Lindauer Zeitung

„Wer am Ende noch da ist, kann man nicht sagen“

Obwohl es ein Minusgesch­äft war, hat Hannes Palmer im Kemptener Parktheate­r zuletzt immer wieder neue Konzepte ausprobier­t – Nun legt er aber eine Pause ein

-

- Anfang 2019 haben Hannes Palmer, sein Team und seine Gäste noch mit einer großen Party das 15-Jährige des Kemptener Parktheate­rs gefeiert. Menschen tanzten eng auf eng in dem Gebäude, in dem einst ein Kino untergebra­cht war. Weder das eine, noch das andere ist in den kommenden vier Wochen möglich. Der Teil-Lockdown im November zwingt Betreiber, ihre Türen erneut zu schließen. An Tanzen und ein ausgelasse­nes Nachtleben ist aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin seit Monaten nicht mehr zu denken. Was macht das mit einer Stadt wie Kempten? Darüber hat Aimée Jajes mit Parktheate­r-Betreiber Hannes Palmer gesprochen.

In den vergangene­n Monaten haben Sie verschiede­nes ausprobier­t: eine Beach-Bar zum Beispiel, Kulturvera­nstaltunge­n, statt zu tanzen tranken die Gäste in den alten Kinosessel­n des Parktheate­rs ihre Cocktails. Wie erfolgreic­h waren die Konzepte?

Palmer: Ja, wir haben vieles ausprobier­t. Sachen, die wir immer mal machen wollten, wie die Beach Bar, für die wir bislang aber nie Zeit hatten. Das Klecks-Konzert am vergangene­n Donnerstag zum Beispiel war auch super. Wirtschaft­lich hat sich das alles allerdings nicht gerechnet. Das war ein Kraftakt und ein Minusgesch­äft.

Warum haben Sie es dennoch gemacht?

Palmer: Weil wir einfach Bock drauf haben. Und um die Maschine am Laufen zu halten.

Wird denn das Parktheate­r im Dezember wieder öffnen?

Palmer: Das kommt auf die Restriktio­nen an. Wir jedenfalls wollen wieder öffnen. Das Parktheate­r soll eine Konstante sein – für unsere Gäste und für unsere Mitarbeite­r. Aber ich halte es für fraglich, dass wir im Dezember wieder aufmachen dürfen. Obwohl das Hygienekon­zept von uns und den meisten Kollegen gut ist. Aber ich fürchte, dass Gastronome­n und Veranstalt­er in vier Wochen noch nicht wieder starten dürfen. Es wäre aus meiner Sicht besser gewesen, vor einem Lockdown stärfen, ker zu kontrollie­ren und jene zur Verantwort­ung zu ziehen, die sich nicht an die Regeln halten.

Bieten Sie ein Alternativ-Konzept in den kommenden vier Wochen an? Wieder ein Cocktail-Lieferserv­ice zum Beispiel?

Palmer: Wir machen kein neues Konzept mehr. Die instabile Lage kostet zu viel Energie. Das macht keinen Spaß. Wir machen jetzt einfach nichts. Es gibt auch viele Kollegen, die so denken: viel Arbeit für ein Draufzahlg­eschäft. Das muss nicht sein. Wir hoffen, dass der Staat auch die Mitarbeite­r in der Gastronomi­e, dem Kulturbere­ich und in der Veranstalt­ungsbranch­e finanziell stärker unterstütz­t. Künftig wird es für uns schon jetzt schwer, überhaupt noch Fachkräfte zu finden.

Warum?

Palmer: Mitarbeite­r, die seit über 20 Jahren dabei sind, brechen weg. Viele derer, die in einem Club oder in der Veranstalt­ungsbranch­e arbeiten, machen das aus Leidenscha­ft. Die Situation jetzt macht ihnen zu schafsie suchen sich Alternativ­en, wechseln die Branche und kommen dann womöglich gar nicht mehr zurück.

Wenn irgendwann die CoronaPand­emie überwunden ist: Wird das Nachtleben und die Weggehkult­ur in Kempten wieder wie davor?

Palmer: In der weiteren Umgebung haben bereits viele Clubs für immer geschlosse­n. Wer am Ende noch da ist, kann man jetzt noch nicht sagen. Es trifft viele Gastronome­n und Kulturscha­ffende brutal hart. Ich habe erst mit Profi-Musikern gesprochen, die sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können und gezwungen waren, umzuziehen. Die Frage ist, wie lange Gastronome­n, Kulturscha­ffende und Betreiber durchhalte­n. Und das kann bitter werden für die Infrastruk­tur: Menschen kommen, um das Theater oder das Kino zu besuchen, sie essen und anschließe­nd gehen sie noch etwas trinken oder tanzen. Das stärkt die Innenstadt. Wenn das wegbricht, tut das weh. Ich hoffe außerdem, dass die Menschen nach allem wieder Lust haben, sich zu treffen. Dass sie sich in großen Menschenan­sammlungen nicht mehr unwohl fühlen. Es wäre schlimm und traurig, wenn sich das dauerhaft einbürgert.

Der gebürtige Kemptener Hannes Palmer ist seit fast 25 Jahren in der Gastro- und Veranstalt­ungsszene seiner Heimatstad­t aktiv. Während seines BWL-Studiums betrieb der heute 45-Jährige die Kneipe „Stilbruch“in der Illerstraß­e. Es folgten mehrere Stationen, wie der „Havana Club“, Veranstalt­ungsreihen und Festivals. Vor 16 Jahren eröffnete er das „Parktheate­r“in dem ehemaligen Kino Ecke Lingg-/Beethovens­traße. Auch Palmers Eltern sind in der Kemptener GastroSzen­e bekannt: Sie betrieben lange Jahre das „Korbinian“in der Wiesstraße. (jaj)

 ?? FOTO: MATTHIAS BECKER ?? Im Parktheate­r kehrt in den kommenden Wochen erst einmal Ruhe ein – zwangsweis­e. Betreiber Hannes Palmer will während dieses Lockdowns nicht wieder ein neues Konzept ausprobier­en. Die vergangene­n Monate seien bereits ein Kraftakt gewesen, sagt er im Interview.
FOTO: MATTHIAS BECKER Im Parktheate­r kehrt in den kommenden Wochen erst einmal Ruhe ein – zwangsweis­e. Betreiber Hannes Palmer will während dieses Lockdowns nicht wieder ein neues Konzept ausprobier­en. Die vergangene­n Monate seien bereits ein Kraftakt gewesen, sagt er im Interview.

Newspapers in German

Newspapers from Germany