Obszöne Anrufe: Rentner muss ins Gefängnis
70-Jähriger mit langem Vorstrafenregister wegen Nachstellung vor Gericht – Es war nicht die erste Tat dieser Art
(lieg) - Weil er eine Frau aus dem Tettnanger Umland über Wochen hinweg mit obszönen Anrufen belästigt hat, muss ein 70-Jähriger nun für zehn Monate ins Gefängnis. „Irgendwann schützt einen das Alter auch nicht mehr vor dem Gefängnis“, sagte Richter Max Märkle bei der Urteilsverkündung mit Blick auf das lange Vorstrafenregister des Angeklagten. Denn nur wenige Monate vor den Taten war der Mann schon einmal wegen genau der gleichen Sache verurteilt worden.
Am Amtsgericht Tettnang musste sich der in Friedrichshafen wohnhafte Deutsche am Donnerstag wegen Nachstellung in 14 Fällen verantworten. Die Zahl der Anrufe liegt allerdings weit höher. Über einen Zeitraum von rund drei Wochen hinweg soll der 70-Jährige die Frau im September 2019 teils mehrmals täglich angerufen haben. Dabei soll er mehrmals ganz langsam den Namen der
TRAUERANZEIGEN
Frau gesagt haben, außerdem sei zu hören gewesen, wie er stöhnt und während der Anrufe onaniert. Opfer und Täter hätten sich nicht gekannt. Allein im Zeitraum vom 20. bis 23. September vergangenen Jahres soll der Angeklagte der Frau insgesamt 47 Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen haben.
Und das zunächst sogar mit sichtbarer Nummer. Als die Frau die Telefonnummer des Anrufers blockierte, ließ dieser seine Nummer unterdrücken und führte seine obszönen Anrufe fort. Erst, als sich die Frau nicht mehr zu helfen wusste und im Oktober vergangenen Jahres Anzeige bei der Polizei erstattete, hörten die Anrufe auf. Weil der Angeklagte bereits im Vorfeld geständig war, blieb der Frau eine Aussage und damit ein persönliches Aufeinandertreffen mit dem Angeklagten erstpart. Richter Märkle verlas Auszüge aus ihrer Vernehmung, in der sie geschildert haben soll, wie sehr sie die Anrufe belasten. Sie habe keine Ahnung gehabt, wer sie da belästigt, die Stimme sei ihr völlig unbekannt. Sie habe daher auch gefürchtet, dass der Anrufer vielleicht noch andere Absichten hat, die über telefonischen Kontakt hinausgehen. In ihrer eigenen Wohnung habe sie sich nicht mehr sicher gefühlt, habe auch tagsüber, wenn sie zuhause war, die Wohnungstür abgeschlossen und stets alle Rollläden heruntergelassen. „Ich habe da einen totalen Filmriss, ich weiß auch nicht, was da passiert ist. Normalerweise ist das nicht meine Art“, beteuerte der 70-Jährige im Gerichtssaal, wirkte dabei aber wenig glaubhaft. Zwar könne er sich schon noch „ganz schwach“an die Taten erinnern.
Aber warum er „wie ein kleiner Bub“eine fremde Frau angerufen habe, könne er sich nicht erklären, er kenne die Dame ja gar nicht. Wie er denn überhaupt an die Telefonnummer der Frau gekommen sei, wollte Richter Max Märkle wissen. Die habe er wohl 2017 von ihr bekommen, allerdings habe er diese unter einem ganz anderen Namen in seinem Adressbuch notiert gehabt. „Das war ein Riesenversehen. Das tut mir so leid“, so der Rentner. Er habe die Dame nicht verschrecken wollen.
Dabei kam er jedoch auch immer wieder gerne auf seine eigenen Probleme zu sprechen, die er versuchte, als Entschuldigung für sein Verhalten anzuführen. Er habe früher ein Alkoholproblem gehabt, sei inzwischen aber „so gut wie trocken“, meinte er. Er trinke eigentlich gar keinen Alkohol mehr. Nur eine Flasche Wein habe er noch zu Hause – „da trinke ich manchmal morgens ein halbes Gläsle“, so der 70-Jährige.
„Reden Sie nicht um den heißen Brei herum“, fand der Staatsanwalt schließlich deutliche Worte. Die Vorfälle seien für das Opfer „eine sehr unappetitliche Geschichte und ein Martyrium“gewesen. Zwar habe der Angeklagte ein pauschales Geständnis abgelegt, jedoch habe er seine Zweifel an der Ernsthaftigkeit von dessen Reue. „Sie zerfließen hier in
Selbstmitleid“, so der Staatsanwalt.
Dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, hatte vor allem mit dem langen Vorstrafenregister des Rentners zu tun. Das reicht von fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr, Diebstahl, Beleidigung und Körperverletzung über die Erregung öffentlichen Ärgernisses, exhibitionistische Handlungen und sexueller Nötigung. Auch eine Gefängnisstrafe von insgesamt mehr als einem Jahr hat er bereits hinter sich. Hinzu kommt, dass er erst 2019 bereits ebenfalls wegen Nachstellung verurteilt worden war. Auch damals hatte er eine Frau mit obszönen Anrufen belästigt. „Es wird nicht wieder vorkommen“, sagte der Angeklagte. Daran hatte Richter Märkle jedoch so seine Zweifel. „Sie haben sich ja nicht mal durch eine Freiheitsstrafe auf Bewährung von den Taten abhalten lassen“, meinte er. „Das Einzige, was Ihnen Leid tut, sind Sie selbst.“Für zehn Monate muss der Rentner deshalb erneut ins Gefängnis.