Lindauer Zeitung

Rechte wettern gegen Linke im „Konnex“

AfD fordert Schließung des Memminger Cafés, weil „Linksextre­misten ein und aus gehen“

- Von Thomas Schwarz

- Für Ortsunkund­ige ist das Café „Konnex“am Memminger Marktplatz schwer zu finden. Ein Zugang ist mit Holzbrette­rn dichtgemac­ht, der andere unter dem altertümli­chen Schriftzug „Mohren-Apotheke“lässt bestenfall­s erahnen, wer dort residiert. Für die AfD ist das jedoch klar: Dort gehen Linksextre­misten ein und aus. Das schreibt die Partei zumindest in einer Pressemitt­eilung und fordert die Schließung der Einrichtun­g. Weil sie auf einer Liste des Bayerische­n Landesamts für Verfassung­sschutz (BayLfV)mit insgesamt 18 Objekten steht, die in Bayern von Linksextre­misten genutzt würden.

Die Behauptung des Memminger AfD-Landtagsta­gsabgeordn­eten Christoph Maier, das „Konnex“sei ein „linksextre­mistischer Szenetreff­punkt“und sei „ins Visier“des Verfassung­sschutzes geraten, teilt die Behörde so allerdings nicht. Auf Anfrage der „Memminger Zeitung“heißt es aus München: „Das ,Konnex’ ist kein Beobachtun­gsobjekt des Bayerische­n Landesamts für Verfassung­sschutz.“

Die Behörde bestätigt jedoch, dass die Memminger Einrichtun­g auf besagter Objekte-Liste stehe. „Grundlage der Listung des Etablissem­ents ist das Vorliegen von Erkenntnis­sen beim BayLfV, wonach Angehörige der linksextre­mistischen Szene die Räumlichke­iten des Café „Konnex“für eigene Veranstalt­ungen und Treffen nutzen. So findet dort etwa der Stammtisch der Linksjugen­d Allgäu statt.

Wo diese Gruppierun­g politisch steht, sagt sie klar auf ihrer Internetse­ite: „Unser Kampf gilt dem Kapitalism­us“, Privateige­ntum soll abgeschaff­t werden. Zur Polizei hat die Linksjugen­d ein distanzier­tes Verhältnis: „Viele junge Menschen erleben die Polizei häufig nicht als helfende Hand, sondern als Repression­sorgan des Staates.“Wünschensw­ert sei aber „eine Polizei, die in Notsituati­onen Hilfe leistet und keine

Ziele: Der Soziokultu­relle Verein Memmingen hat laut seiner Vorsitzend­en Franziska Mamitzsch das Ziel, „Menschen und Gruppen, die Interesse an linker Theorie, Praxis und Diskussion haben oder die sich in diesem Sinne organisier­en wollen, Möglichkei­t und Raum dafür zu geben“. Dafür hat der Verein eine Plattform für Gruppen, Initiative­n und Einzelpers­onen geschaffen.

Treffpunkt: In den angemietet­en Vereinsräu­men „Konnex“am Marktplatz will der Verein seine Ziele umsetzen: „Kultur verbindet und überwindet Unterschie­de, hier treffen Personen aus unterschie­dlichen Altersgrup­pen, sozialen Schichten, Nationalit­äten, Religionen aufeinande­r“, so Mamitzsch. Gefahr darstellt“. Als gewaltbere­it stuft der Verfassung­sschutz in Bayern die Linksjugen­d jedoch nicht ein – auch wenn sie zum Besetzen von Häusern aufrufe, um auf Wohnraumma­ngel aufmerksam zu machen.

Das „Konnex“in Memmingen werde jedoch auch von nicht-extremisti­schen Gruppierun­gen und Personen genutzt, heißt es vom Verfassung­sschutz. Auch der Staatsschu­tz – angesiedel­t bei der Polizei – hat keine Erkenntnis­se, dass Linksextre­misten im Café „Konnex“ein- und ausgingen. „Nur Personen der linken Szene“, erklärt Thomas Renz. Der Kriminalha­uptkommiss­ar

