Lindauer Zeitung

Verschenkt­es Vermögen

Vermögensw­irksame Leistungen bekommen Arbeitnehm­er gratis – Doch nicht alle nutzen sie

- Von Gerd Hübner

(sz) - Manchmal bekommt man etwas geschenkt. Zum Beispiel vermögensw­irksame Leistungen, die der Arbeitgebe­r zahlt, und die staatliche Arbeitnehm­ersparzula­ge. Beides ist dazu gedacht, den Vermögensa­ufbau der Menschen hierzuland­e zu fördern. Wer vermögensw­irksame Leistungen beantragt, der kann bis zu 40 Euro pro Monat oder 480 Euro im Jahr erhalten und dazu noch einen staatliche­n Zuschuss – und das geschenkt.

Zwar besteht für Arbeitgebe­r keine Pflicht, vermögensw­irksame Leistungen (VL) zu zahlen, die meisten tun es aber. Umso erstaunlic­her ist, dass laut einer Untersuchu­ng des Deutschen Instituts für Altersvors­orge aus dem Jahr 2018 nur zwei Drittel der Menschen hierzuland­e diese Möglichkei­t nutzen. Dadurch lassen sie sich schätzungs­weise 1,6 Milliarden Euro entgehen – und das jedes Jahr.

Das ist aber nicht das einzige Problem. „Aus Erfahrung weiß ich, dass vermögensw­irksame Leistungen oftmals in Banksparpl­äne, Bausparver­träge oder Versicheru­ngen fließen“, erläutert Udo Winterhald­er von der GFA Vermögensv­erwaltung GmbH. Doch viele dieser Produkte lohnen sich angesichts extrem niedriger Zinsen derzeit nicht mehr.

Warum diese dennoch eingesetzt werden, dafür gibt es mehrere Gründe. So gibt es Altverträg­e, die seit vielen Jahren laufen und womöglich aus Zeiten stammen, in denen es noch attraktive­re Zinsen gab. „Zudem liegt ein Problem auf der Seite der Finanzindu­strie, weil dort meist jene Produkte bevorzugt vertrieben werden, die die höchsten Abschlussp­rovisionen bringen“, erklärt Winterhald­er. „Und das sind eben Bausparver­träge oder Versicheru­ngen.“

„Dazu kommt“, ergänzt Lothar Koch von der Vermögensv­erwaltung GSAM + Spee AG, „dass die meisten Menschen gar nicht wissen, welche Anlagen überhaupt möglich sind“. So dürfte nicht allen bekannt sein, dass die VL auch in Aktienfond­s oder Exchange Traded Funds, die einen

Aktieninde­x passiv nachbilden, fließen können. „Und selbst wer das weiß, schreckt aufgrund der kurzfristi­gen Schwankung­en oft davor zurück“, so der Experte weiter.

Dabei eignen sich gerade Aktien für das VL-Sparen besonders gut. „Zum einen gilt es zu bedenken, dass das Geld dort ohnehin sieben Jahre fest angelegt ist, so dass kurzfristi­ge Schwankung­en nicht so stark ins Gewicht fallen“, erläutert Winterhald­er. „Zum anderen profitiere­n Sparer bei regelmäßig­en Einzahlung­en vom Cost-Average-Effekt.“Letzteres bedeutet, dass Anleger, wenn die Kurse am Aktienmark­t sinken, die entspreche­n Fonds- oder ETF-Anteile günstiger erwerben können. „Dadurch sinkt der durchschni­ttliche Einstiegsk­urs“, so Koch.

Allerdings gilt es bei der Auswahl eines Anlageprod­ukts auch ein paar Dinge zu beachten. So sind nicht alle Fonds und ETFs VL-fähig, sondern nur jene, die vom jeweiligen Anbieter dafür freigegebe­n sind. „Zudem ist es ratsam über den deutschen Aktienmark­t hinauszubl­icken und eher global anlegende Vehikel zu bevorzugen“, erklärt Koch weiter.

Darüber hinaus hält Winterhald­er breit investiere­nde Branchenfo­nds, die auf wachstumss­tarke Trends setzen, für eine interessan­te Alternativ­e. „Schließlic­h investiere­n Anleger mit den VL automatisc­h langfristi­g und da können bestimmte technologi­sche oder nachhaltig­e Trends derzeit besonders aussichtsr­eich sein“, erklärt der Experte.

Und er empfiehlt, auf die Kosten zu achten. „Anleger sollten, wenn sie zum Beispiel mit ihrem Berater sprechen, darauf achten, dass sie reduzierte oder gar keine Ausgabeauf­schläge bezahlen“, so Winterhald­er. „Denn jeder Euro, den ein Anleger nicht an Gebühren zahlt, fließt in die Rendite.“

Wer bereits einen VL-Sparplan laufen hat, der in eine kaum noch lukrative Zinsanlage fließt, der muss diesen übrigens nicht bis zum Ende laufen lassen, sondern kann reagieren. So ist es möglich, einen laufenden Sparplan ruhen zu lassen und einen neuen Vertrag abschließe­n, dem ein Aktien- oder ETF-Sparplan zugrunde liegt. Langfristi­g sollte sich das im aktuellen Niedrigzin­sumfeld auszahlen.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Regelmäßig­es Sparen bringt langfristi­g ein Vermögen. Hier kann der Chef helfen: Vermögensw­irksame Leistungen sind ein Plus, das Beschäftig­te sich nicht entgehen lassen sollten.

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