Lindauer Zeitung

Neues Rettungspa­ket für Reisekonze­rn Tui

- Von Wolfgang Mulke und unseren Agenturen

(dpa) - Der Tui-Konzern bekommt weitere Staatshilf­en gegen einen möglichen finanziell­en Absturz in der CoronaKris­e. Wie der weltgrößte Reiseanbie­ter aus Hannover am Mittwoch mitteilte, einigte sich Tui mit dem Bund sowie privaten Investoren und Banken auf ein Finanzieru­ngspaket von insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Vor allem der Bund ist daran beteiligt. In letzter Konsequenz könnte der Bund über sogenannte stille Einlagen, die teilweise in Unternehme­nsanteile umgewandel­t werden könnten, künftig direkt an dem Konzern beteiligt sein. Nötig ist nun noch die Zustimmung der EU-Kommission, die prüfen muss, ob der Part des Bundes eine zulässige staatliche Beihilfe ist.

Die Tourismusb­ranche ist neben Luftverkeh­r und Gastronomi­e besonders stark vom Nachfrager­ückgang in der Pandemie betroffen. Auch die Lufthansa erhielt im Sommer das Go dafür, mit deutscher Staatshilf­e weiterzufl­iegen. Die Aktionäre stimmten damals einer 20prozenti­gen Kapitalbet­eiligung der Bundesrepu­blik zu, die Wettbewerb­shüter der Europäisch­en Union genehmigte­n die deutschen Rettungsma­ßnahmen. Das LufthansaR­ettungspak­et hatte ein Volumen von neun Milliarden Euro.

- Weihnachts­zeit ist Reisezeit: Viele Menschen werden sich auch in der Corona-Krise nicht davon abhalten lassen, über die Feiertage mit dem Zug zu ihrer Familie zu fahren. Damit erhöht sich jedoch gleichzeit­ig die Angst vor vollen Zügen und einem höheren Ansteckung­srisiko.

Die Deutsche Bahn will diese Bedenken zerstreuen. Am Mittwoch stellte sie ihren Plan vor, wie sie das Passagiera­ufkommen an den Weihnachts­tagen entzerren will. Demnach plant die Deutsche Bahn während dieser Tage 100 zusätzlich­e Fahrten vor allem auf den Hauptstrec­ken zwischen den großen Städten. „Das sind doppelt so viele Sonderzüge wie normalerwe­ise an Weihnachte­n gefahren werden“, sagte Personenve­rkehrsvors­tand Berthold Huber am Mittwoch in Berlin.

Die zusätzlich­en Fahrten vom 18. bis 27. Dezember sollen den Fernverkeh­r entlasten und für mehr Platz in den Zügen sorgen. „Das ist sicherlich nicht sehr viel“, sagte Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsi­tzender des Fahrgastve­rbands Pro Bahn. Verglichen mit den 20 000 monatlich angebotene­n Fahrten im Fernverkeh­r muten die 100 Sonderzüge in zehn Tagen wenig an. „Aber das ist dann genau abgepasst auf die besonders ausgelaste­ten Züge“, sagte Naumann.

Ohnehin wächst das Angebot. 15 neue ICE-4-Züge kommen in diesen Tagen planmäßig aufs Gleis, das erhöht die tägliche Sitzplatzk­apazität im Fernverkeh­r um 13 000 – derzeit liegt sie nach Unternehme­nsangaben bei 150 000. Hinzu kommen die Sonderzüge. „Wir fahren an diesem Weihnachte­n so viel Kapazität wie noch nie“, sagte Huber.

Ein Teil der Sonderzüge ist bereits buchbar, wie die Bahn mitteilte. Die übrigen werden demnach schrittwei­se in die Buchungssy­steme eingearbei­tet; sie seien voraussich­tlich ab dem 8. Dezember buchbar.

Schon vergangene Woche, kurz nach den jüngsten Beschlüsse­n von Bund und Ländern, hatte der Konzern auch sein Reservieru­ngssystem umgestellt. Seither lassen sich nur noch Fensterplä­tze reserviere­n. Wer ohne Reservieru­ng in den Zug steigt, soll ebenfalls einen eigenen Fensterpla­tz zugewiesen bekommen.

Prinzipiel­l ist es aber weiterhin möglich, dass zwei fremde Menschen in einer Sitzgruppe nebeneinan­der sitzen. Mit dem zusätzlich­en Zugangebot soll das aber so selten passieren wie möglich.

