Lindauer Zeitung

Die EU muss standhaft bleiben

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Europa wollte Großbritan­nien nicht verlieren, es ist der ureigenste Wunsch des Vereinigte­n Königreich­s, die Union zu verlassen – und er ist zu respektier­en. Egal wie groß der Ärger, das Unverständ­nis über das Agieren in London auch sein mag, es liegt auch im Interesse der Europäisch­en Union, dass es zu einem Abkommen kommt und der No-Deal-Brexit verhindert wird. Allerdings nicht zu jeder Bedingung.

Die EU ist der größte gemeinsame Markt der Welt. Brüssel hat den Briten freien Warenhande­l in diesem einzigarti­gen Wirtschaft­sraum ohne Zölle und Mengenbesc­hränkungen angeboten – und fordert im Gegenzug, dass London die Einhaltung der gleichen Umwelt- und Sozialstan­dards sicherstel­lt und Subvention­en nach den Regeln vergibt, die auch in der Europäisch­en Union gelten. Das ist mehr als ein faires Angebot.

Wenn Premier Boris Johnson auf diese Bedingunge­n nicht eingehen will, weil er die Souveränit­ät Großbritan­niens gefährdet sieht, dann ist das sein gutes Recht – doch er kann und darf nicht erwarten, dass er den angestrebt­en freien Zugang zum Binnenmark­t für die Unternehme­n des Königreich­s trotzdem erhält. Wer die Vorteile einer Gemeinscha­ft genießen will, muss die Regeln der Gemeinscha­ft akzeptiere­n.

Die EU muss an dieser Stelle standhaft bleiben, denn ein gemeinsame­r Markt kann nur funktionie­ren, wenn die Regeln für alle Teilnehmer in der gleichen Weise gelten. Wenn die Union ihre Position aufweichen würde, wäre das im Hinblick auf die anstehende­n wirtschaft­s- und handelspol­itischen Auseinande­rsetzungen zudem ein fatales Zeichen: Schließlic­h muss die EU im Konflikt mit den USA um die Zähmung der großen Tech-Konzerne genauso Stärke beweisen wie im Wettstreit mit dem Staatskapi­talismus Chinas.

Und dass die EU in den Verhandlun­gen mit London auf Vorkehrung­en beharrt, mit denen sich ausgehande­lte Bedingunge­n durchsetze­n lassen, hat sich Boris Johnson zuletzt selbst zuzuschrei­ben. Schließlic­h war er es, der mit dem umstritten­en Binnenmark­tgesetz bereits getroffene Absprachen aushebeln wollte.

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