Weihnachtsarrest? – Familien hoffen auf Ausnahme
Österreich verhängt ab kurz vor Weihnachten Quarantänepflicht – Noch keine Ausnahme für kleinen Grenzverkehr
- Die Szenen aus dem Frühjahr sind ihnen allen noch sehr präsent: Als die Grenze zwischen Lindau und Vorarlberg praktisch zu war, waren Familien und Lebenspartner auf unbestimmte Zeit von einander getrennt. Einige von ihnen sorgen sich nun, dass sich dieses Drama an den Weihnachtsfeiertagen wiederholen könnte.
Denn die Grenze zwischen Österreich und Deutschland ist über Weihnachten praktisch wieder zu. Ab dem 19. Dezember bis zum 10. Januar soll in ganz Österreich eine Quarantänepflicht für Einreisende aus Corona-Risikogebieten gelten – dazu zählt auch Deutschland. Ob es Ausnahmen für Familien und Paare geben wird, ist noch unklar. Betroffene sind besorgt, die Vorarlberger Landesregierung pocht auf eine Sonderregelung im kleinen Grenzverkehr zu Lindau.
In den sozialen Netzwerken werden schon die ersten Petitionen gestartet. „Weihnachten ohne Lebenspartnerin, Eltern, Kinder... Ja, das steht all jenen bevor, deren wichtigste Bezugspersonen im Ausland leben“, schreibt eine FacebookNutzerin in der Gruppe „Binationale Paare Deutschland, Österreich, Schweiz“– und ruft zum Protest dagegen auf. Viele andere Nutzer fragen, ob denn nun die Eltern aus Deutschland über Weihnachten nach Österreich kommen dürfen. „Wenn mein Mann für die Weihnachtsferien zu uns kommt, wie funktioniert das mit der Quarantäne?“, fragt eine Frau.
Die Regierung in Wien hatte am Mittwoch verkündet, dass in Österreich vom 19. Dezember bis zum 10. Januar eine zehntägige Quarantänepflicht für all diejenigen gilt, die vom Corona-Risikogebiet einreisen. Betroffen sind so gut wie alle Nachbarstaaten. Die Quarantänepflicht könne mit einem negativen Coronatest verkürzt werden, allerdings erst nach fünf Tagen. „Die neue Verordnung liegt noch nicht vor, wir wissen noch nicht, was genau kommuniziert wird“, sagt Florian Themessl, Sprecher der Vorarlberger Landesregierung, im Gespräch mit der LZ. „Wir haben bei der Regierung in Wien aber hinterlegt, dass es eine Regelung für den kleinen Grenzverkehr geben muss und dass man für Vorarlberg Lösungen finden muss.“
Sollte es diese Lösung nicht geben, dann wären Besuche über die Grenze praktisch unmöglich. Zwar gibt es in Bayern Ausnahmeregeln: Der Lebenspartner, aber auch Eltern aus nicht deutschen Risikogebieten dürfen für höchstens drei Tage nach Bayern kommen und müssen dafür nicht in Quarantäne. Dasselbe gilt für Pendler und alle, die weniger als 24 Stunden im Risikogebiet waren oder weniger als 24 Stunden in Bayern bleiben.
Nun funktionieren solche Grenzregelungen aber eben nicht einseitig. Gibt es von österreichischer Seite keine vergleichbaren Ausnahmen, dann kann der österreichische Partner zwar zu Besuch nach Bayern kommen, muss nach seiner Heimreise aber in Quarantäne. Dasselbe würde dann für Lindauer gelten, die Partner oder Kinder in Vorarlberg besuchen möchten.
Doch genau diese Szenen wie im Frühjahr wolle die Landesregierung in Vorarlberg „absolut“vermeiden. „Das war eine außergewöhnliche Erfahrung“, sagt Florian Themessl. „Da hat man erst einmal gemerkt, wie viele Beziehungen es über die Grenzen gibt, und wie viele Leute davon betroffen sind.“
Auch die Vorarlberger Grünen drängen auf eine Lösung im kleinen Grenzverkehr. Mit den angekündigten Einreisebestimmungen werde die grenzüberschreitende Wahrnehmung familiärer Kontakte erneut praktisch unmöglich, das in vielen Fällen familiengerichtlich geregelte Kontaktrecht von Kindern
Florian Themessl, Sprecher der Vorarlberger Landesregierung getrennter und geschiedener Eltern werde ausgehebelt, schreibt Johannes Rauch, Landessprecher der Grünen in Vorarlberg. Die Bundesregierung würde damit schon wieder in das verfassungsrechtlich abgesicherte Recht von Kindern auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen eingreifen. „Und das unabhängig des Umstandes, dass in Nachbarländern teilweise niedrigere Inzidenzwerte nachgewiesen sind“, schreibt Rauch, und nennt als Beispiel den Landkreis Lindau. „Aus meiner Sicht ist dieser Eingriff in die Grundrechte von Kindern weder angemessen noch verhältnismäßig.“Rauch fordert, dass zumindest über die Weihnachtsfeiertage, vom 23. Dezember bis 6. Januar, die Grenzübertritte nach Vorarlberg möglich sein müssen. Die neue Quarantäneregel habe die österreichische
ANZEIGE Bundesregierung vor allem eingeführt, um Familienurlaube auf dem Westbalkan zu verhindern, erklärt Florian Themessl.
Dafür musste der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz schon Kritik einstecken. „Die Infektionszahlen dort sind teilweise hoch, und es gab die Intention, Besuche dort zu erschweren“, sagt er. „Aber die Situation hier ist eben einfach eine andere.“
„Da hat man erst einmal gemerkt, wie viele Beziehungen es über die Grenzen gibt, und wie viele Leute davon betroffen sind.“