Ab sofort keine Testpflicht mehr für Pendler aus Vorarlberg
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof setzt die Testpflicht für Grenzpendler außer Kraft – Zwei Schüler hatten Eilanträge gestellt
- Schüler und Arbeitnehmer aus Vorarlberg müssen sich ab sofort nicht mehr einmal pro Woche auf das Coronavirus testen lassen: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat am Dienstag die wöchentliche Testpflicht für Pendler aus nicht deutschen Risikogebieten außer Kraft gesetzt.
Das Gericht gab mit der Entscheidung einem Eilantrag zweier österreichischer Schüler statt, die ein Gymnasium im Berchtesgadener Land besuchen. „Die Außervollzugsetzung der Regelung hat allgemeine Wirkung“, erläuterte ein Gerichtssprecher die Folgen des Beschlusses gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
Die beiden Gymnasiasten mit Wohnsitz in Österreich hatten Eilanträge gegen die Einreise-Quarantäneverordnung des Freistaats eingereicht und nun bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig Recht bekommen. Gegen den Beschluss des Gerichts kann kein Rechtsmittel eingelegt werden, die Testpflicht ist laut dpa daher mit sofortiger Wirkung obsolet.
Wie mehrfach berichtet, mussten Pendler und Schüler aus nicht deutschen Risikogebieten nach einem Beschluss der bayerischen Staatsregierung seit Mitte Oktober einen negativen Coronatest mit sich führen, der nicht älter als sieben Tage sein durfte.
Das führte bei den Nachbarn in Vorarlberg zu großem Unmut, sie fühlten sich durch die Testpflicht diskriminiert. Das Lindauer Testzentrum war durch die Verordnung außerdem extrem gefordert, da hier zwischen 1000 und 1500 Pendler betroffen waren. Damit verdoppelte sich die Anzahl der Tests pro Woche auf der Bösenreutiner Steig mit einem Schlag. Während sich Schüler auch unter der Woche testen lassen durften, war dies für Berufspendler nur samstags möglich. Viele bemängelten, dass ihnen damit ein freier Tag genommen wurde. Zudem hatten die Pendler-Tests keine Priorität, die Betroffenen mussten zum Teil mehrere Tage auf das Ergebnis warten.
Dass die bayerische Staatsregierung dann fast gleichzeitig mit Einführung der Pendler-Testpflicht Lockerungen im kleinen Grenzverkehr beschloss, darüber konnte auch der Lindauer Landrat Elmar Stegmann nur den Kopf schütteln. „Für mich ist das nicht nachvollziehbar“, sagte er damals im Gespräch mit der LZ.
Die FDP hatte sich von Anfang an gegen die Testpflicht ausgesprochen. Dominik Spitzer, Sprecher der Fraktion im bayerischen Landtag, lobt am Dienstagabend den Eilantrag: „Diese beiden Schüler haben bewiesen, dass sie ein besseres Gespür für die Verhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen haben, als die Staatsregierung je aufbringen könnte“, schreibt er. Die FDP hatte bereits Ende Oktober die Abschaffung der Testpflicht für ausländische Pendler gefordert. Der Lindauer Kreisverband hatte sogar Beschwerde beim europäischen Bürgerbeauftragten eingelegt. „Die FDP im Kreis Lindau steht für eine gemeinsame europaweite Pandemiepolitik und setzt sich dafür ein“, schreibt Kreisvorsitzender Manuel Grotz am Dienstagabend.
Staatskanzleichef Florian Herrmann
(CSU) sagte in einer ersten Reaktion, man werde die Entscheidung nun analysieren. Die Staatsregierung prüfe den „weiteren Handlungsbedarf“auch im Zusammenhang mit den Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Nachfrage der dpa.
Der für das Infektionsschutzrecht zuständige 20. Senat des Verwaltungsgerichtshofs hatte entschieden, dass sich die Regelung zur Testpflicht im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als unwirksam erweisen werde. Dabei argumentierten die Verwaltungsjuristen auf drei verschiedenen Ebenen: Sie sahen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Testpflicht als derzeit nicht erfüllt. Zum Zweiten äußerten sie Zweifel zur Verhältnismäßigkeit einer wöchentlichen Testpflicht. Und zum Dritten sahen sie durch die Testpflicht auch das Freizügigkeitsrecht der EU-Bürger berührt. Der Senat verwies auf eine Empfehlung des Europäischen Rats zu Einreisebeschränkungen, die sicherstellen sollen, dass EU-Ausländer im Vergleich zu Deutschen nicht diskriminiert werden.