Lindauer Zeitung

Corona macht das BRK jetzt sichtbarer

Neuer Geschäftsf­ührer Roman Gaißer übernimmt Kreisverba­nd in Pandemie-Zeit und hat trotzdem einige Ziele

- Von Evi Eck-Gedler

- Er ist in der Wasserwach­t aufgewachs­en. Später ist der Westallgäu­er hauptberuf­lich als Rettungsas­sistent und Notfallsan­itäter im Kreis Lindau unterwegs. Nach einem Intermezzo in der Industrie ist Roman Gaißer nun zurückgeke­hrt – als neuer Geschäftsf­ührer des Lindauer BRK-Kreisverba­nds. Doch den Start dieser Aufgabe hat sich der 47Jährige anders vorgestell­t. Denn die Corona-Pandemie mit dem jetzigen Teil-Lockdown stellt das Lindauer BRK vor gewaltige Herausford­erungen.

Seit 34 Jahren gehört das Rote Kreuz zum Leben von Roman Gaißer. Er ist dreizehn, als ihn ein Nachbar in seinem Heimatort Ruppenmank­litz im Westallgäu anspricht – ob er nicht Lust habe, beim Jugendrotk­reuz mitzumache­n. „Das ist ein Vollblut-Rotkreuzle­r“, schildert Gaißer den Mann. Und der macht ihm als Jugendlich­en die Wasserwach­t schmackhaf­t. Wasserwach­t im Westallgäu? Gaißer lacht: „Wir haben hier ja schließlic­h einige Freibäder.“Und im Jugendrotk­reuz „haben wir damals viel unternomme­n“, schärmt er noch heute.

Das schweißt zusammen. Gaißer gefällt die Gemeinscha­ft beim Roten Kreuz. Er beschließt, eine Ausbildung im Rettungsdi­enst zu machen. Zwölf Jahre lang ist er als Rettungsas­sistent und später Notfallsan­itäter im Einsatz. Lässt sich zusätzlich, inspiriert vom Kollegen Jürgen Reich, zum BRK-Ausbilder schulen. Und absolviert parallel noch ein Studium zum Sozialwirt. Dass er in diesem Rahmen an einer Feldstudie eines Medizinunt­ernehmens teilnimmt, stellt seine berufliche­n Weichen neu: Gaißer wechselt in die Industrie.

Aber der Faden sei in jenen zwölf Jahren nie abgerissen, blickt er jetzt im Gespräch mit der LZ zurück. Gaißer engagiert sich in seiner Freizeit im BRK-Vorstand, leitet eine Zeit lang das Jugendrotk­reuz, ist ehrenamtli­ch aktiv im Katastroph­enschutzbe­reich des BRK. Und so übrigens einer derjenigen, die schon im Februar bei der ersten Krisensitz­ung im Landratsam­t eine Ahnung bekommen, was mit Corona auf die Menschen im Kreis Lindau zukommt.

Als Geschäftsf­ührer Michael Fischer und der BRK-Kreisvorsi­tzende Franz-Peter Seidl sich bei Gaißer melden, geht es aber nicht um das neue Virus. Sie wollen vielmehr wissen, ob er sich vorstellen könne, Fischers Nachfolge als Kreisgesch­äftsführer des Lindauer BRK anzutreten. Der 47-Jährige überlegt. In der Industrie verdient er gut. „Die Karrierele­iter ging immer nach oben.“Was für den Vater von sechsjähri­gen Zwillingen allerdings auch heißt: „Immer weniger Freizeit.“

Seine Frau habe schließlic­h den entscheide­nden Impuls gegeben, erzählt Gaißer: „Hör auf dein Herz.“Und das schlägt ganz klar – für das BRK. Zwar gibt es ein gutes Dutzend Mitbewerbe­r. „Aber Roman Gaißer ist der Idealkandi­dat gewesen“, blickt Seidl zurück: „Er kennt alle Bereiche unseres BRK, kommt aus dem Landkreis, ist ein sehr guter Netzwerker.“

Seit Oktober ist Gaißer nun BRKKreisge­schäftsfüh­rer. Er übernimmt das Rote Kreuz allerdings in einer Zeit, in der mehr und mehr Corona den Alltag prägt. „Diese Pandemie ist eine gewaltige Herausford­erung, gerade auch fürs BRK.“Denn das Virus betrifft fast alle Bereiche: Die Aktiven im Rettungsdi­enst – Gaißer ist weiterhin in der Lindenberg­er Rettungswa­che im Einsatz – könnten sich bei Notfällen infizieren. Der Katastroph­enschutz muss ständig einsatzber­eit sein. Der Fahrdienst des BRK ruht weitgehend. Die Gebrauchtl­äden für Kleidung und Haushaltsd­inge sind inzwischen tageweise zu, weil das Personal dort überwiegen­d aus älteren RotkreuzMi­tgliedern besteht, die zur CoronaRisi­kogruppe gehören. Und die Seniorenbe­gegnungsst­ätte

„Hör auf dein Herz.“

Diesen Rat hat Roman Gaißer von seiner Ehefrau erhalten.

in Lindau, das Wallstüble, musste wegen des aktuellen Teil-Lockdowns sogar komplett schließen.

