Harter Lockdown wird wahrscheinlicher
Einige Ministerpräsidenten wünschen sich schärfere Corona-Maßnahmen – Schließungen von Geschäften sind möglich
- Mit drastischen Maßnahmen wollen Kanzlerin Angela Merkel und einige Bundesländer die Infektionszahlen drücken. Erwogen wird auch das Schließen von Geschäften. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wird es bald eine weitere Corona-Runde mit Bund und Ländern geben?
Es sieht so aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), einige UnionsRegierungschefs in den Ländern und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) haben schon klargemacht, dass sie sich dringend schärfere Maßnahmen wünschen. Damit wollen sie nicht bis zum eigentlich für 4. Januar geplanten nächsten Treffen warten. Bei der SPD tritt man eher auf die Bremse. So betonte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, zugleich Vorsitzender der Ministerpräsidenten-Konferenz, die Länder hätten derzeit noch „weiteren Handlungsspielraum“. Ein Treffen habe deshalb derzeit eigentlich „keinen Sinn“. Dennoch geht zum Beispiel Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke von einer neuen Runde noch in dieser Woche aus. Wenn die Kanzlerin rufe, werde man sich einem Treffen nicht verweigern.
Was soll bei einem solchen Treffen beschlossen werden?
Zum Beispiel das Schließen sämtlicher Läden mit Ausnahme des Lebensmitteleinzelhandels in der Zeit zwischen Weihnachten und den 3. Januar. Laut „Bild-Zeitung“favorisiert die Kanzlerin eine solche Maßnahme. Berlins Regierender Bürgermeister Müller wäre einverstanden. „Es gibt keinen Grund, sich noch am 28. Dezember einen Pullover zu kaufen. Das kann man auch vorher machen“, sagte er. Ein solcher weitreichender Beschluss müsste aber auch Müllers Auffassung zufolge bei einem BundLänder-Treffen beschlossen werden. „Da bin ich gespannt, ob wirklich alle dazu bereit sind, wie wir in Berlin das sind.“Fix ist also noch nichts.
Wie wichtig sind die Tage zwischen Weihnachten und Anfang Januar für den Handel?
Diese Zeit sei „neben der Woche vor Weihnachten die umsatzstärkste des Weihnachtsgeschäfts“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschlands, Stefan Genth, am Dienstag. Erfahrungsgemäß werden dann Geldgeschenke und Gutscheine verwertet. Wenn die Geschäfte unbedingt geschlossen werden müssten, dann besser erst ab Januar, betonte Genth, wobei es dann entsprechende staatliche Hilfen für die betroffenen Händler geben müsse.
Mehrere Bundesländer wollen die zu Weihnachten geplanten Lockerungen nicht mitmachen. Wie hoch ist die Infektionsgefahr bei solchen Familientreffen?
Offenbar sehr hoch. Nach dem Thanksgivings-Fest, dem in den USA vor allem im Kreis der Familie gefeierten Erntedankfest, sind die Infiziertenund Todeszahlen im Land dramatisch gestiegen. An drei aufeinanderfolgenden Tagen waren dort eine Million Flugpassagiere und rund 50 Millionen Menschen im Auto zu Familienfeiern gefahren. Mit einem ähnlichen Effekt wird gerechnet, wenn in zwei Wochen in Deutschland die Weihnachts-Reisewelle ausbricht. Bund und Länder haben eigentlich beschlossen, dass über Weihnachten und Silvester bei Familientreffen ausnahmsweise zehn Personen plus Kinder zugelassen werden. Unter anderem Bayern und Baden-Württemberg
haben die Lockerungen schon auf Weihnachten beschränkt. Berlin und seit Dienstag Thüringen wollen gar keine Lockerungen zulassen.
Was ist in der Adventszeit denn in Baden-Württemberg noch erlaubt?
Bis zum 23. Dezember dürfen sich lediglich bis zu fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten treffen. Kinder unter 15 Jahren werden nicht mitgezählt. Die Maskenpflicht gilt unter anderem im Öffentlichen Nahverkehr und im Handel, vor Einkaufszentren, Ladengeschäften und Märkten. Generell muss überall Maske getragen werden, wo der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann – etwa in stark besuchten Fußgängerbereichen wie Einkaufsstraßen. Kommunen können darüber hinaus noch Orte festlegen.
Müssen Schüler und Eltern mit Schulschließungen rechnen?
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) sieht das kritisch. Obwohl sie sich ebenfalls für härtere Maßnahmen ausgesprochen hat, wandte sie sich strikt gegen den Vorschlag der Leopoldina, die Schulpflicht schon ab der nächsten Woche zeitweise aufzuheben. „Denn das bedeutet nichts anderes als landesweite Schulschließungen – und noch nicht mal Fernunterricht.“Einen landesweiten Stillstand für die Bildung wolle man unbedingt vermeiden. „Dass ausgerechnet eine wissenschaftliche
Wegen im Zuge der CoronaPandemie geschlossener Schulen müssen seit dem 1. Dezember rund 320 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit zu Hause bleiben. Das berichtete das Kinderhilfswerk Unicef am Dienstag in New York unter Berufung auf Daten der Unesco. Damit sei fast jedes fünfte Schulkind weltweit betroffen. Im Vergleich zum 1. November stieg die Zahl der von Schulschließungen betroffenen Jungen und Mädchen noch einmal um fast 90 Millionen. Unicef monierte, durch die Schließungen litten die Kinder unter den verheerenden Auswirkungen auf ihr Lernen, ihr geistiges und körperliches Wohlbefinden, ihre Ernährung und auch ihre Sicherheit. Der für Bildung zuständige Unicef-Chef Robert Jenkins sagte, es sei erwiesen, dass Schulen nicht die Hauptursache für die Corona-Pandemie seien. Die Vorteile, die sich daraus ergäben, Schulen offen zu halten, überwögen bei Weitem die Kosten für ihre Schließung. (dpa)
Institution dies fordert, überrascht doch ein bisschen.“Manche Forderung der Leopoldina zeige, dass sie „bei den Corona-Maßnahmen nicht ganz auf der Höhe der Zeit“scheine.
Was bringen all die Konjunkturpakete?
Wirtschaftsinstitute sind sich einig: viel. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet damit, dass bei den Überbrückungshilfen „ein Euro öffentliche Mehrausgabe rund 1,1 Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung“bringe. Das Institut für Wirtschaft geht davon aus, dass dank der Hilfen bei der Wirtschaftsleistung bereits Ende 2021 das Vorkrisenniveau erreicht werde. Voraussetzung: „Die Impf-Offensive gelingt.“