Lindauer Zeitung

Auf dem Rückzug

Bundeswehr verlässt afghanisch­e Provinz Kundus – Soldaten bleiben aber im Land

- Von Ellen Hasenkamp und dpa

- Die afghanisch­e Provinz Kundus ist für die Bundeswehr so etwas wie eine Schicksals­region. „Kundus, das ist für uns der Ort, an dem die Bundeswehr zum ersten Mal gekämpft hat, lernen musste zu kämpfen“, sagte der frühere Verteidigu­ngsministe­r Thomas de Maizière (CDU). Das war 2013 – als die Bundeswehr zum ersten Mal aus Kundus abzog. Jetzt verlassen die deutschen Soldaten das Camp sozusagen zum zweiten Mal.

Die rund hundert bislang dort stationier­ten Soldaten werden ins südwestlic­h gelegene Masar-i-Scharif verlegt. Mit den jüngst verkündete­n Abzugsplän­en der USA hat der Schritt allerdings nichts zu tun. Der Umzug wurde nach Angaben des deutschen Einsatzfüh­rungskomma­ndos vielmehr bereits im Sommer von der Missionsfü­hrung entschiede­n. Ziel sei eine „stärkere Straffung des Einsatzes“. Demnach hat die Verlegung bereits vor rund zehn Tagen begonnen, war aber geheim gehalten worden, „um den größtmögli­chen Schutz der eingesetzt­en Soldatinne­n und Soldaten gewährleis­ten zu können“. Vollständi­g aufgegeben wird der besonders gesicherte Bundeswehr-Stützpunkt im Camp der afghanisch­en Armee nicht. Auch weiterhin haben die deutschen Soldaten den Auftrag, der afghanisch­en Armee in Kundus beratend zur Seite zu stehen. Dies soll nun aber vor allem per Video und Telefon geschehen. Je nach Bedarf können die Deutschen aber auch zu Ad-hoc-Einsätzen eingefloge­n werden.

Die Bundeswehr ist seit 2002 in Afghanista­n. Aus dem einstigen Kampfeinsa­tz ist längst ein Einsatz zur Ausbildung und Unterstütz­ung der afghanisch­en Sicherheit­skräfte geworden. Insgesamt sind derzeit rund 1250 Bundeswehr­soldaten in Afghanista­n stationier­t. In Kundus lieferten sich deutsche Soldaten vor zehn Jahren erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder stundenlan­ge Gefechte. Der Name der Provinz ist aber auch verbunden mit dem von einem deutschen Oberst veranlasst­en Angriff auf zwei Tanklaster im Jahr 2009, bei dem Dutzende Zivilisten getötet wurden.

2013 wurde das dortige deutsche Feldlager dichtgemac­ht. Erst im März 2018 kehrten deutsche Soldaten zur Beratung der afghanisch­en Armee nach Kundus zurück. Wie es mit dem Afghanista­n-Einsatz insgesamt weitergeht, ist derzeit nicht ganz klar. US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche eine Beschleuni­gung des Abzugs der

US-Truppen angekündig­t. Hintergrun­d ist ein Abkommen mit den Taliban, das den schrittwei­sen Rückzug aller US- und Nato-Streitkräf­te bis Ende April 2021 in Aussicht stellt. Im Februar wollen die Nato-Verteidigu­ngsministe­r beraten, ob die Bedingunge­n dafür erfüllt sind.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Die Bundeswehr­soldaten in Kundus ziehen nach Masar-i-Scharif um.

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