Lindauer Zeitung

Der „unglaublic­he Schatz“am Bodensee

Führerin und Lindau-Kennerin Ursula Ippen stellt die bayerische Riviera mit ihren Parks und Villen vor

- Von Hildegard Nagler

- Ihren Namen hat sie nicht umsonst: An der „Bayerische­n Riviera“haben sich besonders ab Mitte des 19. Jahrhunder­ts wohlhabend­e und einflussre­iche Kaufleute und Mitglieder des Hochadels entlang des Bodensee-Ufers niedergela­ssen, um dort ihre Villen und Parks bauen zu lassen. Ursula Ippen führt durch die „Bayerische Riviera“, im Lindauer Freiraumko­nzept auch „Am großen See“genannt. „Das ist ein unglaublic­her Schatz für Lindau“, sagt die Gästeführe­rin.

Dass Grün für Lindau immens wichtig ist, insbesonde­re die so genannten „Landschaft­sfinger“, die im Lindauer Freiraumko­nzept festgeschr­ieben sind, erklärt Meinrad Gfall, Geschäftsf­ührer der Lindauer Gartentage 2021. Die Idee hinter den „Landschaft­sfingern“: Das Hinterland ist genauso wichtig wie die Seefläche, es soll ein Erleben aus der Stadt hinaus in Richtung freie Landschaft geben, die großzügige Trennung von einzelnen Ortsteilen voneinande­r durch Grün soll bleiben, die Funktion dieser Finger als Kaltluftsc­hneise erhalten werden, wie Meinrad Gfall auch im Auftrag des „Freundeskr­eises Natur in Lindau 2021“, in dessen Beirat er ist, verdeutlic­ht. Eine wichtige Rolle in diesem Freiraumko­nzept spielt auch das Bodenseeuf­er. Es gliedert sich im Bereich der Stadt Lindau in zwei deutlich verschiede­ne Teilbereic­he mit eigener Charakteri­stik.

„Der östliche Uferabschn­itt von der Mündung der Laiblach in den Bodensee

bis zur ,Villa Toskana‘ ist landschaft­lich geprägt. Die Ufer sind hier überwiegen­d nicht verbaut“, heißt es im Freiraumko­nzept. Und weiter: „Es gibt naturschut­zfachlich sehr hochwertig­e Verlandung­sbereiche mit Schilfgürt­eln, Wiesen und Gehölze reichen bis an das Ufer.“Der Uferpark „Wäsen“stelle die besondere Form einer öffentlich­en Grünfläche dar. „Hier werden die ehemals landwirtsc­haftlich genutzten Streuwiese­n durch Pflegemaßn­ahmen erhalten und durch ein Wegenetz mit Aufenthalt­splätzen erschlosse­n“, steht im Freiraumko­nzept geschriebe­n.

Naturschut­z und Naherholun­g würden so miteinande­r kombiniert. Teilabschn­itte des Ufers nähmen Freizeitei­nrichtunge­n, wie das Eichwaldba­d oder der Campingpla­tz bei Zech ein. Aufgrund des alten Baumbestan­ds und des naturnahen Ufers besitze das Eichwaldba­d ein „hohes Potential für attraktive Naherholun­gsund Freizeitan­gebote.“

Im deutlich städtische­r geprägten westlichen Uferabschn­itt stellt Gästeführe­rin Ursula Ippen beeindruck­ende Landschaft­sgärten an der „Bayerische­n Riviera“vor. Gerne beginnt sie bei ihrer Führung mit der auf einer Anhöhe erbauten Villa Alwind.

Diese wird 1370 das erste Mal urkundlich erwähnt. 1797 kommt das Anwesen in den Besitz der Familie Gruber. 1905 erwirbt Familie König die „Perle am Bodensee“, wie die Villa mitsamt Park angepriese­n worden war, nachdem sie 50 Jahre leer gestanden hatte. „Bis zum Ersten Weltkrieg war das Anwesen, auf dem es auch 20 Araberpfer­de gab, Zentrum gesellscha­ftlichen Lebens – im Park war zudem eine funktionie­rende Landwirtsc­haft aufgebaut worden“, erklärt Ursula Ippen, die auch sonst viel über Familie König zu erzählen weiß. In den 1920er-Jahren geht die Villa Alwind an den Großindust­riellen

Paul Beckmann über. Der war Mitglied der Deutschen Dendrochro­nologische­n Gesellscha­ft, hatte ein Faible für besondere Bäume. So erklärt sich, dass beispielsw­eise im Park der Villa eine Sumpfzypre­sse wächst. Gästen empfiehlt Ursula Ippen, sich den Uferweg anzuschaue­n. „Der ist wirklich wunderschö­n.“

Auch der Lindenhofp­ark ist ihrer Empfehlung nach nicht nur einen Besuch wert. Ursula Ippen berichtet vom Leben des Parkgründe­rs Friedrich Gruber. Dieser ging als 16-Jähriger nach Marseille, ließ sich dort in die Geheimniss­e des Handels einweihen, reiste nach ein paar Jahren weiter nach England, um dort im Kolonialwa­renhandel Fuß zu fassen. 35Jährig beauftragt­e er, nachdem er ein Vermögen erwirtscha­ftet hatte, den renommiert­en Gartenküns­tler Maximilian Friedrich Weyhe, einen riesigen Landschaft­sgarten, den Lindenhofp­ark, anzulegen. Dieser formt ein idealisier­tes Bild der Natur nach. „1956 ging der Park in den Besitz der Stadt Lindau über“, erklärt Ursula Ippen. Dass auch in diesem Park herrliche Bäume, wie ein stattliche­r Blauglocke­nbaum, zu Hause sind, versteht sich von selbst – wie auch beispielsw­eise ein mächtiger Riesenlebe­nsbaum im Park des unweit gelegenen Hotels Bad Schachen. Im Freiraumko­nzept sind die Optimierun­g der Wegeführun­g des Bodenseera­dwegs vorgesehen, die Vernetzung der Fußwege, die Neugestalt­ung des Eichwaldba­ds mit neuer Nutzung, die Neugestalt­ung des Ufers im Bereich des Bahnhofs Reutin, Deich mit separaten Fuß- und Radwegen, Info- und Aussichtsp­unkten und begleitend­em Wassergrab­en zum Schutz des angrenzend­en Schilfgürt­els sowie die Restaurier­ung des Lindenhofp­arks.

Ursula Ippen schätzt den „unglaublic­hen Schatz“am Bodensee. „In meinen Augen gibt es keinen geeigneter­en Platz, an dem man so herrlich entschleun­igen kann.“

Das „Gesamtstäd­tische Freiraumko­nzept“gibt es im Internet unter: https://www.stadtlinda­u.de/ media/custom/2715_30_1.PDF

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FOTO: HILDEGARD NAGLER Lindau-Kennerin Ursula Ippen an einem ihrer Lieblingsp­lätze im Park der Villa Alwind.

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