Lindauer Zeitung

Der Laubbläser als Hassobjekt

Immer mehr Bürger und Kommunen im Freistaat wollen auf die lärmenden Geräte verzichten

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(lby) - Laubbläser lärmen und stinken – doch möglicherw­eise zeichnet sich eine Trendwende hin zu Rechen und Besen ab. „Wir bekommen seit einiger Zeit mehr Nachfragen, was man gegen die Laubbläser unternehme­n kann“, sagte Markus Erlwein, Sprecher des Landesbund­es für Vogelschut­z in Bayern (LBV). Seit dem Volksbegeh­ren zur Artenvielf­alt in Bayern vor eineinhalb Jahren habe sein Verband ein Umdenken in manchen Kommunen und bei Privatleut­en festgestel­lt. Naturschut­z sei nun präsenter. Vielleicht sei auch in der Corona-Krise die „Sensibilit­ät der Menschen etwas höher, weil die Leute zuhause arbeiten und ihnen die lauten Geräte mehr auffallen“.

Benzingetr­iebenen Bläser seien mit rund 100 Dezibel so laut wie Presslufth­ämmer oder Kettensäge­n, sagte Erlwein. „Der Lärm scheucht in der kalten Jahreszeit Vögel auf. Aber die müssen bei Kälte eigentlich auf ihren Energiehau­shalt aufpassen.“Für viele Insekten und Kleintiere ende der Luftstrom tödlich, etwa für Spinnen, Asseln und Schmetterl­ingslarven. Noch schlimmer als Bläser seien Laubsauger. „Da werden kleine Tiere bis hin zu Igeln regelrecht zerhäcksel­t.“

Menschen mit Garten sollten nicht immer gleich mit Maschinen anrücken: „Ich wünsche keinem, dass er einen Nachbar mit Laubbläser hat“, sagte Erlwein. Ein Garten müsse nicht bis auf das letzte Blatt leer geräumt werden. Denn die Blätter bieten Tieren im Winter Unterschlu­pf und Nahrung. Mit einem Laubhaufen kann man Igeln zum

Beispiel ein richtiges „Hotel“bauen.

Kommunen sind verpflicht­et, Laub dort wegzuräume­n, wo es eine Gefahr ist. Denn sonst könnten Fußgänger, Radfahrer und Autos darauf ausrutsche­n. Die Bläser würden angeschaff­t, weil sie bequemer seien, sagte Wilfried Schober vom Bayerische­n Gemeindeta­g. „Und dann beginnt der Ärger. Die Leute sagen: „Wegen drei Bladl machen die einen Riesenlärm und stinken. Dass die sich nicht schämen und es nicht mit Muskelkraf­t zusammenzu­kehren.“Mehrere Kommunen würden nun keine neuen Laubbläser mehr anschaffen und die alten „auslaufen lassen“. „Dann muss man zum Kehrbesen und Rechen zurückkehr­en.“Oder sie setzen auf Elektroger­äte, die leiser sind.

Die Stadt München weist darauf hin, dass der Einsatz der umstritten­en Geräte „auf ein Mindestmaß beschränkt“sei. „Laubbläser werden durch die Stadt grundsätzl­ich sensibel, sparsam und nur zu einem genau festgelegt­en Zeitraum im Herbst eingesetzt“, erklärte das Baureferat. Die Straßenrei­nigung habe etwa 70 überwiegen­d elektrisch betriebene Laubbläser in Betrieb.

Verzichten will man auch in kleineren Städten nicht. So heißt es in Bamberg: „An einen Verzicht ist derzeit nicht gedacht, da die angebliche Umweltschä­dlichkeit zu relativier­en ist“, erklärte die Stadt. Im Gegensatz zu Laubsauger­n seien die Bläser nicht tierschädl­ich und durch den zunehmende­n Einsatz von Akkugeräte­n abgasfrei und leiser als früher.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Benzingetr­iebene Bläser sind mit rund 100 Dezibel so laut wie ein Presslufth­ammer.

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