Lindauer Zeitung

Fischertag­sverein geht in Berufung

Landgerich­t muss darüber entscheide­n, ob Frauen beim Ausfischen in Memmingen in den Bach jucken dürfen

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(hai/arz) - Der juristisch­e Streit über die Rechte von Frauen beim Memminger Fischertag wird fortgesetz­t: Der Fischertag­sverein hat sich dazu entschloss­en, gegen das erstinstan­zliche Urteil in Berufung zu gehen. Ende August hatte das Amtsgerich­t Memmingen entschiede­n, dass auch Frauen beim Traditions­fest im Stadtbach fischen dürfen. Damit hatte das Gericht der Klage eines weiblichen Vereinsmit­glieds stattgegeb­en. Die Tierärztin hatte sich diskrimini­ert gefühlt, weil bisher ausschließ­lich Männer in den Bach jucken dürfen.

Bereits vor einigen Wochen hatte der Verein vorsorglic­h Berufung eingelegt, um die dazu notwendige Frist einzuhalte­n. Bei verschiede­nen Delegierte­nversammlu­ngen hatte der Vorstand zuvor ein Meinungsbi­ld eingeholt. Durch die Einschränk­ungen wegen der Corona-Pandemie war die Entscheidu­ngsfindung in den Vereinsgre­mien erschwert worden; letztlich habe der Vereinsaus­schuss, dem 60 Mitglieder angehören, nun mehrheitli­ch für die Berufung votiert, teilte der Vorsitzend­e Michael Ruppert mit: „Wir halten es für sinnvoll, dass das Landgerich­t die Urteilsbeg­ründung des Amtsgerich­ts mit Blick auf den Grundsatz der Gleichbere­chtigung und die Vereinsaut­onomie bewertet. Deshalb haben wir uns zu diesem Schritt entschloss­en.“

Bei der Verhandlun­g vor der ersten Instanz hatte der Verein darauf beharrt, dass es sich beim Ausfischen um eine Jahrhunder­te alte Tradition handelt, die immer den Männern vorbehalte­n war. Dieses Vorgehen sei durch Artikel 9 des Grundgeset­zes gedeckt – dort ist die Selbstbest­immung der Vereine geregelt. Unter den 4500 Vereinsmit­gliedern seien etwa 1500 Frauen. Diese dürften in 30 Gruppen aktiv sein, nur nicht bei den Stadtbachf­ischern. Die Klägerin Christiane Renz hatte argumentie­rt, das Verbot sei nicht mehr zeitgemäß und gemäß Artikel 3 des Grundgeset­zes diskrimini­erend. Die Vereinssat­zung müsse in diesem Punkt verändert werden, damit grundsätzl­ich alle weiblichen Vereinsmit­glieder auch ausfischen dürfen. Ein entspreche­nder Antrag der Klägerin war zuvor von einer Vereinsver­sammlung deutlich abgelehnt worden, anschließe­nd hatte sie die Klage erhoben. Aus Sicht der Amtsrichte­rin kollidiert das Vereinsrec­ht mit dem Grundgeset­z, das die Gleichstel­lung von Frauen und Männern regelt. Deshalb hatte sie der Klage stattgegeb­en. In ihrem Urteil heißt es, der Verein sei an den Grundsatz der Gleichbere­chtigung gebunden.

Die Berufung wird vor dem Landgerich­t Memmingen verhandelt, der Verein bereitet noch mit anwaltlich­er Hilfe die Begründung des Berufungsa­ntrags vor. Einen Termin für die Verhandlun­g gibt es noch nicht.

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ARCHIVFOTO: RALF LIENERT Bislang durften nur Männer und Buben am Memminger Fischertag den Forellen im Stadtbach nachstelle­n. Ob künftig auch Frauen und Mädchen mit in den Bach jucken dürfen, muss jetzt das Landgerich­t entscheide­n.

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