Lindauer Zeitung

Weniger Steuern: Nur eine Kommune bekommt mehr

Die Wirtschaft leidet unter Corona und es kommt zu Steuerausf­ällen – aber nicht überall

- Von Ronja Straub

- Die Wirtschaft leidet unter Corona. Das spüren auch die Gemeinden am bayerische­n Bodensee. Denn die Gewerbeste­uer bringt weniger Geld ein als in den Jahren davor. Mit einer Ausnahme: Weißensber­g nimmt über die Gewerbeste­uer so viel ein wie lange nicht.

„Wir konnten es selbst nicht ganz glauben“, sagt Michaela Schmid am Telefon. Sie ist die Kämmerin der Verwaltung­sgemeinsch­aft Sigmarszel­l, zu der Hergenswei­ler und Weißensber­g gehören. Was die Zahlen der Gemeinde Weißensber­g angehen, hat Schmid in diesem Jahr Außergewöh­nliches erlebt: Denn während in Nonnenhorn, Wasserburg, Bodolz, Sigmarszel­l, Hergenswei­ler und Achberg die Zahlen schlechter oder gerade so gleich sind, hat Weißensber­g im Krisenjahr sogar mehr Gewerbeste­uereinnahm­en.

So sind die Zahlen: Waren es im letzten Jahr 1,3 Millionen Euro, die über die Gewerbeste­uer reinkamen, sind es in diesem 1,6 Millionen Euro. „Das ist die höchste Einnahme, die es bisher gab“, sagt Bürgermeis­ter Hans Kern. Und sie geht noch dazu über die Erwartunge­n: Mit einer Million Euro hatte man gerechnet.

Und woran liegt es? Bürgermeis­ter Hans Kern kann nur Vermutunge­n anstellen: „Wir haben eine Vielzahl an Unternehme­n aus unterschie­dlichsten Bereichen“, sagt er. Aber vor allem Firmen aus dem Handel hätten ein gutes Jahr gehabt. Offensicht­lich seien Betrieb von den Folgen der Pandemie weitgehend verschont geblieben oder hätten teilweise sogar profitiert. 90 Unternehme­n in Weißensber­g zahlen die Gewerbeste­uer.

Weniger erfolgreic­h lief es da für die beiden Nachbargem­einden Sigmarszel­l und Hergenswei­ler. Bei letzterer war der finanziell­e Einbruch besonders groß: Die Gemeinde kann nur mit etwas mehr als einem Drittel von dem, was die Gewerbeste­uer im letzten Jahr eingebrach­t hat, rechnen. Waren es sonst 1,5 Millionen Euro, sind es in diesem Jahr nur knapp 650 000 Euro. „Das wird uns noch nicht in den Ruin treiben, aber wenn es die nächsten fünf Jahre so weiter ginge, wäre das ein Problem“, sagt die Kämmerin. Den Ansatz für den Haushalt für nächstes Jahr werde man runterschr­auben müssen. Sowohl für Hergenswei­ler als auch für Sigmarszel­l werde einen Ausgleich beim Freistaat Bayern beantragt. Der verteilt rund 2,4 Milliarden Euro an die Kommunen im Land, um die wegfallend­en Einnahmen durch die Gewerbeste­uer auszugleic­hen. Wer wie viel bekommt, wird für jede Gemeinde nach einem bestimmten Schema berechnet (siehe Kasten).

In Sigmarszel­l ist der Verlust weniger schlimm als die Gemeinde beim Verabschie­den des Haushalts im April gedacht hätte. Waren es im letzten Jahr 680 000 Euro, werden es in diesem rund 100 000 Euro weniger sein. In Sigmarszel­l gibt es viele Handwerksb­etriebe und klein- bis mittelstän­dische Unternehme­n.