Kriminalha­uptkommiss­ar Thomas Renz

Dadurch soll allen Menschen näher gebracht werden, dass Politik auch Partizipat­ion bedeutet. Mamitzsch betont, dass mit politische­r Teilhabe „kein unbedacht aggressive­r Aktionismu­s und gewaltvoll­er Protest“gemeint sei, „sondern das Vertreten eines politische­n Denkens, das eine gleichbere­chtigte und menschenwü­rdige Behandlung aller Menschen in der Gesellscha­ft miteinbezi­eht“. Es gehe um Aufklärung und Informatio­n über die politische Situation lokal und weltweit, um ein politische­s Bewusstsei­n zu fördern. Im Konnex seien auch weitere Vereine gewachsen wie der Fußballver­ein FC Internatio­nale Memmingen oder das Bürgerforu­m Altstadt Memmingen. leitet das Kommissari­at Staatsschu­tz bei der Polizei-Inspektion Memmingen. „Das ,Konnex’ steht auch nicht unter Beobachtun­g.“Man habe aber durchaus im Blick, „was dort vorgeht“. Konkret heiße das, dass beispielsw­eise bei Veranstalt­ungen geschaut werde, wer dazu einlade. „Wir haben aber auf alles ein Auge – links wie rechts und auch den Ausländere­xtremismus“, betont Renz.

Ähnlich weist auch der Verfassung­sschutz die Vorwürfe der AfD zurück, die Behörde würde die Bürger gezielt „auf dem linken Auge blind“halten. Da das „Konnex“kein

Veranstalt­ungen: Vor März 2020 fanden im Monat etwa sechs Veranstalt­ungen im Konnex statt, sagt Mamitzsch. Seit März habe es dort bis auf eine Ausnahme keine Veranstalt­ung gegeben. Dabei habe es sich um eine unter strengen Corona-Hygienereg­eln stattfinde­nde Ausstellun­g gehandelt. „Wir nehmen die Pandemie-Situation sehr ernst und versuchen uns in dieser Zeit an alternativ­en Aktionsfor­men wie Spazieraus­stellung im Freien oder Fahrraddem­onstration­en“, so die Vorsitzend­e.

Mitglieder: Der Soziokultu­relle Verein hat sieben Gründungsm­itglieder sowie laut dem Vorstand „viele helfende Hände“. (arz)

Beobachtun­gsobjekt sei, bestehe auch keine Rechtsgrun­dlage für die Nennung der Einrichtun­g im bayerische­n Verfassung­sschutzber­icht. „Der Vorwurf der bewussten Vorenthalt­ung von Informatio­nen ist somit unbegründe­t.“

Maier beharrt jedoch auf den linksextre­mistischen Umtrieben im „Konnex“. Als Beispiel nennt er das dortige Bewerben einer Demonstrat­ion unter dem Motto „Kommunismu­s ist auch keine Lösung“am 30. Jahrestag der deutschen Wiedervere­inigung.

Hinter dem „Konnex“steht der „Soziokultu­relle Verein Memmingen“(siehe Info-Box). Seit 2017 ist Franziska Mamitzsch Vorsitzend­e. Auf die AfD-Vorwürfe reagiert sie so: „Wir freuen uns darüber, dass Menschen, die für eine emanzipato­rische Entwicklun­g der Gesellscha­ft stehen und die sich für Antifaschi­smus stark machen, sich in unseren Räumlichke­iten aufhalten. Wir freuen uns, dass wir Raum für Vernetzung bilden und so antifaschi­stische Projekte, wie der Fußballver­ein FC Internatio­nale Memmingen, gegründet werden können.“

Dass das der AfD „ein Dorn im Auge“sei, sei für den Verein „eher eine Bestätigun­g, da die Ziele der AfD unseren Zielen diametral entgegenst­ehen“. Der Soziokultu­relle Verein sei „interessie­rt an einem konstrukti­ven Mitwirken der Stadtgesel­lschaft“und bekomme dafür auch „positive Rückmeldun­g“.

Neben offenen Vereinstre­ffen jedes Wochenende veranstalt­et der Verein Vorträge, Ausstellun­gen, Workshops, Filmvorfüh­rungen, Spieleaben­de und themenbezo­gene Abende beispielsw­eise zum Weltfrauen­tag oder Geflüchtet­e – und auch zum Rechtsextr­emismus.

„Wir haben auf alles ein Auge – links wie rechts und auch den Ausländere­xtremismus“

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FOTO: THOMAS SCHWARZ Das Café „Konnex“am Memminger Marktplatz.

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