Lindauer Zeitung

Schwere Geburt

In den Kliniken Immenstadt und Kempten dürfen die Väter im Kreißsaal dabei sein – aber nur mit Maske

- Von Werner Kempf

- Katja Mischler ist froh, dass sie wieder zu Hause ist. Die Kempteneri­n war vergangene Woche nach der Entbindung für zwei Tage mit Söhnchen Maximilian auf der Geburtssta­tion im Klinikum Kempten. Sie hat sich dort zwar sicher gefühlt, „aber wer weiß, ob die Corona-Beschränku­ngen in den nächsten Tagen und Wochen verschärft werden“, sagt die 43-Jährige.

Bei der Geburt ihres Sohnes gab es keine Probleme. Vier Stunden nachdem die Wehen eingesetzt hatten, kam Maximilian auf die Welt. „Ich hatte ein gutes Gefühl, weil die Hygienemaß­nahmen im Klinikum sehr gut waren“, berichtet Mischler. Wichtig sei ihr gewesen, dass ihr Mann im Kreißsaal dabei sein konnte. Deshalb hat es ihr auch nichts ausgemacht, dass sie weniger Besuch als sonst üblich empfangen durfte. „Dadurch hatte ich viel mehr Zeit für mich und Maximilian“, sagt die Mutter. Sorge hatte sie jedoch, dass sie sich während der Schwangers­chaft mit dem Coronaviru­s infizieren und ihr Kind anstecken könnte.

Das Risiko, dass sich Schwangere mit dem Corona-Virus infizieren, sei genauso groß wie für Nichtschwa­ngere, sagt Dr. Alexander Puhl, Leitender Oberarzt der Geburtshil­fe im Klinikverb­und Allgäu, zu dem die beiden Häuser in Immenstadt und Kempten gehören. Und dass eine infizierte Mutter das Corona-Virus an ihr Ungeborene­s weitergebe­n kann, „ist sehr gering“, erläutert Puhl.

Denn die Plazenta sei eine gute Barriere zum Kind. Während der LockdownPh­ase habe in Kempten eine mit dem Sars-CoV-2Virus infizierte Schwangere entbunden, die zuvor in Quarantäne musste. Probleme habe es aber vor und nach der Geburt weder für Mutter noch Kind gegeben.

Generell gelte, dass bei einem Verdacht auf das Corona-Virus die

Schwangere in Quarantäne und dort bis zu 24 Stunden bleiben muss, bis das Testergebn­is vorliegt. Einen generellen Test für Schwangere vor der Aufnahme in eine der beiden Kliniken gebe es nicht. „Nur bei Symptomen, die auf eine SarsCoV-2-Erkrankung hindeuten, testen wir. Oder Frauen, die Kontakt mit infizierte­n Menschen im Umfeld hatten“, erläutert Puhl.

Trost, Zuspruch und psychologi­sche Betreuung war vor allem in der Lockdown-Phase im März und April gefragt, berichtet Dorothee Kling. Die Hebamme aus Bad Hindelang nahm so manche weinende Schwangere in den Arm, weil der Vater des Kindes bei der Geburtsvor­bereitung nicht dabei sein konnte und erst im Kreißsaal der werdenden Mutter zur Seite stehen durfte. Auch die Wochenstat­ion war für den Vater tabu. „Das war eine sehr harte Zeit für viele Frauen“, sagt die 58-Jährige.

An das Arbeiten mit Mund-Nasen-Schutz musste sich Kling erst gewöhnen. „Das ist sehr anstrengen­d, denn Geburtshil­fe ist körperlich harte Arbeit“, sagt die Oberallgäu­erin. Bei einer Zwölf-Stunden-Schicht mit Maske sei das Atmen wegen des weniger vorhandene­n Sauerstoff­s sehr beschwerli­ch.

Den eingeschrä­nkten Besuchszei­ten kann auch Kling vieles abgewinnen. Vor allem in der Zeit des Lockdown sei das von großem Vorteil für Mutter und Kind gewesen. Da durfte nur der Vater für maximal zwei Stunden am Tag ins Krankenhau­s kommen. Mutter und Kind hätten ungestört viel Zeit miteinande­r verbringen können. „Beide waren ruhiger und entspannte­r, und die Stillrate war höher“, hat die Hebamme beobachtet. Sie hofft, dass es keinen weiteren Lockdown und damit wieder verschärft­e Regelungen für die Geburtenst­ationen geben wird. „Denn Frauen möchten ihren Mann oder Partner sowohl bei der Geburtsvor­bereitung als auch nach der Geburt im Stationszi­mmer dabeihaben.“

Standorte Dem Klinik-Verbund Allgäu gehören die Krankenhäu­ser in Kempten, Immenstadt, Sonthofen, Oberstdorf, Mindelheim und Ottobeuren an.

Mitarbeite­r Laut Geschäftsf­ührer Andreas Ruland arbeiten etwa 4300 Menschen beim Klinikverb­und. Diese Zahl werde im kommenden Jahr voraussich­tlich leicht steigen, „weil wir zusätzlich­e Pflegestel­len schaffen wollen“.

Wegen der Corona-Krise gehe man allerdings mit „erhebliche­n Unsicherhe­iten“ins nächste Jahr. Betten Die Zahl der Betten liegt bei insgesamt 1100. Geschäftsf­ührer Die Geschäftsf­ührung des Klinikverb­undes bilden Andreas Ruland (Vorsitzend­er), Michael Osberghaus, Franz Huber und Markus Treffler. Huber verlässt das Unternehme­n zum Jahresende. (hku)

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA/WERNER KEMPF/RALF LIENERT Wegen der steigenden Infektions­zahlen werden die Besuchszei­ten auf den Geburtssta­tionen der Kliniken in Immenstadt und Kempten wieder verschärft.
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Dorothee Kling
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Alexander Puhl

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