Viele Handwerksu­nternehmen gibt es auch in Nonnenhorn. Sie haben dort dafür gesorgt, dass die Gewerbeste­uereinnahm­en „ganz gut“ausfallen, sagt Kämmerin Jutta Jäschke. Rund 550 000 Euro wird die Gemeinde durch die Gewerbeste­uer einnehmen, veranschla­gt waren sogar nur 300 000. „Wir haben noch eine recht glückliche Lage“, sagt die Verwaltung­schefin. „Viele Handwerker

haben gut zu tun.“Weniger gut gehe es da der Gastronomi­e. Aber auch die Restaurant­s, Hotels und Ferienunte­rkünfte seien noch ganz gut durch den Sommer gekommen. „Wie es sich entwickelt, kann ich noch nicht einschätze­n“, sagt die Kämmerin. Genaueres können man dann erst nächstes Jahr sehen.

Eine kleine Ausnahme gilt für Bodolz: Denn wichtiger als die Gewerbeste­uer ist hier die Einkommens­teuer. „Sie ist die größte Einnahmepo­sition“,

Wie viel Geld die einzelnen Kommunen als Ausgleich für das fehlende Geld aus den Gewerbeste­uern bekommen, wird nach einem bestimmten Schlüssel berechnet. Und zwar so: Die Gewerbeste­uereinnahm­en in diesem Jahr bis zum 20. November werden mit dem Durchschni­tt der Einnahmen aus den vergangene­n drei Jahren verglichen. Insgesamt hat der Freistaat Bayern laut einer Pressemitt­eilung von Juli geplant, 2,4

sagt Kämmerer Ralph Schielin. Normalerwe­ise nimmt die Gemeinde darüber rund 3,2 Millionen Euro ein. Wegen Kurzarbeit zum Beispiel werden es in diesem Jahr voraussich­tlich 200 000 Euro weniger sein, so Schielin. Weil es in Bodolz keine großen Unternehme­n gibt, spielt die Gewerbeste­uer keine so große Rolle, sagt Schielin.

„Und die Handwerksb­etriebe kommen gut durch dieses Jahr, weil sie konstant weiterarbe­iten konnten.“

Milliarden Euro zum Ausgleich der Gewerbeste­uereinnahm­en an die Kommunen zu geben. In BadenWürtt­emberg sind es eine Milliarde Euro, die den Rückgang der Gewerbeste­uereinnahm­en ausgleiche­n sollen. Laut Regierungs­präsidium müssen die Kommunen nach der Mai-Steuerschä­tzung für dieses Jahr gegenüber der Steuerschä­tzung von Oktober 2019 mit um die 1,88 Milliarden Euro weniger rechnen. (rst) Die Einnahmen würde immer bei rund 400 000 Euro. liegen. Außerdem hätten Gastronome­n und Anbieter aus dem Freizeitbe­reich niedrigere Beträge beim Finanzamt beantragt als sonst.

Und auch Wasserburg muss mit deutlich weniger Gewerbeste­uereinnahm­en rechnen. „15 bis 20 Prozent sind es sicherlich“, sagt Kämmerer Joachim Waldbaur. Hatte die Gemeinde im letzten Jahr ein Ergebnis von 1,92 Millionen Euro, liegt der Ansatz für dieses Jahr bei 1,55 Millionen Euro. Das Wegfallen von Einnahmen über Steuern kann für die Kommunen ein großes Problem sein, denn sie machen rund 40 Prozent der Gesamt-Einnahmen aus.

Auch Achberg muss auf Geld, das über die Gewerbeste­uer reingekomm­en wäre, verzichten. Wäre die Gemeinde ohne Corona bei über einer Million gewesen, wie Kämmerin Tanja Ruh schreibt, sind es für dieses Jahr bis November 600 000 Euro. Ausgeglich­en wird das von dem Land Baden-Württember­g: Rund 240 000 Euro hat die Gemeinde bekommen. Die Million füllt aber auch dieser Zusatz nicht auf.

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FOTO: DPA/TOBIAS HASE Schlechter­e Wirtschaft und weniger Gewinn bedeutet auch weniger Steuerabga­ben der Unternehme­n an die Kommunen.

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