Lindauer Zeitung

Ein einsamer Held

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Das Grauen könnte nicht größer sein in diesen Tagen in Frankreich. Drei islamistis­che Anschläge in nur gut einem Monat: Ein Angriff mit dem Metzgerbei­l vor dem ehemaligen Redaktions­gebäude der Satirezeit­ung „Charlie Hebdo“, die Enthauptun­g eines Lehrers in der Nähe von Paris und eine Messeratta­cke mit drei Toten in einer Kirche in Nizza. Zumindest zwei der drei Attentate hängen mit den Mohammed-Karikature­n zusammen, die „Charlie Hebdo“Anfang September erneut abdruckte. Die Journalist­innen und Journalist­en berufen sich mit ihren frechen Zeichnunge­n auf die Meinungsfr­eiheit, die in Frankreich ein hohes Gut ist. Im Land von „Liberté, Egalité, Fraternité“geht sie sogar weiter als anderswo: Blasphemie ist seit 1881 erlaubt. Im Geiste der Aufklärung sollen sich die Menschen selbst ein Urteil darüber bilden, was sie schockiert und was nicht. Der nackte Hintern des Propheten Mohammed? Der Papst als schwuler Liebhaber eines Schweizer Gardisten?

Emmanuel Macron, selbst oft Gegenstand des Spotts, verteidigt das Recht auf die spitze Feder. „Wir werden nicht auf die Karikature­n verzichten“, sagte der Präsident bei der Trauerfeie­r für den enthauptet­en Lehrer Samuel Paty. Es war eine mutige Ansage an all jene, die die Meinungsfr­eiheit im Namen der Religion bekämpfen wollen.

Eigentlich müsste der Staatschef die Unterstütz­ung jeder Europäerin und jedes Europäers haben. Denn die Meinungsfr­eiheit geht jeden an. Für seine Äußerung schlagen Macron nun in der muslimisch­en Welt heftige Proteste entgegen. Seine Bilder werden verbrannt, französisc­he Produkte boykottier­t. Doch die Solidaritä­t Europas beschränkt sich auf verbale Verurteilu­ngen. Für Sanktionen gegen den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, der die Proteste anheizte, wirbt die französisc­he Regierung bisher vergeblich. Dabei hätte Frankreich durchaus mehr Unterstütz­ung verdient: Macron darf kein einsamer Held der Meinungsfr­eiheit werden.

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