Lindauer Zeitung

Rechtsansp­ruch auf Homeoffice wohl vom Tisch

Arbeitsmin­ister Heil rückt von seinem Vorschlag ab – Stattdesse­n sollen Arbeitgebe­r Konditione­n mit ihren Angestellt­en aushandeln

- Von Benjamin Wagener

- Ein Rechtsansp­ruch von Arbeitnehm­ern auf 24 Homeoffice-Tage im Jahr ist aller Voraussich­t nach vom Tisch. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) gibt seinen Plan auf, nachdem er sich in der Koalition nicht gegen die Union durchsetze­n konnte. „Da die CDU/ CSU Union bei dieser Frage offensicht­lich noch nicht im Jahre 2020 angekommen ist, bin ich bereit, den Anspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr zurückzust­ellen“, sagte Heil dem „Redaktions­netzwerk Deutschlan­d“. Übrig bleibt von der Idee allenfalls ein „Erörterung­sanspruch“: Beschäfigt­e sollen nun nur noch das Recht bekommen, mit ihrem Arbeitgebe­r über den Homeoffice-Wunsch zu verhandeln. „Der Arbeitgebe­r darf den Wunsch dann nicht einfach so vom Tisch wischen, sondern muss gut begründen, warum es mit dem mobilen Arbeiten aus betrieblic­hen Gründen nicht geht“, erklärte Heil.

Am Plan, für das Modell Homeoffice einen gesetzlich­en Rahmen zu schaffen, hält der Sozialdemo­krat allerdings fest. Lücken bestehen nach Meinung Heils vor allem beim Unfallvers­icherungss­chutz und bei der Erfassung der Arbeitszei­t. Vor allem sieht der Bundesarbe­itsministe­r die

Gefahr, dass Arbeitnehm­er zu Hause dem Unternehme­n ohne ausreichen­de Pausenzeit­en rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Heil hält deshalb digitale Systeme zur Erfassung der Arbeitszei­t für notwendig. „Es geht nicht um eine Stechkarte zu Hause, aber wir brauchen eine Dokumentat­ion der Arbeitszei­t“, sagt Heil weiter. „Eines muss klar sein: Irgendwann ist Feierabend, auch im Homeoffice soll niemand rund um die Uhr zur Verfügung stehen.“

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte die Pläne Heils auf einen verbindlic­hen Rechtsansp­ruch von Anfang an sehr skeptisch gesehen und „Gesprächsb­edarf “angemeldet. Jetzt hat Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) klargemach­t, dass er den Anspruch rundweg ablehnt. „Arbeit im Homeoffice muss Sache der Firmen und ihrer Mitarbeite­r bleiben“, sagte Altmaier der „Bild am Sonntag“. „Ich habe keinerlei Sympathie für Rechtsansp­rüche, die nur einigen wenigen Arbeitnehm­ern zugutekomm­en.“Schließlic­h würden Briefträge­r, Pfleger oder Chirurgen niemals von zu Hause aus arbeiten können. „In Corona-Zeiten sollten die Unternehme­n so viel Homeoffice ermögliche­n, wie es nur irgendwie geht, und das tun sie ja auch. Aber das ist eine Ausnahmesi­tuation“,

sagte Altmaier weiter. „Der Gesetzgebe­r sollte nicht alles mit Regularien verpflicht­end bestimmen.“

Arbeitgebe­r und Wirtschaft­sverbände hatten den Vorstoß Heils von Anfang an rundweg abgelehnt. So wecke ein gesetzlich­er Anspruch auf Homeoffice „bei vielen Berufsgrup­pen falsche Erwartunge­n“, wie Philipp Merkel, Leiter des Referats Arbeitsrec­ht beim Arbeitgebe­rverband Südwestmet­all, der „Schwäbisch­en Zeitung“gesagt hatte. Der Wirtschaft­sverband industriel­ler Unternehme­n Baden (wvib) warnte davor, dass der kreative Austausch zwischen Mitarbeite­rn leide, wenn nur noch über digitale Systeme gesprochen und konferiert werde. „Büros sind Orte der Kommunikat­ion – ein Forum. Das ist jetzt abgeschnit­ten“, warnt Münzer. Größere Unternehme­n berichtete­n mehr und mehr, dass die Patentanme­ldungen deutlich zurückgega­ngen sind, denn „der Kommissar Zufall fällt weg“, erklärt Münzer – mit Blick auf zufällige Treffen an der Kaffeethek­e und informelle Gespräche in der Kantine.

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FOTO: IMAGO Mitarbeite­rin während der Pandemie im Homeoffice: „Keinerlei Sympathie für Rechtsansp­rüche, die nur wenigen Arbeitnehm­ern zugutekomm­en“, sagt der Bundeswirt­schaftsmin­ister über die Idee des Bundesarbe­itsministe­rs.

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