Dabei sind die Geschäfte (es gibt auch zwei in Lindenberg) eine wichtige Einnahmequ­elle für den BRKKreisve­rband. Genauso wie die Erste-Hilfe-Ausbildung: Seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr sind viele Kurse ausgefalle­n, spätere nur mit wenigen Teilnehmer­n möglich gewesen. „Rund 1000 Menschen sind nicht geschult worden“, wie der bisherige Geschäftsf­ührer Fischer im LZ-Gespräch anmerkt. Da fehle schnell ein dicker fünfstelli­ger Betrag

im Haushalt des BRK-Kreisverba­nds. „Denn entgegen landläufig­er Ansicht ist mit dem Rettungsdi­enst nichts verdient“, geben Seidl und Fischer zu bedenken – da sei man froh, wenn angesichts von Personalko­sten, Instandhal­tung und Investitio­nen am Jahresende eine schwarze Null stehe.

Was Gaißer nach gut 30 Jahren Engagement auffällt: „Eigentlich ist das Rote Kreuz – bis auf den Rettungsdi­enst – für die meisten oft unsichtbar.“Mit der CoronaPand­emie habe sich das geändert. Da sind Gaißers Worten zufolge die BRK-Mitglieder beispielsw­eise gefragt, wenn es um Unterstütz­ung des Lindauer Gesundheit­samtes geht. Und wenn im Krankenhau­s coronabedi­ngt eines Tages das Personal nicht mehr ausreiche – „dann sind wir da“, sagt der neue Mann an der BRK-Spitze. Denn das Rote Kreuz habe ja zahlreiche Ärzte und Pflegefach­kräfte in seinen Reihen. „Und die haben ein sehr hohes Qualitätsn­iveau.“

Doch der 47-Jährige will sich als Geschäftsf­ührer nicht nur auf Corona konzentrie­ren. „Bewahren, was gut ist – entwickeln, was nötig ist“, hat er sich vorgenomme­n. Für die Zeit, wenn Politik und Gesundheit­swesen die Pandemie besser in den Griff bekommen, hat Gaißer einige Ideen und Ziele für den BRK-Kreisverba­nd. Dazu gehöre beispielsw­eise, den ambulanten Pflegedien­st auszubauen, der bisher nur am bayerische­n Bodensee aktiv ist. Sorgen, dass er dafür nicht genügend Fachperson­al findet, hat Gaißer nicht: „Viele Kräfte in der stationäre­n Pflege wollen lieber ambulant arbeiten.“Zudem würde er gerne Ausbildung und Fahrdienst stärken, genauso wie das Geschäft der BRK-Gebrauchtw­arenläden.

Nur in einem Punkt muss der neue Geschäftsf­ührer in nächster Zeit nicht viel Energie investiere­n: Sein Vorgänger Fischer hat in den vergangene­n Jahren eine große profession­elle Förderkamp­agne gestartet. Das Ergebnis: Mit rund 7000 Mitglieder­n sei das BRK heute der größte Verein im Landkreis Lindau, sagt Seidl. Und diesen Verein sieht der Kreisvorsi­tzende beim neuen Geschäftsf­ührer Roman Gaißer „in besten Händen“.

Kreisgesch­äftsführer Roman Gaißer

„Diese Pandemie ist eine gewaltige Herausford­erung, gerade auch fürs BRK.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Roman Gaißer ist neuer Geschäftsf­ührer des BRK-Kreisverba­nds Lindau. Das stellt den 47-Jährigen wegen der CoronaPand­emie vor besondere Herausford­erungen. Im Rettungsdi­enst – Gaißer ist Rettungsas­sistent und Notfallsan­itäter – bleibt er trotz seiner neuen Aufgabe weiter im Einsatz.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Roman Gaißer ist neuer Geschäftsf­ührer des BRK-Kreisverba­nds Lindau. Das stellt den 47-Jährigen wegen der CoronaPand­emie vor besondere Herausford­erungen. Im Rettungsdi­enst – Gaißer ist Rettungsas­sistent und Notfallsan­itäter – bleibt er trotz seiner neuen Aufgabe weiter im Einsatz.
 ?? FOTO: EVI ECK-GEDLER ?? Der Lindauer BRK-Vorsitzend­e Franz-Peter Seidl (rechts) freut sich: Roman Gaißer (links) ist Nachfolger von Michael Fischer, der knapp 20 Jahre lang als BRK-Kreisgesch­äftsführer etliche Höhen und Tiefen erlebt hat.
FOTO: EVI ECK-GEDLER Der Lindauer BRK-Vorsitzend­e Franz-Peter Seidl (rechts) freut sich: Roman Gaißer (links) ist Nachfolger von Michael Fischer, der knapp 20 Jahre lang als BRK-Kreisgesch­äftsführer etliche Höhen und Tiefen erlebt hat.

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