 Mitarbeiter beantragt. „Und viele Firmen stocken ja die Gehälter zusätzlich auf“, sagt die Agenturchefin.
Sie ist überzeugt: „Lindau ist so breit aufgestellt, dass dieser Lockdown
jetzt keine spürbar höheren Arbeitslosenzahlen auslösen wird.“Wenngleich auch Susanne MüllerKoberstein klar ist: Das Coronavirus hinterlässt durchaus deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt im Kreis Lindau.
Trotz der Ende Oktober geringfügig auf 3,2 Prozent gesunkenen Arbeitslosenquote ist Lindau im Arbeitsagenturbezirk KemptenMemmingen im Vergleich zum Vormonat wieder um einen Platz zurückgefallen. Die Zahlen im Einzelnen:
Sept 2020
Mindelheim 2,8 % Marktoberdorf 3,0 % Sonthofen 2,8 % Memmingen 3,3 % Kempten 3,4 %
Lindau 3,3 %
Füssen 3,4 % Kaufbeuren 3,6 %
Allgäu gesamt 3,2 %
Okt 2020 2,6 % 2,7 % 2,7 % 3,0 % 3,2 % 3,2 % 3,3 % 3,4 % 3,0 %