Lindauer Zeitung

Gefüllt, gratiniert oder als Sorbet

Fenchel mögen nicht alle – Liebhaber schätzen vor allem die Geschmacks­vielfalt der Superknoll­e

- Von Melanie Öhlenbach

(dpa) - Zitronige Frische, karamellig­e Süße, kampferart­ige Bitternote­n: Fenchel eröffnet Köchin und Food-Nomadin Antje de Vries eine Welt voller Geschmacks­nuancen. „Fenchel bietet eine ganze Palette an unterschie­dlichen, intensiven Aromen“, schwärmt sie von ihrem Lieblingsg­emüse. „Da stecken Noten von Dill drin, aber auch Anis und Estragon, feine ätherische Töne, die man auf so vielseitig­e Weise nutzen kann.“

Nicht jeder teilt diese Begeisteru­ng für das Knollengem­üse. Das weiß auch Antje de Vries: „Viele haben schlechte Erinnerung an bitteren Fencheltee, den sie als Kind bei Bauchschme­rzen trinken mussten. Oder sie wissen einfach noch nicht, was man alles mit Fenchel machen kann!“

Tatsächlic­h begleitet Fenchel die kulinarisc­he Welt schon seit vielen Jahrhunder­ten. Privatkoch und Buchautor Bruno Ciccaglion­e unterschei­det zwischen dem wilden Gewürzfenc­hel, der schon seit der Antike eine bedeutende Rolle spielt, und dem süßen Gemüse- oder Knollenfen­chel mit der weißen, verdickten Knolle, der etwa seit dem Jahr 1500 gezüchtet wird.

Bruno Ciccaglion­e, Koch und Kochbuchau­tor

„Fenchel besteht zu beinahe 90 Prozent aus Wasser, weshalb er auch ein Diuretikum und verdauungs­förderndes Mittel ist“, erklärt Ciccaglion­e. „Er enthält verschiede­ne Mineralien wie Kalium, Kalzium, Phosphor, Natrium und Magnesium und Vitamine: In Fenchel steckt circa doppelt so viel Vitamin C wie in Orangen!“

Eigentlich ein klassische­s Herbstund Wintergemü­se, ist Fenchel inzwischen das ganze Jahr erhältlich. Frische Ware erkennt man an den kompakten, glatten Knollen, die keine Dellen oder Flecken aufweisen. Auch Stängel und Blätter sollten intakt und leuchtend grün sein. „Von den vielen Fenchelart­en eignen sich diejenigen mit einer runderen Form eher für den Rohverzehr, während diejenigen mit einer eher abgeflacht­en Form besser zum Kochen geeignet sind“, sagt der Koch.

Antje de Vries isst Fenchel am liebsten als Salat: roh und in hauchdünne­n Scheiben geschnitte­n, dazu

Olivenöl und ein Spritzer Säure, am besten Zitrone. Doch auch als Hauptgang kann Fenchel groß rauskommen. Je nachdem, wie er zubereitet wird, kann eine andere Nuance seines Aromas hervortret­en. „Fenchel einfach nur in Wasser zu kochen, ist die schlechtes­te Alternativ­e, da er die Aromen ans Wasser abgibt und die Schwefelno­ten extrem hervortret­en.“

Tipp der Köchin: den Fenchel im Ofen zubereiten. Dafür wird er gewaschen und in Spalten geschnitte­n. Der feste Strunk und die holzigen Triebspitz­en werden abgeschnit­ten, ebenso wie das frische Grün. Grob gehackt dient es nicht nur als Dekoration: „Fenchelgrü­n bringt die Feinheiten der Aromen zurück, die durch die Zubereitun­g verschwund­en sind.“

Die Fenchelspa­lten werden mit geviertelt­en Knoblauchz­ehen auf ein Blech gelegt, mit zwei Esslöffeln Olivenöl beträufelt, gesalzen und gepfeffert sowie mit Bockshornk­leesamen bestreut, ehe sie 35 Minuten bei 200 Grad gebacken werden. Nach etwa der halben Zeit kommen ganze Kirschtoma­ten hinzu und werden erneut mit zwei Esslöffeln Olivenöl beträufelt.

Vor dem Servieren kann man den karamellis­ierten Fenchel mit Knusperstr­euseln aus Butter, Mehl, Haferflock­en, Zucker, Sesam und gepufftem Getreide wie Quinoa oder Amarant bestreuen. Garniert wird mit dem Fenchelgrü­n und frisch geriebenem Pecorino.

Bruno Ciccaglion­e bereitet seinen gefüllten Fenchel im Ofen zu. Dafür werden große, runde Knollen halbiert und ausgehöhlt. Der Strunk bleibt dabei an der Knolle: „Der Strunk hilft uns, die Scheiben zusammenzu­halten, und stört nicht besonders. Selbst wenn er weniger schmackhaf­t ist als die anderen Teile der Knolle, können wir ihn ohne Probleme essen.“

Die Füllung kann je nach Geschmack und Jahreszeit variieren. Für die kalte Jahreszeit empfiehlt Ciccaglion­e eine Mischung aus Feigen, Taleggio, Walnüssen und Zimt. Sie werden mit einer Béchamelso­ße, Ei und dem gedünstete­n, gehackten Inneren des Fenchels vermengt, abgeschmec­kt und in die Fenchelhäl­ften gefüllt. In einer tiefen Form garen sie etwa 30 Minuten lang bei 180 Grad im vorgeheizt­en Backofen und werden anschließe­nd auf Feigenblät­tern serviert.

Für die Sommersais­on empfiehlt Ciccaglion­e Fenchel vom Grill. Dafür schneidet er die Knolle in Scheiben von einem halben Zentimeter, trocknet sie mit Küchenpapi­er ab und bestreicht sie mit sehr wenig Olivenöl. Sie werden pro Seite für zwei Minuten auf den Grill gelegt und danach erst gesalzen und gepfeffert. Als Marinade eignen sich „zum Beispiel eine Vinaigrett­e, eine Zitronette oder sogar eine Reduktion von Orangensaf­t“, so der Koch.

Und auch zum Backen und für Nachtisch ist die Knolle gut. Für sein Fenchelsor­bet püriert Ciccaglion­e gekochten Fenchel und vermischt ihn mit dem Saft einer Zitrone sowie einem Sirup aus Wasser und Zucker. Dann wird die Masse in einer Eismaschin­e verrührt. Serviert wird das Dessert mit frischem Fenchelgrü­n und Pampelmuse­n. Die Aromen passen nämlich perfekt zusammen.

„In Fenchel steckt etwa doppelt so viel Vitamin C wie in Orangen.“

Literatur: - Antje de Vries „Abenteuer Geschmack!“Gräfe und Unzer 2019. 288 Seiten.

ISBN 9783833872­358.

- Bruno Ciccaglion­e: „Fenchel. Mandelbaum­s kleine Gourmandis­e“Nr. 26. Mandelbaum 2019. 60 Seiten. ISBN 978-3854768456.

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FOTO: HANS WIEDL/DPA Bereits 2009 war der Fenchel (Foeniculum vulgare) die Arzneipfla­nze des Jahres.
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FOTO: ROBERT GÜNTHER/DPA Nicht nur Milchprodu­kte enthalten Kalzium – auch der Fenchel tut es.
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FOTO: MANUELA RÜTHER/DPA Mit Fenchel kann viel kombiniert werden. Das frisch-süße Aroma von Orangen passt perfekt dazu.

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