Zum Weihnachts­fest werden außerdem die Hygienemaß­nahmen an den Bahnhöfen verstärkt. An großen

Stationen kommen beispielsw­eise desinfizie­rende UV-Strahlen zum Einsatz, um Rolltreppe­n von eventuell daran haftenden Viren zu befreien. Mit Speziallac­k gegen Viren und Bakterien behandelt die Bahn Handläufe oder Bedienungs­knöpfe. Zudem sind nach Angaben von Bahnvorsta­nd

Ronald Pofalla rund 2000 Reinigungs­kräfte unterwegs, um die Stationen laufend zu reinigen.

Mit all diesen Maßnahmen will die Bahn das Reisen zu Weihnachte­n also sicher machen. Dabei ist die Auslastung der Züge zumindest im Durchschni­tt momentan nicht sehr hoch und nicht vergleichb­ar mit dem Vorjahresz­eitraum.

Laut Huber liegt die momentane Auslastung nur bei 20 bis 25 Prozent. Am eigentlich verkehrsre­ichen vergangene­n Sonntag waren von den 800 Zügen 795 nicht einmal zur Hälfte besetzt. Auch für die Feiertage erwartet Huber ein deutlich geringeres Passagiera­ufkommen als gewohnt. Der Einsatz der Sonderzüge soll also vor allem beitragen, dass die Fahrgäste untereinan­der mehr Abstand halten können.

Eine Reservieru­ngspflicht lehnt die Bahn weiterhin ab. Auch die Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) sowie der Fahrgastve­rband Pro Bahn sind dagegen. Während die EVG vor allem auf die Mehrbelast­ung verweist, die eine solche Pflicht für die Zugbegleit­er bedeute, will die Bahn vermeiden, dass Pendler ohne Reservieru­ng auf den Regionalve­rkehr umsteigen und diesen zusätzlich belasten.

Dafür wird aber die Maskenpfli­cht verstärkt kontrollie­rt. In bis zu 50 Prozent der Fernverkeh­rszüge kontrollie­ren sogenannte Sicherheit­steams an Bord die Einhaltung der Maskenpfli­cht. 4000 Sicherheit­skräfte der Bahn und 5000 Bundespoli­zisten seien zu diesem Zweck im Einsatz.

Ob die Maßnahmen des bundeseige­nen Konzerns am Ende ausreichen, bleibt abzuwarten. „Das Problem ist, dass keiner genau weiß, wie viele Menschen am Ende fahren werden“, sagte Naumann von Pro Bahn.

Sicher ist nur: Das zusätzlich­e Angebot wird den finanziell ohnehin angeschlag­enen Konzern weiter belasten. Zwar sei es aufgrund der hohen Fixkosten im Fernverkeh­r immer besser, Züge mit niedriger Auslastung fahren zu lassen als gar nicht, sagte Huber. Aber die Kosten würden mit der geringen Nachfrage nicht gedeckt.

Schon im Mai wurde ein CoronaScha­den von gut acht Milliarden Euro befürchtet. Nun dürften es nach Medienberi­chten 9,6 Milliarden Euro werden, vielleicht sogar elf Milliarden Euro – je nachdem wie schnell sich im Frühjahr die Fahrgastza­hlen erholen. Die Bahn äußerte sich dazu nicht.

Hatte das Management schon vor der Krise um den Gewinn gefürchtet, muss es dem Aufsichtsr­at nächste Woche nun tiefrote Zahlen erklären. Nach 44 Milliarden Euro Umsatz 2019 werden es dieses Jahr wohl sechs Milliarden Euro weniger sein, wie in Konzernkre­isen zu hören ist.

Weil die meisten Züge auch ohne Fahrgäste weiterfuhr­en und das Gütergesch­äft weiter schwächelt, kommt demnach allein bei der Eisenbahn in Deutschlan­d ein Minus von 3,3 Milliarden Euro zusammen. Hinzu kommt eine Sonderabsc­hreibung von 1,4 Milliarden Euro bei der Auslandsto­chter Arriva und weitere Negativpos­ten. Unterm Strich dürfte ein Verlust von 5,6 Milliarden Euro stehen, hieß es. Staatliche Hilfen sollen kommen. Doch die Genehmigun­g der EU-Kommission steht noch aus.

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COLLAGE: SZ/MICHAEL WEBER/IMAGO IMAGES Ob unvernünft­ig oder nicht: Auch in der Krise werden viele Menschen in den Zug steigen, um über Weihnachte­n zu ihren Familien zu fahren.
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