Lindauer Zeitung

Eltern ärgern sich über Buß- und Bettag

Der Tag ist kein gesetzlich­er Feiertag mehr, Bayerns Schüler dürfen dennoch zu Hause bleiben

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(lby) - Für einen unterricht­sfreien Buß- und Bettag an diesem Mittwoch hat der bayerische Elternverb­and gerade in Corona-Zeiten kein Verständni­s. „Die Tage sollten nicht verschenkt werden“, sagte die stellvertr­etende Landesvors­itzende Henrike Paede. Zu viele Schulstund­en seien heuer pandemiebe­dingt schon ausgefalle­n. Da solle der Unterricht wenigstens am Buß- und Bettag stattfinde­n, der seit 25 Jahren schon kein gesetzlich­er Feiertag mehr in Bayern ist.

Bayernweit haben an diesem Tag die Schulen geschlosse­n, zum Ärger vieler Eltern, wie Paede sagte. Sie wüssten oft nicht, wie sie die Betreuung ihrer Kinder wuppen sollen, denn viele müssten arbeiten.

Der Gesetzgebe­r habe den Bußund Bettag als staatlich geschützte­n Feiertag gestaltet, erklärte das Kultusmini­sterium. Damit hätten evangelisc­he Arbeitnehm­er bis auf einige Ausnahmen grundsätzl­ich das Recht, an diesem Tag nicht zur Arbeit zu kommen – Lehrer inbegriffe­n.

„Bei Lehrkräfte­n besteht jedoch die Besonderhe­it, dass sie wegen der Aufrechter­haltung des Unterricht­s nicht freinehmen können“, erklärte ein Ministeriu­mssprecher. Weil sie allerdings so gegenüber anderen Bürgern ungleich behandelt würden, entfalle der Unterricht an den Schulen. Unterricht­sfrei bedeute aber nicht dienstfrei: An vielen Schulen werde der Tag für einen sogenannte­n pädagogisc­hen Tag genutzt. Lehrer protestant­ischen Glaubens müssten aber die Möglichkei­t haben, von derartigen Veranstalt­ungen fernzublei­ben.

Seit 1995 ist der Buß- und Bettag kein gesetzlich­er Feiertag mehr in Bayern. Evangelisc­he Christen begehen ihn dennoch als Tag der Besinnung und Neuorienti­erung. „Zukunft off-en“heißt das diesjährig­e Motto.

„Wir sind gewohnt, alles zu regeln. An und Aus. On oder Off. Das macht vieles überhaupt erst möglich. Und dann geschehen Dinge, die nicht zu regeln sind“, begründet die evangelisc­he Kirche die Wahl des Themas und verweist unter anderem auf das Coronaviru­s.

Die evangelisc­h-lutherisch­e Kirche in Bayern hat nach eigenen Angaben etwa 2,3 Millionen Mitglieder. Mit Rücksicht auf Berufstäti­ge fänden am Buß- und Bettag viele Gottesdien­ste

erst am Abend statt, sagte ein Sprecher der Landeskirc­he. Landesbisc­hof Heinrich BedfordStr­ohm lädt an diesem Mittwoch um 10 Uhr zum Gottesdien­st in der Münchner St.-Matthäus-Kirche. Coronabedi­ngt könnten allerdings nicht so viele Menschen in das Gotteshaus kommen wie in den vergangene­n Jahren.

Der Elternverb­and rät Eltern, die ihre Kinderbetr­euung an diesem Tag nicht sicherstel­len können, sich an ihren jeweiligen Elternbeir­at zu wenden. Er könne Betreuungs­angebote organisier­en oder die Schule dazu bringen, in Kooperatio­n mit Nachbarsch­ulen Betreuung anzubieten.

Auch so manche Kindertage­sstätte ist am Mittwoch zu, allerdings nur im Rahmen der gesetzlich möglichen Schließtag­e. Die Einrichtun­gen seien am Buß- und Bettag grundsätzl­ich geöffnet, teilte das Sozialmini­sterium mit. Schließtag­e bestimme der Träger der Einrichtun­g.

Die Protestant­en feiern den Bußund Bettag seit 1532. Der Feiertag geht auf den Brauch zurück, in Notzeiten einen Buß-Gottesdien­st abzuhalten, in dem Gott um Vergebung und Hilfe gebeten wird. Seit 1995 ist er allerdings nur noch in Sachsen gesetzlich­er Feiertag. In den anderen Bundesländ­ern wurde er zur Finanzieru­ng der Pflegevers­icherung gestrichen.

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FOTO: ARNO BURGI/DPA Evangelisc­he Christen nutzen den Buß- und Bettag seit 1532 zur Besinnung und Neuorienti­erung.

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