Gold und Edelsteine für das königliche Spiel
Bei Kinzel und Rall in Kempten entstehen edle Schachspiele – auch mit Brillanten, Amethysten und Ebenholz
- Schach gilt als das königliche Spiel. 64 Spielfelder, 32 Figuren, in der Regel aus Holz geschnitzt. Im Kemptener Haus der Goldschmiedekunst Kinzel und Rall an der Salzstraße entstehen gerade zwei Schachspiele aus Gold und Edelsteinen. Das erste ist nach eineinhalb Jahren fertig und nun für kurze Zeit im Schaufenster zu sehen. „Der Wert für das Unikat liegt bei einem oberen Mittelklassewagen“, sagt Goldschmiedemeister Joachim Rall. Zu Weihnachten wollen die neuen Besitzer in Dresden die erste Partie spielen.
Schachspiele gehören zu den extrem seltenen Aufträgen für Goldschmiede. Auch für das Haus Kinzel und Rall ist es der erste derartige Auftrag in 178 Jahren Unternehmensgeschichte. „Die Herausforderung liegt darin, das Schachspiel in feiner Goldschmiedekunst in Handarbeit umzusetzen“, sagt Rall. Jede Figur wird einzeln bearbeitet: „Da kommen für so ein Spiel schnell über 500 Arbeitsstunden zusammen.“Die Zutaten sind erlesen: Gold und Silber, Brillanten, Amethyste, Quarze, Ebenholz und transluzides, also durchsichtiges Emaille.
Eineinhalb Jahre war das Team um Rall mit dem einen Auftrag beschäftigt. „Das war eine komplette Herausforderung für Design und Produktion“, sagt Goldschmiedemeisterin Janine Rall. Sie hat die Figuren entworfen, ihr Mann Vitali Dwuretschenski konstruierte die CAD-Modelle am PC. Joachim Rall entwickelte den technischen Aufbau der Figuren und zeichnete alles millimetergenau von Hand mit Bleistift und Aquarellfarben. Die Prototypen wurden mit einem 3D-Drucker plastisch angefertigt und die Werkzeuge für die Montage eigens hergestellt.
Dann wurden die massiven Edelmetallfüße gegossen und von Goldschmiedemeister Christoph Hensel und Auszubildendem Fabio Klug weiterbearbeitet. Die Edelsteine wurden geschliffen und eingepasst. Alle drei Monate kam der Auftraggeber aus Sachsen und schaute dem Team über die Schulter. „Jetzt bauen wir noch eine Transportkiste für das 3,5 Kilogramm schwere Spiel“, sagt Joachim Rall.
In der Werkstatt an der Salzstraße freut sich das Team über das erste fertige Schachspiel und zeigt stolz auf die nächste Herausforderung. Aus Mexiko kam der Auftrag für Schachspiel Nummer zwei. „Diesmal mit Diamanten, Rubinen, Saphiren und viel grüner und schwarzer Jade“, sagt Janine Rall. Das ganze Spiel ist größer und damit aufwendiger. „Allein für die Edelsteine in der Krone der Dame habe ich über eine Woche gebraucht“, beschreibt Hensel seine Arbeit. Zwei Jahre Handarbeit sind veranschlagt und schon liegt die nächste Anfrage auf dem Tisch. „Ein Schachprofi aus Australien ist auf uns aufmerksam geworden“, sagt Firmenchef Rall.
Die meisten Aufträge für das Kemptener Traditionshaus kommen aus dem deutschsprachigen Raum und den angrenzenden Ländern. Zur Kundschaft zählen auch „ExilKemptener“, die immer wieder die alte Heimat besuchen und oft zu Rall sagen: „Schon mein Großvater war Kunde in Ihrem Haus.“Die nehmen vielfach Stücke der Jubiläumskollektion mit Bezug zur römischen und mittelalterlichen Vergangenheit Kemptens mit. Dafür hat der Goldschmied einen römischen TriasRing angefertigt, den Kemptener Zeus als Manschettenknopf aufgelegt und 500 Jahre alte Taler zu Schmuck verarbeitet.