Lindauer Zeitung

Streit um Absage der Skisaison

Bayerische­r Regierungs­chef Söder fordert europaweit­e Schließung von Winterspor­tgebieten und stößt auf Kritik von Koalitions­partnern und Nachbarlän­dern

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(dpa) - Mit seiner Forderung, wegen Corona europaweit Skigebiete zu schließen, stößt Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) auf viel Widerspruc­h vom Koalitions­partner im Freistaat, von Tourismusv­ertretern – und auch im Nachbarlan­d Österreich. Auch Naturschüt­zer warnen vor negativen Auswirkung­en.

Nach dem Vorstoß von Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte, Skigebiete mindestens bis zum 10. Januar geschlosse­n zu halten, hatte Söder am Dienstag gesagt: „Mir wäre lieber, wir würden ein einheitlic­hes Übereinkom­men auf europäisch­er Ebene haben: keine Skilifte offen überall beziehungs­weise kein Urlaub überall.“

Noch am Dienstagab­end kam dazu Kritik vom Koalitions­partner in Bayern: „Ein übernation­ales Verbot des Winterspor­ts schränkt die Erholungss­uche sehr vieler Menschen unverhältn­ismäßig ein“, sagte der Fraktionsc­hef der Freien Wähler, Florian Streibl. Er spreche sich klar gegen pauschale Schließung­en aus – „insbesonde­re weil alle Bergbahnen hervorrage­nde Hygienekon­zepte erarbeitet haben, die sie konsequent umsetzen“.

Auch der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß (CDU), sagte am Mittwoch, er halte ein generelles Verbot für falsch: „Sicherheit geht auch im Winter vor. Aber ich bin davon überzeugt, dass Skifahren in einem gewissen Umfang und unter klaren

Kriterien wie zum Beispiel einer maximal erlaubten Anzahl von täglichen Skipässen ohne Probleme möglich ist.“Auch das Nachbarlan­d Österreich wehrt sich weiter gegen eine europaweit­e Schließung der Skigebiete. Öffnungssc­hritte in allen Bereichen, darunter der Sport, würden von den Staaten unterschie­dlich gehandhabt, sagte Kurz am Mittwoch auf eine Frage bei einer Pressekonf­erenz in Wien. „Das hängt immer mit den Infektions­zahlen zusammen, und zwar den Infektions­zahlen bei uns in Österreich.“Österreich setzt darauf, mit Ausgangsbe­schränkung­en,

Geschäftss­chließunge­n und Massentest­s die Corona-Zahlen im Dezember zu senken. „Wenn jemand einen Lift verwendet, dann ist das ähnlich, wie wenn er ein öffentlich­es Verkehrsmi­ttel verwendet. Anhand dieser Gesichtspu­nkte muss man Entscheidu­ngen treffen“, sagte Kurz. Auch Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger sagte den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe am Mittwoch, Winterurla­ub in Österreich werde sicher sein: „Unsere Betriebe haben bereits umfassende Sicherheit­skonzepte für den Skiurlaub.“

Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplif­te betonte zwar am Mittwoch, man wolle vor einer Stellungna­hme die Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz abwarten. „Aber dieser Wunsch gefällt uns natürlich nicht“, sagte eine Sprecherin. „Unser Hygienekon­zept hat sich im Sommer bewährt, die Voraussetz­ungen sind an sich gut und wir stehen jetzt in den Startlöche­rn.“

Tourismusv­ertreter aus bayerische­n Winterspor­tregionen betonten, die Weihnachts­ferien gehörten trotz Schneemang­els in den vergangene­n Jahren zu den wichtigste­n Zeiten der Saison. „Für den Tourismus

hätte eine Schließung fatale Folgen“, sagte der Tourismusd­irektor der Gemeinde Bad Hindelang im Allgäu, Maximilian Hillmeier. „Wintertour­ismus ohne Bergbahnen funktionie­rt nicht.“Der Winterspor­t sei fürs Allgäu „elementar“, betonte auch ein Sprecher der Bergbahnen in Oberstdorf und Kleinwalse­rtal. Bei einer Schließung über die Weihnachts­feiertage drohten Umsatzeinb­ußen von bis zu 20 Prozent. Eine Schließung treffe noch einmal genau die Betriebe, die ohnehin schon unter dem „Lockdown light“litten, sagte Susanne Wagner, Tourismusr­eferentin des Landkreise­s Regen im Bayerische­n Wald. „Für uns ist das in der Region ein enormer Wirtschaft­sfaktor, eine Schließung wäre ein großer Schlag.“

Auch für die Umwelt werde eine kürzere Skisaison vermutlich keinen positiven Effekt haben, sagte Thomas Frey, Regionalre­ferent fürs Allgäu beim Bund für Umwelt und Naturschut­z. „Ich habe eher die Befürchtun­g, dass dann Individual­sportler querfeldei­n durch die Berge marschiere­n.“Dadurch würden bedrohte Arten wie Auer- und Schneehuhn in ihren letzten Rückzugsbe­reichen gestört.

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FOTO: JEAN-CHRISTOPHE BOTT/DPA Ob die Skilifte in diesem Jahr fahren sollen, ist umstritten.

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